Das Verteidigungsministerium bereitet einen massiven Kampfeinsatz der Bundeswehr im afrikanischen Bürgerkriegsland Mali vor. Es handelt sich um den gefährlichsten Einsatz deutscher Truppen seit Afghanistan, wo bisher 56 Soldaten umgekommen sind.
Laut den Plänen des Ministeriums sollen robuste Kampfeinheiten und Aufklärungsdrohnen im umkämpften Norden des Landes zum Einsatz kommen. Sie sollen dort im Rahmen der UN-Mission Minusma 600 holländische Soldaten unterstützen, die in der Stadt Gao stationiert sind.
Die holländische Regierung, mit der die deutsche in Militärfragen eng zusammenarbeitet, soll schon vor geraumer Zeit eine entsprechende Anfrage gestellt haben. Vor zwei Monaten informierte die Bundesregierung dann den Bundestag, dass sie ein stärkeres militärisches Engagement in dem afrikanischen Land erwäge.
Bisher ist die Bundeswehr nur mit sieben Offizieren und zwei Unteroffizieren an Minusma beteiligt, die in der relativ sicheren Hauptstadt Bamako sitzen. Dort bilden außerdem rund 200 Bundeswehrsoldaten im Rahmen der EU-Mission EUTM malische Regierungssoldaten aus.
Seit dem 4. Oktober liegt dem Verteidigungsministerium nun der Bericht eines Erkundungsteams vor, das den Norden des Landes bereiste. Auf der Grundlage dieses Berichts plant das Ministerium den zukünftigen Einsatz, wie die Süddeutsche Zeitung am Mittwoch berichtete.
In ersten Stellungnahmen des Ministeriums heißt es, die deutschen Einheiten müssten „zu einer weitgehend eigenständigen und robusten Operationsführung“ in der Lage sein und würden „überwiegend in Gebieten mit erheblicher oder hoher Bedrohungslage“ eingesetzt.
Bereits in diesem Jahr soll ein erstes Vorkommando in den Norden Malis geschickt werden. Es wäre durch das laufende Bundestagsmandat gedeckt, das für den Minusma-Einsatz eine Obergrenze von 150 Mann festlegt. Anfang nächsten Jahres sollen dann Objektschützer und Unterstützungskräfte folgen und im April und Juni eine „gemischte verstärkte Aufklärungskompanie“. Dafür wäre ein neues Bundestagsmandat erforderlich.
Der internationale Militäreinsatz in Mali geht auf das Jahr 2012 zurück. Damals übernahmen einheimische Tuareg-Stämme im Bündnis mit Islamisten, die in Libyen gegen Gaddafi gekämpft hatten, im Norden des Landes die Macht. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich nutzte dies im Januar 2013 für einen massiven Militäreinsatz zur Unterstützung des korrupten Regimes in Bamako.
Seit Juli 2013 ist die UN-Mission Minusma im Einsatz. Sie verfolgt offiziell die Aufgabe, das Land zu stabilisieren. Sie besteht derzeit aus 9100 Soldaten und 1200 Polizisten aus über 30 Ländern und gilt als weltweit gefährlichste „Peacekeeping“-Operation. Seit Beginn des Einsatzes sind über 40 Teilnehmer ums Leben gekommen. Im Norden des Landes kommt es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzug mit aufständischen Gruppen.
Tatsächlich ist der Krieg in Mali Bestandteil des Streits um die Neuaufteilung des afrikanischen Kontinents mit seiner Fülle an Rohstoffen und potentiellen Absatzmärkten. An diesem Kampf beteiligen sich neben den alten Kolonialmächten Frankreich, Großbritannien und Deutschland auch die USA und China.
Die deutsche Außenpolitik bemüht sich seit langem, in Afrika wieder Fuß zu fassen. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte bereits zu Beginn ihrer Amtszeit vor zwei Jahren erklärt, Deutschland wolle in Afrika „mehr Verantwortung übernehmen“. Bisher beschränkte sich die Bundeswehr aber vorwiegend auf Ausbildungs- und Transporteinsätze.
Laut Spiegel Online geht es beim Militäreinsatz in Mali deshalb auch um die „Glaubwürdigkeit“ von der Leyens: „Die CDU-Politikerin hatte in der Vergangenheit immer wieder die Bereitschaft erklärt, sich stärker in Afrika zu engagieren.“
Das Verteidigungsministerium betonte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, Deutschland habe „ein besonderes sicherheitspolitisches Interesse an der weiteren Stabilisierung Malis“. Dies hob auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier hervor, der am Donnerstag seinen malischen Amtskollegen Abdoulaye Diop in Berlin empfing.
Mit dem Militäreinsatz könne man außerdem helfen, die „Ziele der afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung“ zu erfüllen, erklärte das Auswärtige Amt in ungewohnter Offenheit.
Diese 2014 verabschiedeten Leitlinien sind eine Blaupause für die imperialistische Ausplünderung des Kontinents. Sie betonen die „wachsende Relevanz Afrikas für Deutschland und Europa“, die sich aus dem wirtschaftlichen Potential und den „reichen natürlichen Ressourcen“ des Kontinents ergebe. Die Bundesregierung wolle deshalb „das politische, sicherheitspolitische und entwicklungspolitische Engagement Deutschlands in Afrika gezielt“ stärken, „früh, schnell, entschieden und substanziell“ eingreifen und „ressortübergreifend … das gesamte Spektrum ihrer vorhandenen Mittel einsetzen“.