Die Socialist Equality Party (USA) hat vom 11. bis 15. August 2010 ihren Ersten ordentlichen Parteitag abgehalten. Die Versammlung war ein Meilenstein im Kampf der SEP und des Internationalen Komitees der Vierten Internationale für den Aufbau einer sozialistischen Bewegung der Arbeiterklasse.
Fünf Tage lang fanden intensive Beratungen statt, in denen der Parteitag die objektive Krise des kapitalistischen Weltsystems analysierte, eine schnelle Entwicklung des Klassenkampfs in der kommenden Periode prognostizierte, die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse, besonders der amerikanischen, bekräftigte und ein sozialistisches Programm annahm, das den Aufgaben einer neuen Periode sozialer Unruhen entspricht.
Außer dem Programm der SEP (“Der Zusammenbruch des Kapitalismus und der Kampf für den Sozialismus in den Vereinigten Staaten”) wurden anfangs noch zwei Resolutionen verabschiedet, die das Programm der Partei in den jahrzehntelangen Kampf der trotzkistischen Bewegung gegen Stalinismus, Reformismus und nationalen Opportunismus einbetten: „70. Jahrestag des Mords an Leo Trotzki“ und „Fünfundzwanzig Jahre nach dem Bruch mit der Workers Revolutionary Party“. Alle drei Resolutionen wurden einstimmig angenommen.
Die Zusammensetzung des Parteitags war selbst ein Anzeichen für die Veränderung der politischen Situation. Eine neue Schicht von Arbeitern und Jugendlichen aus allen Teilen der Vereinigten Staaten nahmen an dem Parteitag teil und beteiligten sich aktiv an seinem Verlauf. Es gab auch zahlreiche internationale Teilnehmer mit Delegationen aus Kanada, Australien, Sri Lanka, Deutschland, England und Frankreich. Ihre Teilnahme unterstrich die internationale Perspektive des IKVI und die internationale Bedeutung des Kampfs für den Sozialismus in den Vereinigten Staaten.
Die Delegierten wählten ein neues Nationalkomitee (Vorstand) und bestätigten David North als Nationalen Vorsitzenden. Das neue Nationalkomitee wählte Joseph Kishore erneut zum Nationalen Sekretär, Lawrence Porter wieder zum Stellvertretenden Nationalen Sekretär und Barry Grey erneut zum nationalen Herausgeber der WSWS.
Der Erste ordentliche Parteitag fand zwei Jahre nach dem Gründungsparteitag der SEP statt, der am Vorabend des Zusammenbruchs der Wall Street im Herbst 2008 zusammengetreten war. Die SEP analysierte damals die Bedeutung der heraufziehenden Krise, deren Anzeichen schon zu erkennen waren, und erkannte die Notwendigkeit, die politischen, historischen und organisatorischen Grundlagen der Partei zu festigen. Der Gründungskongress nahm daher die Grundsatzerklärung der Socialist Equality Party und die Historischen und Internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party an.
Die SEP betonte auf dem Gründungsparteitag, dass die Krise des Kapitalismus kein episodischer Abschwung sei. Vielmehr sei sie das Ergebnis des Zusammenbruchs der kapitalistischen Ordnung, und das werde zu wachsenden internationalen Spannungen, zur zunehmenden Gefahr eines Weltkriegs und zu einer dauerhaften Umgestaltung der Klassenbeziehungen führen.
Nach zwei Jahren ist diese Perspektive vollkommen bestätigt worden. Keine einzige Maßnahme der herrschenden Klasse hat die Krise lösen können. Die Regierungen der Welt stolpern von einem Bankrott zum nächsten. Erst haben sie die Staatsfinanzen geplündert, um die Banken und die Reichen zu retten, jetzt predigen die Regierungen weltweit Sparpolitik. Gleichzeitig ist das Finanzsystem mit Geld überflutet worden, was nur die Bedingungen für neue Spekulationsblasen und eine neue Finanzkrise geschaffen hat. Alle Vorstellungen, dass das System nach der Krise zum Status quo ante zurückkehren werde, oder dass sich ein neues Gleichgewicht auf friedlichem Wege einstellen werde, haben sich in Luft aufgelöst.
