DGB unterstützt Steinmeiers Kriegspolitik

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) stellt sich uneingeschränkt hinter die Außenpolitik der Großen Koalition und deren Rückkehr zu Großmachtpolitik und Militarismus. Das zeigt ein Artikel, den der neue DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann auf einer Internet-Plattform des Außenministeriums veröffentlicht hat.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte die Website „Review 2014 – Außenpolitik Weiter Denken“ im Mai eröffnet, um für die außenpolitische Neuorientierung zu werben, die er zu Beginn des Jahres angekündigt hatte.

Steinmeier hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz gemeinsam mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bundespräsident Joachim Gauck verkündet, die bisherige Politik der militärischen Zurückhaltung sei zu Ende. Deutschland werde künftig in den Krisengebieten der Welt wieder eigenständiger und selbstbewusster „auch militärisch“ eingreifen.

Bei der Eröffnungsveranstaltung für die neue Website wiederholte er, Deutschland sei „zu groß und zu wichtig“, um sich länger darauf zu beschränken, die „Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren“.

Bisher haben vor allem ausländische „Experten“, die vom Außenministerium dazu eingeladen und dafür bezahlt werden, auf der neuen Website für eine „größere außenpolitische Verantwortung Deutschlands“ geworben. Das gipfelte im Beitrag eines Professor aus Singapur, der seinen Artikel unter das Motto stellte: „Deutschlands Bestimmung: Europa führen, um die Welt zu führen.“

Nun hat sich auch der DGB offiziell hinter diese Kampagne gestellt. Ganz im Sinne von Steinmeier, mit dem er seit Jahrzehnten in SPD-Führungsgremien sitzt, schreibt Hoffmann: „In vielen Teilen der Welt auftretende akute Krisen konfrontieren die deutsche Außenpolitik immer wieder mit der Notwendigkeit des kurzfristigen Eingreifens. Wir brauchen deswegen eine vorausschauende Außenpolitik, die Krisenpotenziale rechtzeitig erkennt und präventiv eingreift.“

„Vorausschauende Außenpolitik“ und „präventives Eingreifen“ sind Code-Wörter für die aggressive Wahrnehmung imperialistischer Interessen, wie die Bundesregierung dies gegenwärtig in der Ukraine tut, wo sie mit Oligarchen und Faschisten zusammenarbeitet, um das Land in den Einflussbereich der Europäischen Union und der Nato zu ziehen.

Hoffmann braucht nicht explizit zu erwähnen, dass er auch Militäreinsätze zur Verfolgung imperialistischer Ziele unterstützt. Das ergibt sich aus dem Kontext der öffentlichen Diskussion. Es reicht aus, dass er sich jeder kritischen Bemerkung zur intensiven Kampagne für militärische Aufrüstung und Militäreinsätze enthält.

Stattdessen lobt der Gewerkschaftsbürokrat die Effektivität des Beamtenapparats im Außenamt, der „mit den politischen Stiftungen, den deutschen Botschaften, aber auch den Organisationen der Zivilgesellschaft“ über „zahlreiche und gute Informationsquellen“ verfüge.

Es versteht sich von selbst, dass Hoffmann zu den „Organisationen der Zivilgesellschaft“, die dem Auswärtigen Amt zuarbeiten, auch die Gewerkschaften zählt, die mit ihren europäischen und internationalen Dachverbänden und den Betriebsräten transnationaler Unternehmen über ein exzellentes Netzwerk internationaler Beziehungen verfügen.

Hoffmann preist die Europäische Union und die Maastrichter Verträge, die der Bundesregierung als Instrument für beispiellose Angriffe auf die sozialen Errungenschaften der Arbeiter in Griechenland und ganz Europa dienen. „Wir brauchen eine Außenpolitik, die sich auf den Multilateralismus konzentriert und sich für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU stark macht, wie sie seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht 1993 besteht“, schreibt er.

Seine Unterstützung einer imperialistischen Außenpolitik und der EU bettet Hoffmann in viel Rhetorik über soziale Gerechtigkeit, Einhaltung internationaler Arbeitsstandards, Abbau von sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit und Stärkung der Sozialpartnerschaft ein. „Der soziale Dialog zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern trägt entscheidend zum Abbau sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit bei und muss daher weltweit ausgebaut werden“, schreibt er und betont, dass freie Gewerkschaften dafür unverzichtbar seien.

