Perspektive

Nato-Kriegsoffensive gegen Russland

Brüssel und Berlin forcieren Aufrüstung und setzen auf Kriegswirtschaft

Im vergangenen Jahr warnte die WSWS in einer Perspektive, dass der Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine „in das Gravitationsfeld des totalen Krieges eingetreten“ sei, „d.h. eines Krieges der unbegrenzten Zerstörung, der völligen Missachtung des Lebens, dem alle sozialen Bedürfnisse der Masse des Volkes untergeordnet werden. Seine Folge ist der direkte Angriff auf die Arbeiterklasse in allen Ländern und die Auslöschung der demokratischen Rechte.“

Leopard-Kampfpanzer der Bundeswehr [AP Photo/Michael Sohn]

Wie korrekt diese Analyse war, zeigt die immer aggressivere Eskalation der imperialistischen Kriegspolitik und die damit einhergehende Hinwendung der herrschenden Klasse zu Faschismus und Diktatur. Führende Vertreter der Nato und der imperialistischen Mächte verlangen mittlerweile ganz offen die vollständige Militarisierung der Gesellschaft und die Errichtung einer Kriegswirtschaft auf Kosten der demokratischen und sozialen Rechte der Arbeiter.

Am 12. Dezember forderte der neue Nato-Generalsekretär Mark Rutte in einer programmatischen Rede: „Es ist an der Zeit, uns auf eine Kriegsmentalität umzustellen. Und unsere Rüstungsproduktion und Verteidigungsausgaben auf Hochtouren zu bringen.“ Es sei klar, „welche zukünftigen Mittel und Fähigkeiten wir benötigen – von Schiffen, Panzern, Jets, Munition und Satelliten bis hin zu neuen Drohnentechnologien“.

Man habe sich „bereits dazu verpflichtet, das Wachstum der Verteidigungsindustrie und der Produktion im gesamten Bündnis zu beschleunigen“. Nun gelte es, „unsere Versprechen einzuhalten“ und weit darüber hinauszugehen. „Vor einem Jahrzehnt“ hätten sich die Bündnispartner auf den „Richtwert“ geeinigt, zwei Prozent des BIP in die Verteidigung zu investieren.

Nun könne er sagen, „dass wir viel mehr als zwei Prozent brauchen werden“. Und er wisse, „dass höhere Verteidigungsausgaben weniger Ausgaben für andere Prioritäten bedeuten“. Im Durchschnitt gäben „die europäischen Länder bis zu einem Viertel ihres Volkseinkommens für Renten, Gesundheit und Sozialversicherungssysteme aus“.

Das ist eine unmissverständliche Drohung. Geht es nach dem Willen der herrschenden Klasse, müssen diese Gelder dem Militär- und Kriegsapparat zur Verfügung gestellt werden – auch wenn dies auf den massiven Widerstand der Bevölkerung trifft. „Die Priorisierung der Verteidigung erfordert politische Führung“, mahnte Rutte. Kurzfristig könne dies zwar „schwierig und riskant sein“, aber langfristig sei es „absolut unerlässlich“.

Den Regierungen sage er: „Geben Sie unseren Industrien die Großaufträge und langfristigen Verträge, die sie benötigen, um schnell mehr und bessere Fähigkeiten zu produzieren.“ Man brauche diese jetzt und müsse deshalb „Risiken gehen“, „veraltete Beschaffungsregeln ändern“ und die „nationalen Anforderungen überdenken“.

Besonders aggressiv in dieser Hinsicht agiert der deutsche Imperialismus.

Am 4. Dezember beschloss das Bundeskabinett die Nationale Sicherheits- und Verteidigungsstrategie (SVI-Strategie). Die herrschende Klasse verfolgt damit ein Ziel: Deutschland nach zwei verlorenen Weltkriegen und unsäglichen Verbrechen wieder „kriegstüchtig“ (Verteidigungsminister Boris Pistorius) zu machen und für einen umfassenden Krieg gegen die Atommacht Russland und die imperialistische Neuaufteilung der Welt im 21. Jahrhundert hochzurüsten.