In den Vereinigten Staaten verfolgt die Obama-Regierung die Strategie, die Produktion durch die Zerstörung des Lebensstandards der Arbeiterklasse wieder in Schwung zu bekommen. Die größte Massenarbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg wird bewusst eingesetzt, um Löhne und Sozialleistungen zu senken. Obama, der gewählt wurde, weil die Menschen von ihm einen Bruch mit der Politik der Bush-Ära erhofften, weitet gleichzeitig die amerikanischen Kriege noch aus und greift demokratische Rechte im eigenen Land an.
Es herrscht unter der breiten Mehrheit der Bevölkerung eine überwältigende Stimmung, dass sich das Land rückwärts bewegt. Während eine winzige Aristokratie sich weiter bereichert, werden Fabriken dicht gemacht, Schulen geschlossen und wichtige Sozialleistungen eliminiert; elementare Bedürfnisse sind nicht mehr erschwinglich. Zweistellige Arbeitslosenzahlen und Armutslöhne gelten mittlerweile als „normal“. Der Glaube, dass die nächste Generation es besser haben werde, als die gegenwärtige – ein zentraler Bestandteil des viel beschworenen, aber schon immer weitgehend mythischen, „amerikanischen Traums“ -, hat sich in Luft aufgelöst.
Die Krise hat revolutionäre Konsequenzen. Der Gründungsparteitag nahm den vollen Ausbruch der kapitalistischen Krise vorweg, der Erste ordentliche Parteitag fand am Vorabend enormer Klassenschlachten statt.
Das Programm der SEP ist ein revolutionäres Kampfprogramm für die amerikanische Arbeiterklasse. Es postuliert eine Reihe grundlegender sozialer Rechte: das Recht auf einen Arbeitsplatz, auf ein Einkommen, von dem man leben kann, auf Freizeit, auf eine anständige und erschwingliche Wohnung, auf eine sichere Rente, auf Bildung, auf eine gesunde und sichere Umwelt und auf Kultur. Wie das Programm erklärt, erfordert der Kampf der Arbeiter für diese Rechte und für die Lösung brennender politischer Fragen – von Krieg, den Angriffen auf demokratische Rechte und der Diskriminierung eingewanderter Arbeiter – einen politischen Kampf der gesamten Arbeiterklasse gegen das kapitalistische System.
Was die SEP von allen anderen Tendenzen unterscheidet, die behaupten, etwas mit dem Sozialismus zu tun zu haben, ist die Tatsache, dass sie sich auf den Marxismus und die strategischen Lehren der Geschichte der amerikanischen und der internationalen sozialistischen Bewegung stützt und an der revolutionären Rolle der amerikanischen Arbeiterklasse festhält. Das Programm der SEP hat nichts mit denen diverser pseudolinker Organisationen zu tun, die alle Spielarten von Identitätspolitik vertreten und sich an den privilegierten Mittelschichten orientieren. Sie alle versuchen, die Arbeiter wieder ins Fahrwasser der Gewerkschaften und der Demokratischen Partei zu lenken.
“Die Arbeiterklasse ist revolutionär”, heißt es in dem Dokument, “weil sie 1. die wichtigste Produktivkraft in der Gesellschaft ist; weil 2. die historische und politische Logik ihres Widerstands gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung zur Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, zur Ersetzung des Profitinteresses durch die Befriedigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse als Triebkraft des Wirtschaftslebens, und zur Realisierung wirklicher sozialer Gleichheit zwischen den Menschen führt; und weil sie 3. eine internationale Klasse ist, deren Sieg zur Beseitigung aller Staatsgrenzen und zur Vereinigung der Menschheit in einer wirklich globalen Gemeinschaft führt, die sich dem Schutz und der Entwicklung der gemeinsamen Heimat, der Erde, widmet.“
Die Arbeiterklasse macht die große Mehrheit der Gesellschaft aus, “ob sie nun in Fabriken oder auf Baustellen, in Büros oder im medizinischen Bereich, in Einkaufszentren, Schulen oder Universitäten oder wissenschaftlichen Laboratorien arbeitet, ob sie Lastwagen, Busse oder Züge fährt oder Flugzeuge fliegt“. Die große Aufgabe der gegenwärtigen Periode besteht darin, diese enorme gesellschaftliche Kraft auf der Grundlage ihrer gemeinsamen Klasseninteressen zu vereinen.