Den Begriff „freie Gewerkschaften“ wählt er bewusst. Er steht seit der Zeit des Kalten Kriegs für antikommunistische „Gewerkschaften“, die eng mit der CIA und anderen imperialistischen Geheimdiensten zusammenarbeiten und diktatorische Regime unterstützen.

Den universellen Zugang zu grundlegender sozialer Sicherung und Gewerkschaftsfreiheit erklärt Hoffmann zum „Menschenrecht“. Auch dieser Begriff muss im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Kriegspropaganda verstanden worden.

Fast alle imperialistischen Kriege der vergangenen Jahre – in Libyen, in Syrien, in Mali – wurden im Namen von „Menschenrechten“ geführt. Die UNO hat dafür sogar eine eigene Doktrin entwickelt, die „Responsibility to Protect“. Auch Steinmeier fordert, dass Deutschland die Einhaltung der Menschenrechte nicht länger anderen überlassen dürfe, sondern bereit sein müsse, überall auf der Welt – auch militärisch – einen Beitrag zur Verteidigung der Menschenrechte zu leisten.

Der neue DGB-Chef, ein fast 60-jähriger, erfahrener Gewerkschafts-Apparatschik, ergänzt die humanitäre Kriegspropaganda der SPD, der Grünen und der Linken mit sozialen Phrasen und bietet den DGB dem Außenministerium und der Bundeswehr als Partner an. Er setzt damit nahtlos die Politik seines Vorgängers Michael Sommer fort.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz hatten Sommer und der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) im Februar 2013 übereinstimmend erklärt, das Verhältnis zwischen den Gewerkschaften und der Armee sei im Unterschied zur Vergangenheit nicht mehr belastet, sondern von gegenseitiger Anerkennung geprägt.

De Maizière sagte damals: „Wir wollen prüfen, in welchem gemeinsamen Geist wir die Zusammenarbeit in die Zukunft tragen können.“ Nicht nur die Gewerkschaften, auch die Bundeswehr sei Teil der Friedensbewegung.

Bereits im März 2011 hatte Sommer eine Rede an der Hamburger Bundeswehr-Universität zum Thema „Die Gewerkschaften und ihr Verhältnis zur Bundeswehr“ gehalten. Er hatte erklärt, die Auslandseinsätze der Bundeswehr hätten „sehr zur Entspannung des Verhältnisses zwischen Gewerkschaften und Bundeswehr“ beigetragen. Auch die Gewerkschaften seien an internationaler Stabilität und Fragen wie der Sicherung der deutschen Rohstoffversorgung interessiert.

Der Schulterschluss zwischen DGB und Bundeswehr stieß bei einigen Gewerkschaftsmitgliedern auf Kritik und Protest. Daraufhin kündete der DGB-Vorstand einen „Friedens- und Sicherheitspolitischen Workshop“ an, der im Oktober letzten Jahres stattfand. Er hatte die Aufgabe, den gewerkschaftlichen Kriegsgegnern den Kopf zu waschen.

Als Hauptreferenten hatte der DGB ausgerechnet den Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler eingeladen. Münkler lehrt politische Theorie am Institut für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität, ist Berater der Bundesregierung und spielt eine Schlüsselrolle in der gegenwärtigen politischen Kampagne zur Rückkehr einer aggressiven deutschen Außenpolitik. Moderator dieses DGB-Kriegsworkshops war der WDR-Journalist Paul-Elmar Jöris, ein Preisträger der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und ein Beirat der Inneren Führung der Bundeswehr.

Der Artikel des neuen DGB-Chefs auf der Propaganda-Seite des Außenministeriums setzt diesen Kurs fort. Die Gewerkschaftsbürokratie reagiert auf die wachsende soziale Krise und die weltweite politische Instabilität, indem sie enger an die Bundesregierung heranrückt und sich in den Staatsapparat integriert. Sie nutzt ihren bürokratischen Apparat und ihren noch verbleibenden Einfluss in den Betrieben, um gegen die anhaltende Antikriegsstimmung der Arbeiterklasse vorzugehen.

Schon bisher nutzten die Gewerkschaften ihren Einfluss, um Sozialstandards und Arbeitsplätze abzubauen, Arbeiter gegeneinander auszuspielen und zu erpressen und, wie bei Opel in Bochum, jeden ernsthaften Widerstand gegen Werkschließungen zu unterdrücken. Jetzt gehen sie noch einen Schritt weiter und bieten sich an, Kriegsgegner in den Betrieben einzuschüchtern und mundtot zu machen.

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