„Für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands ist entscheidend, dass wir innovative und leistungsfähige Rüstungsunternehmen im Land haben. Nur so gelingt es uns, hochmoderne Waffensysteme – auch gemeinsam mit unseren Verbündeten – zu entwickeln und vor allem auch in ausreichender Stückzahl zu produzieren“, erklärte Pistorius bei der Vorstellung der Strategie. Die aktuelle Bedrohungslage erfordere, „dass wir Schlüsseltechnologien in Deutschland fördern“. Mit der neuen Strategie verbessere man „die Rahmenbedingungen für die Unternehmen“ und schlage „ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen Staat und Industrie auf, ganz im Sinne der Zeitenwende“.

Zum Aufbau einer schlagkräftigen Kriegsindustrie auf dem Rücken der Arbeiter definiert die SVI-Strategie u.a. „Sicherheits- und verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien“, legt entsprechende „gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen“ fest und preist den Staat als „Nachfrager und Ermöglicher“. Die Bundesregierung ergreife nicht nur „Maßnahmen, um die Diversifizierung und Resilienz von Lieferketten“ sicherzustellen, sondern baue diese „hinsichtlich des Zugangs zu sicherheits- und verteidigungswichtigen und in Bezug auf die Versorgung mit kritischen Rohstoffen“ auch aus.

Die Strategie macht keinen Hehl daraus, dass die Umsetzung dieser weitreichenden Pläne eine weitere massive Erhöhung des Kriegsetats und heftige Angriffe auf die Arbeiter erfordert. „Der rasant gestiegene Bedarf an militärischen Gütern, Dienstleistungen und Innovationen“ stehe „im Kontrast zur Friedensdividende der vergangenen Jahrzehnte“. Die „Herausforderung“ für die SVI bestehe „nunmehr darin, die erforderlichen Kompetenzen und Kapazitäten aufzubauen“.

Neben der Wirtschaft soll auch die Wissenschaft in den Dienst des Militarismus gestellt werden.

Um eine „breitere Forschung zu ermöglichen“, setze sich die Bundesregierung „im Austausch mit den Ländern und der deutschen Hochschullandschaft, wie auch der Wissenschaftsorganisationen, für eine offene Diskussion über die Zivilklauseln ein“ – d.h. für deren Abschaffung –, heißt es in der Strategie. „Eine strikte Trennung zwischen anwendungsorientierter ziviler und militärischer Forschung“ könne „Spill-over-Effekte verhindern und die Entstehung eines innovativen gesamtstaatlichen Ökosystems hemmen“.

Die Strategie spricht sich offen dafür aus, den deutschen Imperialismus zu befähigen, weltweit umfassende Kriege zu führen. „Militärische Fähigkeiten, Ausstattung und Ausrüstung für die Streitkräfte sowie für BOS [Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben] müssen in allen Lagen, Dimensionen, geostrategischen Räumen und klimatischen Bedingungen einsetzbar und einsatzfähig sein“, heißt es im Abschnitt „Herausforderungen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“.

Komplementiert wird die SVI-Strategie von weiteren Gesetzen, die Deutschland und die Bundeswehr „kriegstüchtig“ machen sollen.

Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung bereits mit der „Nationalen Sicherheitsstrategie für Deutschland“ und den „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ Blaupausen für den totalen Krieg verabschiedet. Aktuell finalisiert die Bundesregierung in enger Zusammenarbeit mit allen Bundestagsparteien ein sogenanntes „Artikelgesetz Zeitenwende zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr“.

Das Gesetz zielt darauf ab, das notwendige Kanonenfutter für den sich entwickelnden dritten Weltkrieg auszuheben. „Die Bewältigung der veränderten Anforderungen verlangt dauerhaft einsatzbereite, verlässlich bereitstehende Fähigkeiten sowie kaltstart- und durchhaltefähige Einheiten, Verbände und Großverbände der Bundeswehr in schneller Verfügbarkeit“, heißt es im Entwurf, der noch vor den Neuwahlen am 23. Februar vom Bundestag verabschiedet werden soll.

Ganz unmittelbar geht es darum, ab 2025 im Rahmen des „NATO Force Model“ permanent deutsche Kampftruppen in Osteuropa zu stationieren. Deutschland werde „eine Brigade sowie weitere militärische und zivile Dienststellen mit einer Gesamtstärke von rund 4.800 Soldatinnen und Soldaten sowie rund 200 zivilen Beschäftigten in Litauen stationieren“, heißt es im Text. „Die Kriegstüchtigkeit der Brigade Litauen“ bilde dabei „den Maßstab für einen wirksamen Beitrag zur Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und der NATO“. Das setze unter anderem „eine erhöhte Verfügbarkeit des militärischen Personals sowie personellen Aufwuchs voraus“.