In einem wichtigen Teil des Dokuments heißt es unter dem Titel “Amerikanische Arbeiter und Sozialismus”: „Es gibt einen enormen Widerspruch zwischen dem historischen Charakter der politischen und gesellschaftlichen Aufgaben, vor denen die amerikanischen Arbeiter stehen, und ihrem aktuellen Bewusstseinsstand.“ Die amerikanische Arbeiterklasse musste in ihrer Geschichte gnadenlose Kämpfe für ihre Interessen und Rechte führen. Aber „ihre Achillesferse war immer das Fehlen einer unabhängigen sozialistischen Massenbewegung, die von marxistischer Theorie angeleitet wurde.“
Das Programm erklärt die Schwierigkeiten im Aufbau einer politisch unabhängigen sozialistischen Massenbewegung gegen den Kapitalismus und weist gleichzeitig auf die Möglichkeiten hin, wie diese Schwierigkeiten überwunden werden können. Das Dokument betont die enorme Bedeutung des Niedergangs der globalen Position des amerikanischen Kapitalismus: „Letztlich waren der enorme Reichtum und die Macht des amerikanischen Kapitalismus die wichtigste objektive Ursache für die Unterordnung der Arbeiterklasse unter das Zwei-Parteien-System… Die Veränderung der objektiven Lage wird die amerikanischen Arbeiter dazu bringen, ihre Meinung zu ändern.“
Die amerikanischen Arbeiter werden ihre Meinung über die Lebensfähigkeit des kapitalistischen Systems ändern, und das wird die Welt erschüttern. Es wird zu einer erneuten Belebung des Klassenkampfs führen. Es ist natürlich unmöglich, das genaue Tempo der Entwicklung vorherzusagen, aber dass die Arbeiterklasse zurückschlagen wird, ist sicher. Diese Perspektive wurde am letzten Tag des Parteitags bestätigt, als Autoarbeiter in Indianapolis im Kampf gegen eine fünfzigprozentige Lohnsenkung Vertreter der UAW aus ihrer Versammlung warfen, die von ihnen verlangten, diese Lohnsenkung zu akzeptieren.
Die Ereignisse in Indianapolis zeigen, dass die Kämpfe der Arbeiterklasse sie in direkten Konflikt mit dem Gewerkschaftsapparat bringen, der bewusst versucht, die Arbeiter zu Zugeständnissen zu bewegen, und das kapitalistische System verteidigt. In einem wichtigen Abschnitt setzt sich das Dokument für die Bildung unabhängiger Aktionskomitees am Arbeitsplatz ein.
Die neue objektive Situation wird zu einer neuen politischen Orientierung der Arbeiterklasse führen. Das wird nicht automatisch geschehen. Dazu ist es nötig, dass Sozialisten aktiv eingreifen und rücksichtslos gegen alle Tendenzen und Organisationen kämpfen, die die Arbeiterklasse der Demokratischen Partei und dem Zwei-Parteien-System unterzuordnen versuchen. Es erfordert die Lösung des großen historischen Problems der Arbeiterklasse, sowohl in den USA als auch weltweit: des Problems der revolutionären Führung.
Die Socialist Equality Party will die entscheidende Rolle in den kommenden Kämpfen spielen. An Mitgliederzahlen ist die SEP immer noch relativ klein. Aber sie wächst schnell und wird noch schneller wachsen.
Aber was am Wichtigsten ist: die SEP tritt in diese Periode mit der größten Stärke ein: einem klaren Programm und einer Perspektive, die sich auf eine ungeheure historische Erfahrung stützt. Wenn die Lehren aus dieser Geschichte und die Prinzipien des Marxismus mit der wachsenden Militanz von Millionen Arbeitern zusammen kommen, dann wird die Kraft entstehen, die das kapitalistische System, dieses irrationale veraltete Gesellschaftsmodell, überwinden wird. Sie wird die Grundlagen für den Sozialismus und die fortschrittliche Entwicklung der Menschheit legen.
Wir ermutigen alle Leser der World Socialist Web Site, das Programm der SEP sorgfältig zu studieren und zu helfen, die Arbeiterklasse dafür zu gewinnen. Entscheidet Euch, Mitglied der SEP zu werden und den Kampf für den Sozialismus aufzunehmen.