In Südkorea sind etwa 8.000 Autoarbeiter von General Motors Korea, erstmals seit GM 2001–2002 die Firma von Daewoo übernommen hat, gegen den US-Autokonzern in einen Streik der gesamten Belegschaft getreten. Weitere 2.000 Beschäftigte des Technologiezentrums von GM Korea wollen sich am Dienstag den Streikenden anschließen. Insgesamt soll der Streik bis Mittwochabend dauern.
Der Streik in Korea findet nur wenige Tage vor Ablauf des Tarifvertrags für 155.000 Autoarbeiter bei GM, Ford und Fiat Chrysler in den USA statt. Dort haben im ganzen Land die Arbeiter der Autowerke mit Mehrheiten zwischen 92 und 99 Prozent für einen Streik gegen die US-Autokonzerne gestimmt.
Bei dem Streik der koreanischen Arbeiter geht es um Anliegen, mit denen sich ihre Kollegen im Rest der Welt problemlos identifizieren können. Im Mai 2018 hatte GM das Fertigungswerk in Gunsan geschlossen und damit 2.000 Arbeitsplätze direkt und Tausende weitere indirekt zerstört. Danach zwang das Unternehmen die Arbeiter der verbliebenen Werke mit Unterstützung durch den hauseigenen Ableger der Metallarbeitergewerkschaft Korean Metal Workers Union (KMWU) dazu, eine Nullrunde bei Löhnen und Zusatzleistungen zu akzeptieren und die Produktion zu beschleunigen. Diese Maßnahmen waren Teil der Umstrukturierungen, mit denen die Profitabilität des Unternehmens gesteigert werden sollte.
Nachdem sich GM eine Geldspritze von der koreanischen Regierung gesichert und die Gewerkschaft massive Angriffe auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten durchgesetzt hatte, garantierte das Unternehmen die Fortführung seiner Geschäftstätigkeiten in Südkorea für mindestens zehn weitere Jahre. Bei den Tarifverhandlungen 2019 forderte GM von den Arbeitern jedoch die Fortsetzung des Lohnstopps wegen angeblicher Verluste in Korea. Im Weltmaßstab hat das Unternehmen jedoch im Jahr 2018 durch den Abbau von Arbeitsplätzen sowie durch rücksichtslose Arbeitshetze und Ausbeutung Profite von etwa 11,8 Milliarden Dollar erzielt.
Die GM-Arbeiter in Korea haben es satt. Angesichts der Stimmung in den Werken glaubte die Gewerkschaft, sie könne die Arbeiter nicht dazu bringen, sich den Forderungen des Konzerns zu fügen. Sie forderte eine Lohnerhöhung in Höhe von 5,7 Prozent monatlich, „Leistungszahlungen“ in Höhe von eineinhalb Monatslöhnen, falls die Produktionsziele erreicht werden, und einen bar ausgezahlten Bonus für alle Arbeiter in Höhe von 6,5 Millionen Won (5.400 US-Dollar).
GM hat sich geweigert, auf diese Forderungen einzugehen. Stattdessen erklärte der für das GM-Auslandsgeschäft zuständige Julian Blissett letzten Monat, das Management sei „sehr enttäuscht“. Er drohte mit dem Abzug der Produktion aus Südkorea – und damit dem Abbau von Arbeitsplätzen.
Trotz dieser Drohungen streikten am Montag die Arbeiter der GM-Werke in Incheon und Changwon. Letzten Monat hatten sie bereits eine Reihe von begrenzten vierstündigen Arbeitsniederlegungen organisiert und sich geweigert, Überstunden zu machen.
Die größte Gefahr für die koreanischen GM-Arbeiter ist die gleiche, mit der auch die Arbeiter anderswo konfrontiert sind: die verräterische Rolle der durch und durch in die Unternehmen eingegliederten Gewerkschaften. In Südkorea spielen die Gewerkschaften die Autoarbeiter von Werk zu Werk gegeneinander aus und spalten die Autoarbeiter insgesamt von anderen Teilen der Arbeiterklasse, die dringend notwendige Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen einfordern. Da die Gewerkschaften reine Werkzeuge der Konzernleitungen und der globalen Wirtschaftsoligarchie sind, lehnen sie einen vereinten Kampf aktiv ab.
Am 3. September schaffte es die KMWU bei Hyundai, 56 Prozent der 50.000-köpfigen Belegschaft dazu zu zwingen, eine Lohnerhöhung von nur 1,7 Prozent und den niedrigsten Bonus anzunehmen, den das Unternehmen seit 20 Jahren angeboten hat. In der ersten Abstimmung Ende Juli hatten noch 84 Prozent der Hyundai-Arbeiter für einen Streik gestimmt.
Die KMWU konnte sich gegen den allgemeinen Wunsch nach einem Arbeitskampf durchsetzen, indem sie die Arbeiter mit der Drohung von Arbeitsplatzverlusten unter Druck setzten. Letzte Woche begrüßte die KMWU-Niederlassung bei Hyundai die Abstimmung, mit der die Bedingungen des Unternehmens angenommen werden, „angesichts des Handelskrieg zwischen den USA und China, des Wirtschaftskriegs zwischen Korea und Japan und des Abschwungs in der Autoindustrie“.
