Zu den bemerkenswertesten politischen Entwicklungen im neuen Jahr gehört die offene Verwandlung der Linkspartei in eine rechte und ausländerfeindliche „Law-and-order“-Partei.
Seit die Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Sahra Wagenknecht, mit den Worten „Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht verwirkt“ in die Hetze gegen Flüchtlinge und den Ruf nach einem starken Staat einstimmte, haben sich führende Vertreter der Partei ähnlich geäußert.
Lob bekam Wagenknecht bezeichnenderweise von der AfD. „Frau Wagenknecht hat die Situation sehr schön auf den Punkt gebracht“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der rechtsextremen Partei, Alexander Gauland, und wiederholte Wagenknechts Forderung: „Wer freiwillig zu uns kommt, hat sich wie ein Gast zu benehmen. Möchte oder kann er das nicht, indem er gewalttätig und respektlos seinen Gastgebern gegenübertritt, dann muss er sofort Deutschland verlassen.“
Wagenknecht selbst, verschärfte in der vergangenen Woche immer wieder ihren stramm rechten und deutsch-nationalen Kurs, der sich in der Tat kaum von dem der AfD unterscheidet. Nachdem es laut Medienberichten innerhalb der Fraktion zu einiger Kritik an Wagenknechts Aussagen gekommen war, ging die Fraktionsvorsitzende erneut in die Offensive.
Wagenknechts gesamte Argumentation ist typisch rechtspopulistisch. So begründete sie ihre Hetze zunächst mit der angeblich rechten Stimmung in der Bevölkerung. Sie glaube, „dass die übergroße Mehrheit der Bevölkerung der Ansicht ist, dass man von Menschen, denen man Schutz gewährt, auch erwarten kann, dass sie die Regeln unseres Landes respektieren“. Das sei eine „völlig normale Auffassung“.
Gleichzeitig versucht Wagenknecht, die ärmsten Schichten der Gesellschaft gegen Migranten auszuspielen, und verbindet das Ganze mit aggressiven Rufen nach mehr Polizei und einem starken Staat. Wenn man Menschen aufnehme, müsse man auch „gewährleisten, dass ihre Integration in die Gesellschaft funktioniert“, erklärte sie dem Tagesspiegel. Der Wettbewerb um billige Mieten werde „zwangsläufig die Mieten nach oben treiben“, und auch der Arbeitsmarkt sei nicht unbegrenzt. Es gebe hierzulande bereits jetzt mehr als zwei Millionen Facharbeiter, die von einem Minijob leben müssten.
Am vergangenen Donnerstag setzte Wagenknecht dann noch einen drauf. Im Redaktionsnetzwerk Deutschland griff sie Bundeskanzlerin Angela Merkel in bester CSU- oder besser AfD-Manier von rechts an. Merkels Flüchtlingspolitik habe in Deutschland zu einem „völligen Staatsversagen“ geführt, „auf sozialem Gebiet ebenso wie auf dem der inneren Sicherheit“. Das sei „wirklich unverantwortlich“. Deutschland „würde zerreißen“, sollte es erneut eine Million neuer Flüchtlinge geben. „Natürlich gibt es Kapazitätsgrenzen, wer das leugnet, ist doch weltfremd.“
Am gleichen Tag wurde Wagenknecht in der Jungen Welt mit dem Ruf nach der Aufrüstung des staatlichen Repressionsapparats zitiert. „Die Regierung muss endlich die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das Staatsversagen zu beenden. Wir brauchen sofort eine Investitionsoffensive, unter anderem für mehr Polizisten, Lehrer und bezahlbare Wohnungen. […] Straftaten wie die in Köln müssen geahndet werden. Es ist staatliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Straftäter zur Rechenschaft gezogen werden. Dafür gibt es das Strafgesetzbuch, das für alle gilt – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Aufenthaltsstatus. Es darf kein rechtsfreier Raum existieren, nicht für Straftäter und auch nicht für Bürgerwehren.“
Auch das Neue Deutschland, die zweite der Linkspartei nahestehende überregionale Tageszeitung, ließ keinen Zweifel daran, dass Wagenknechts Aussagen durchaus dem Programm der Linkspartei entsprechen. Das ND kommentierte, es sei „nicht schon Verrat an den eigenen Werten, auch die Ausweisung von Kriminellen für ein legitimes Mittel des Rechtsstaats zu halten, nicht einmal, wenn diese einen Asylantrag gestellt haben“.