Eine Öffentliche Anhörung zum Gesetzesentwurf im Verteidigungsausschuss am 16. Dezember unterstrich, wie eng alle Bundestagsparteien von Linkspartei bis AfD zusammenarbeiten, um die Kriegspläne voranzutreiben. Für die Linkspartei beteiligte sich ihr Sprecher und Obmann im Verteidigungsausschuss, Dietmar Bartsch, an der Anhörung. Wie die Vertreter der anderen Parteien dankte er den Sachverständigen für ihre Stellungnahmen während der Anhörung „und auch für die schriftlichen Stellungnahmen“.

Unter den Sachverständigen befanden sich führende Militärs, wie der Kommandeur der Panzerbrigade 45 in Litauen, Brigadegeneral Christoph Huber, der Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst André Wüstner, der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, und gedungene Kriegstreiber wie der Bundeswehr-Professor Carlo Masala. Sie warben unisono für eine schnelle Verabschiedung des Gesetzes und nutzten ihre Auftritte für militaristische Propaganda.

Die Bundeswehr sei „aktuell ‚blanker als blank‘ – von den Fähigkeiten im Bereich der Gesamtverteidigung ganz zu schweigen“, erklärte Wüstner in seiner Stellungnahme. Das Artikelgesetz sei vor diesem Hintergrund von „enormer Bedeutung“, und die Bundeswehr müsse nun „in allen Dimensionen schneller und substanzieller verteidigungsfähig werden, idealerweise vollumfänglich“. Nicht zuletzt, weil Deutschland und seine Verbündeten damit rechnen müssten, dass Putin „die NATO aufgrund von Mobilisierung und Kriegswirtschaft bereits in wenigen Jahren konventionell an den Bündnisgrenzen herausfordern könnte“.

Die Propaganda von der notwendigen Verteidigung gegen den „russischen Aggressor“, der kurz davor stehe, die Nato anzugreifen, stellt die Wirklichkeit auf den Kopf und erinnert an die alten Lügen des deutschen Imperialismus. Auch die Aggression des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg und der Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg, der mindestens 27 Millionen Sowjetbürgern das Leben kostete, wurden von der deutschen Propagandamaschinerie mit der Mär von der „Selbstverteidigung“ oder der „aufgezwungenen Notwehr“ gerechtfertigt.

Nun schickt sich der deutsche Imperialismus – im Bündnis mit den anderen führenden Nato-Mächten – ein drittes Mal an, Russland militärisch zu unterwerfen, um sich seinen Rohstoffreichtum und die geopolitische Kontrolle Eurasiens zu sichern. Als Vorwand dient der reaktionäre Einmarsch des Putin-Regimes in die Ukraine, den die Nato durch den anti-russischen Putsch in Kiew Anfang 2014 und die systematische militärische Einkreisung Russlands zunächst provoziert hatte und seitdem für die größte Aufrüstungs- und Kriegsoffensive seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nutzt.

Die Sozialistische Gleichheitspartei setzt diesem Wahnsinn, der die Gefahr eines dritten und diesmal nuklear geführten Weltkriegs heraufbeschwört, ein sozialistisches Programm entgegen. „Die einzige Möglichkeit, eine Katastrophe zu verhindern, ist die Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus. Also derjenigen, die den ganzen gesellschaftlichen Reichtum schaffen und die ganze Last von Krieg und Krise tragen“, heißt es in ihrem Wahlaufruf. Und weiter:

„Diese enorme gesellschaftliche Kraft kommt in Bewegung. Die Massenentlassungen, Kürzungen und Kriege setzen explosive Klassenkämpfe auf die Tagesordnung. Die entscheidende Frage besteht darin, diese Bewegung mit einer revolutionären Führung und einer sozialistischen Perspektive zu bewaffnen. Nur wenn die Massen unabhängig ins politische Geschehen eingreifen, die großen Banken und Konzerne enteignen und unter demokratische Kontrolle stellen, können Krieg und soziale Katastrophe gestoppt werden.“

Loading