Vorstand, Betriebsrat und IG Metall haben bei Opel einen drastischen Abbau von Personal und Arbeitskosten vereinbart, um den Konzern profitabler zu machen. Das geht aus einer umfassenden Vereinbarung hervor, die sie am 15. Dezember vorstellten.
Erste Opfer des Abkommen sind die Leiharbeiter, die alle gehen müssen. Auch Verträge mit mehreren Dienstleistungsbetrieben werden gekündigt, was dort ebenfalls Arbeitsplätze gefährdet. Ältere Arbeiter werden durch Vorruhestand und Altersteilzeit aus den Werken gedrängt, während die verbleibenden als Folge umfangreicher Kurzarbeit und kürzerer Arbeitszeiten mit empfindlichen Einkommenseinbußen rechnen müssen.
Genaue Zahlen über die einzusparenden Stellen und das Ausmaß der Kurzarbeit nannten Vorstand und Betriebsrat nicht. Bereits im November zirkulierten aber Zahlen, dass von den rund 19.000 Opel-Arbeitsplätzen in Deutschland 4500 verschwinden sollen.
Mit dem Übereinkommen, das zynischerweise als „Sozialvereinbarung“ bezeichnet wird, beginnt die Umsetzung des Sanierungsplans „Pace“ (Tempo), auf den sich Betriebsrat und IG Metall mit dem französischen PSA-Konzern geeinigt hatten, nachdem dieser im Oktober Opel und Vauxhall vom US-Konzern General Motors übernommen hatte.
Die IG Metall und ihre Betriebsräte haben PSA-Chef Carlos Tavares stets in den höchsten Tönen gelobt, weil er auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten und keine Standorte schließen wolle. Das gilt auch für die jüngste Vereinbarung. Die WSWS hatte dagegen von Anfang an gewarnt, dass „Pace“ „einen massiven Arbeitsplatzabbau vor(sieht) und den Druck, der auf der Belegschaft lastet, gewaltig erhöhen“ wird. Dies bestätigt sich jetzt.
Der genaue Wortlaut und Inhalt der Vereinbarung wurde bisher nicht veröffentlicht, aber einige Fixpunkte sind bekannt. So werden Festangestellte, die derzeit 40 Stunden pro Woche arbeiten und dafür eine Mehrbezahlung erhalten, ab dem 1. April 2018 wieder auf die 35-Stunden-Woche zurückgestuft, was für viele ein Einkommensverlust bedeutet.
Für viele ältere Arbeiter gibt es Frührentenmodelle. Opel-Chef Michael Lohscheller hat angekündigt, er werde „mit unseren Sozialpartnern … weitere Maßnahmen wie Vorruhestandsregelungen oder innovative Arbeitszeitmodelle“ besprechen. Diese Programme sollen bis auf den Jahrgang 1960 ausgeweitet werden.
Hinzu kommen Kurzarbeitsphasen, die das Einkommen der Arbeiter empfindlich senken. In Eisenach hat schon am 11. Dezember ein Monat Kurzarbeit begonnen; der 8. Dezember war der letzte Arbeitstag in diesem Jahr. Im Stammwerk Rüsselsheim und im Motorenwerk Kaiserslautern, das Rüsselsheim mit Teilen beliefert, wird gerade über Kurzarbeit verhandelt.
Besonders stark von den Sparmaßnahmen betroffen ist der Angestellten- und Ingenieursbereich im Forschungs- und Entwicklungszentrum Rüsselsheim. Viele der 7700 Arbeitsplätze sind gefährdet und es wird in jedem Fall zu Kurzarbeit kommen.
Auf einer Betriebsversammlung am 15. Dezember erläuterten der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug und Opel-Chef Michael Lohscheller ihre „große Elektro-Offensive“. Demnach sollen die Opel- und Vauxhall-Werke rasch auf Elektro-Autos umgestellt werden. 2024 sollen sämtliche PKW-Modelle E-Autos oder Hybride sein.
Das wird massiv Arbeitsplätze kosten, da Elektromotoren deutlich einfacher in der Herstellung sind als Diesel- und Benzin-Motoren. In kurzer Zeit sollen außerdem sämtliche Opel-Modelle auf nur zwei PSA-Plattformen gestellt werden. Die Zahl der Motoren soll von zehn auf vier PSA-Motoren reduziert werden und ausschließlich PSA-Technik verwenden.
Am selben Tag bezeichnete PSA-Chef Tavares in einem Interview mit dem Manager Magazin Opel und Vauxhall als „Sanierungsfall“. Aufgrund des hohen CO2-Ausstoßes der Opel-Modelle sei die Situation im Konzern „dramatisch“.
Zur Zukunft des Internationalen Entwicklungszentrums in Rüsselsheim sagte er, es komme auf die Opel-Ingenieure selbst an, wie viele von ihnen künftig noch gebraucht würden. „Wenn wir unseren Plan rigoros umsetzen, wird es jede Menge Arbeit geben. Wenn nicht, haben wir alle massive Probleme, ganz klar.“
Trotz dem drohenden Kahlschlag arbeiten Betriebsräte und IG Metall weiterhin eng mit dem PSA-Vorstand zusammen. Sie übernehmen die Aufgabe, den Arbeitsplatz- und Lohnabbau möglichst reibungslos über die Bühne zu bringen und jeden Widerstand dagegen im Keim zu ersticken.
Zum Verhandlungsteam der IG Metall gehört auch Berthold Huber, der von 2007 bis 2013 an der Spitze der Gewerkschaft stand und maßgeblich dazu beitrug, sie in ein Co-Management für die Konzerne zu verwandeln. Seinen 60 Geburtstag feierte Huber 2010 auf Einladung Angela Merkels im Kanzleramt.
Gegenüber der Belegschaft verkaufen IG Metall und Betriebsrat die Kahlschlags-Politik mit Halbwahrheiten und Lügen. Sie bezeichnen die Altersteilzeit als „attraktiv“ und feiern den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen als Erfolg. In Wirklichkeit sind es hohle Versprechen, die höchstens einige Monate halten werden. Das Vauxhall-Werk Ellesmere Port bei Liverpool und das Opel-Werk Eisenach gelten weiterhin als akut gefährdet.
Die Stellenstreichungen bei Opel und Vauxhall fallen mit einer Welle von Entlassungen im gesamten Metallbereich zusammen. Seit Wochen kündigen Konzerne wie Siemens, Bombardier und General Electric immer neue Massenentlassungen an.