Laut einem Bericht des Tagesspiegels stellten sich sechs Fraktionsmitglieder unterschiedlicher Parteiströmungen explizit hinter Wagenknecht. Dazu zählen der frühere Musikproduzent und heutige europapolitische Sprecher der Fraktion Dieter Dehm, der Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss des Bundestags Alexander Neu, der ehemalige Parteivorsitzende Klaus Ernst, der gewendete Stalinist und außenpolitische Sprecher der Linkspartei Wolfgang Gehrcke, der ehemalige Verdi-Funktionär Michael Schlecht und der sächsische Realo Michael Leutert.
Der Tagesspiegel zitiert einige ihrer Aussagen. Leutert bemühte absurderweise die Genfer Flüchtlingskonvention, in der das Asylrecht als Grundrecht verankert ist, um Abschiebungen zu rechtfertigen. Dort sei festgelegt, dass sich Flüchtlinge an die im Aufnahmeland geltenden Regeln zu halten hätten, behauptet er zunächst und erklärt dann: „Für Otto Normalverbraucher heißt das: Wenn ich jemanden in meine Wohnung eingeladen habe und von ihm beklaut werde, hat er zu gehen.“
Leutert will Flüchtlingen nicht nur grundlegende demokratische Rechte entziehen, sondern sie entweder abschieben oder einsperren. „Im Prinzip gebe es dann ja nur zwei Möglichkeiten“, zitiert ihn der Tagesspiegel. „Die Leute abzuschieben. Oder unsere Rechtsordnung mit mehr Polizei, mehr Richtern und auch mehr Gefängnissen durchzusetzen.“
In diesem Ton geht es weiter: „Wir wollen keine Obergrenzen wie die CSU. Aber wir können auch nicht jedes Jahr eine Million Asylbewerber aufnehmen und integrieren.“ Diesem Problem müsse man sich „mit Pragmatismus, nicht mit Ideologie stellen“. Ansonsten laufe man Gefahr, in der „äußerst gespannten Situation“ überhaupt nicht mehr gehört und ernst genommen zu werden.
Zynisch fügt er hinzu: „Wenn wir unsere Gesellschaft ruinieren, gibt es hier auch niemanden mehr, der Flüchtlingen helfen kann.“ Die Kölner Vorkommnisse seien „nur ein kleiner Vorgeschmack“ gewesen, die eigentlichen Probleme kämen erst noch. Zum Beispiel, wenn „in Chemnitz 10.000 Muslime leben, die dann auch sagen, wir wollen eine Moschee“.
Leutert lässt keine Zweifel daran, bei wem er und die Linkspartei mit diesen dumpfen Parolen Gehör finden wollen. Nicht in der Arbeiterklasse, sondern unter den deklassierten kleinbürgerlichen Elementen, die ihr Heil auf den rechtsextremen, rassistischen und islamfeindlichen AfD- und Pegida-Kundgebungen suchen. Natürlich sei das, was dort gepredigt werde, Rassismus, erklärte Leutert. Wer dorthin wolle, den könne man nicht aufhalten. Nur um dann zu betonten: „Aber denen, die uns fragen, wie viele Flüchtlinge wir eigentlich noch aufnehmen wollen, müssen wir doch eine Antwort geben.“
Die Linkspartei belässt es nicht bei Worten: In Thüringen, wo sie mit Bodo Ramelow eine rot-rot-grüne Regierung anführt und den Ministerpräsidenten stellt, setzt sie ihre „Antworten“ mit immer brutalerer Härte in die Tat um. Im vergangenen Jahr wurden dort 460 Menschen abgeschoben. Laut der Thüringer Allgemeinen sind das „etwa doppelt so viel wie noch vor Jahren“. Insgesamt seien sogar 1600 Menschen „wieder gegangen“, 1154 davon jedoch angeblich „freiwillig“.
Seit einigen Wochen führt die „linke“ Landesregierung regelmäßig Massenabschiebungen durch. Bereits Ende des vergangenen Jahres schrieb die Thüringer Allgemeine: „Zuletzt waren bei mehreren, in der Nacht durchgeführten Massenabschiebungen fast 200 Menschen auf den Balkan zurückgeflogen worden. Betroffen waren vor allem Familien mit Kindern, die teilweise bereits etliche Jahre in Deutschland lebten.“
Die extrem rechte Flüchtlingspolitik der Linkspartei ist kein Zufall. Sie ergibt sich direkt aus ihrem nationalistischen, pro-kapitalistischen und imperialistischen Charakter. Nachdem die Partei bereits im vergangenen Jahr außenpolitisch auf Kriegskurs gegangen ist, zeigt sie nun auch in der Innenpolitik und dabei vor allem in ihrer Haltung gegenüber Flüchtlingen ihr wahres Gesicht.