Genau wie die Gewerkschaften im Rest der Welt akzeptiert sie also, dass Arbeiter und ihre Familien angesichts der wachsenden weltweiten wirtschaftlichen Turbulenzen und der Krise bezahlen müssen, um die Profite der Konzernaktionäre zu schützen.
Die Arbeiter anderer koreanischer Autokonzerne werden ebenso unter Druck gesetzt, deren Diktate zu akzeptieren. Bei Kia, was teilweise zu Hyundai gehört, hatten Ende Juli 83 Prozent der 26.000-köpfigen Belegschaft für einen Streik gestimmt, ungeachtet der Forderung des Managements nach einer Nullrunde bei den Löhnen. Der KMWU-Ableger bei Kia hat seither versucht, die Arbeiter zu der Forderung zu bewegen, das Unternehmen solle Werke in den USA und Indien schließen und nach Korea zurückbringen. Dies ist eine völlig reaktionäre und nationalistische Kampagne, die so auch von der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) in den USA propagiert wird.
Zudem werden die Autoarbeiter, eine der mächtigsten Sektionen der südkoreanischen Arbeiterklasse, von den übrigen koreanischen Arbeitern gespalten. Im Juni weigerte sich die KMWU, die Autoarbeiter zur Unterstützung der streikenden Werftarbeiter zu mobilisieren, obwohl diese der gleichen Gewerkschaft angehören. Im Juli weigerten sich die KMWU und die Dachgewerkschaft, die Korean Confederation of Trade Unions (KCTU), ihre Mitglieder zur Unterstützung eines landesweiten Streiks der schlecht bezahlten Vertragsarbeiter an Schulen zu mobilisieren oder die Forderungen der koreanischen Postbeschäftigten nach einem Streik zu unterstützen.
Die Situation wirft eindeutige Fragen der Perspektive auf, nicht nur für die Arbeiter in Südkorea, sondern auf der ganzen Welt.
Der Streik in Korea ist Teil des allgemeinen internationalen Auflebens der Militanz der Arbeiterklasse. Das Jahr 2019 begann mit der mächtigen Streikbewegung in der Autozulieferindustrie im mexikanischen Matamoros, gefolgt von zunehmenden Arbeitskämpfen auf allen Kontinenten und in zahlreichen Bereichen der Wirtschaft. Am Dienstag streikten die Beschäftigten von British Airways und legten weltweit den Betrieb des Unternehmens lahm. Bei den politischen Unruhen im US-Territorium Puerto Rico und in Hongkong waren es die Aktionen der Arbeiter, die im politischen und wirtschaftlichen Establishment die größte Besorgnis ausgelöst haben.
Die Forderungen und Kämpfe der Arbeiter werden in allen Ländern angetrieben von einem gemeinsamen internationalen Streben nach einem Ende der wachsenden sozialen Ungleichheit und für das Recht der Arbeiterklasse, der Mehrheit der Bevölkerung, auf angemessene Löhne, Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen.
Doch die korporatistischen Gewerkschaften haben eins übers andere Mal ihren geringen noch verbliebenen Einfluss benutzt, um einen gemeinsamen Kampf über alle Branchen- und vor allem Landesgrenzen hinweg zu verhindern. In den GM-Werken überall auf der Welt stehen die Gewerkschaften auch nur dem Vorschlag eines gemeinsamen Kampfs gegen das Unternehmen mit organischer Feindschaft gegenüber. In den USA versucht die UAW die Autoarbeiter gegen ihre Kollegen in Ländern wie Südkorea und Mexiko aufzuhetzen, statt sie zu vereinen.
Doch die internationale Einheit ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg jeden Kampfs jeder Sektion der Arbeiter überall auf der Welt. Transnationale Konzerne agieren mit globalen Strategien. Um die Militanz der Arbeiter in einem Land zu unterdrücken, drohen sie ihnen, die Produktion in ein anderes Land zu verlagern.
Der erste Schritt für die Autoarbeiter bei GM Korea ist der gleiche wie für die Autoarbeiter überall: Sie sollten Aktionskomitees in ihren Fabriken bilden, die von den Arbeitern selbst demokratisch kontrolliert werden und unabhängig von den Firmenagenten in den Gewerkschaften sind. Sie müssen sofort Appelle an die Arbeiter bei Hyundai, Kia und anderen Zulieferfirmen und an die breitesten Teile der koreanischen Arbeiterklasse richten. Arbeiterkomitees sollten unabhängig von den Gewerkschaften in Kontakt mit den Arbeitern bei GM-Betrieben in den USA und weltweit treten. Sie müssen international vereinte und koordinierte Arbeitskämpfe und politische Aktionen organisieren.
Die World Socialist Web Site kämpft mit ihrem Autoworker Newsletter dafür, die Autoarbeiter für eine internationale und sozialistische Strategie zu gewinnen, als notwendige Antwort auf die internationale Strategie des Teilens und Herrschens der Konzerne und der Gewerkschaften. Wir rufen alle Arbeiter und Jugendlichen dazu auf, den Newsletter zu abonnieren und bei seiner möglichst weiten Verbreitung in der internationalen Arbeiterklasse zu helfen.