Eine massive Abfuhr für die UAW:

Volvo-Trucks-Arbeiter in Virginia stimmen zum dritten Mal in Folge gegen Ausverkauf

Die streikenden Arbeiter des Volvo-Lastwagenwerks New River Valley (NRV) in Dublin (Virginia) haben am Freitag zum dritten Mal in Folge einen Tarifvertrag voller Zugeständnisse abgelehnt, diesmal mit 60 zu 40 Prozent.

Die Ablehnung der Vereinbarung ist ein eindrucksvolles Zeugnis der Kampfbereitschaft der Volvo-Arbeiter. Gleichzeitig ist sie ein Debakel für die UAW, die den Tarifvertrag mit allen Mitteln durchsetzen wollte. Sie ist außerdem Teil einer wachsenden Rebellions- und Widerstandsbewegung unter Arbeitern in den USA und der Welt.

Die dritte vorläufige Vereinbarung war größtenteils eine aufgewärmte Version der zwei vorherigen Abkommen, die die Arbeiter mit 90 Prozent abgelehnt hatten. Als Grund dafür nannten sie die Tatsache, dass die Lohnerhöhungen für Arbeiter der „Stammbelegschaft“ unter der Inflationsrate liegen, dass die Eigenbeteiligung zur Krankenversicherung deutlich ansteigt und dass neu eingestellte Arbeiter erst nach sechs Jahren den Spitzenlohn erhalten.

Besonders wütend waren die Arbeiter über die weiteren Angriffe auf die Gesundheitsversorgung der Rentner. Einer von ihnen erklärte: „Es ist kriminell, was die UAW und Volvo mit den Rentnern machen. Die UAW hat den Rentenfonds schlecht verwaltet und das Unternehmen hat keine Hemmungen, seit 30 Jahren pensionierten Arbeitern zu sagen, dass ihre gesamte monatliche Rente für die Krankenversicherung draufgehen wird, obwohl man ihnen gesagt hat, sie würde bezahlt werden.“

Ebenfalls wütend reagierten die Arbeiter auf die Drohungen des Volvo-Managements im Vorfeld der Abstimmung. Zwei Tage zuvor hatte das Unternehmen ein Informationsdokument veröffentlicht, in dem es den Arbeitern drohte, es werde geplante Investitionen stornieren und den Arbeitern das übliche Urlaubsgeld für den Umbau im Sommer nicht zahlen, wenn sie nicht für das Abkommen stimmen.

Wie Arbeiter berichteten, hatten UAW-Funktionäre während der Abstimmung vor dem Gewerkschaftshaus aktiv für die Annahme des Abkommens geworben. Um es schnell durchzusetzen, weigerte sich die UAW, den Arbeitern Kopien des vollständigen Vertrags auszuhändigen oder ihnen genug Zeit zu geben, den Vorschlag zu überdenken und zu diskutieren. Die Gewerkschaft machte sich nicht einmal die Mühe, Mitgliedertreffen zu veranstalten, um den Arbeitern den Tarifvertrag schmackhaft zu machen, weil sie befürchteten, dass diese sich zu Kristallisationspunkten für die Wut der Arbeiter über den Ausverkauf entwickeln könnten.

Die UAW war über dieses Ergebnis offensichtlich bestürzt und veröffentlichte am Freitagabend eine knappe Erklärung, in der es hieß, der Streik werde weitergehen und „der gewählte Tarifausschuss der UAW-Niederlassung 2069 wird weiterhin über einen fairen Tarifvertrag verhandeln, der den Wert ihrer hart arbeitenden Mitglieder ausdrückt“.

Der Vizepräsident und Geschäftsführer des Volvo-Werks NRV, Frankie Marchand, lobte in einer Erklärung die angeblich „beträchtlichen Lohnzuwächse und erstklassigen Zusatzleistungen“ in dem Abkommen und erklärte, es sei „bei der UAW-Führung auf allen Ebenen auf große Unterstützung gestoßen“.

Marchand fügte noch eine eindeutige Drohung an die Arbeiter hinzu: „Jetzt, wo unsere Beschäftigten dreimal hintereinander Tarifabkommen abgelehnt haben, die von den Führern unterstützt wurden, die sie zu ihren Vertretern gewählt haben, müssen wir unsere nächsten Schritte erwägen. ... [Der Streik hat] unser Vorhaben bereits zurückgeworfen, das Werk auszubauen und aufzurüsten. Deshalb werden wir alle Optionen im Zusammenhang mit dem Verhandlungsprozess in Betracht ziehen.“

Auch die letzten zwei Tarifabkommen, die von den Arbeitern abgelehnt wurden, erhielten die „starke Unterstützung“ der UAW, obwohl sie „den Wert ihrer hart arbeitenden Mitglieder“ völlig ignoriert hatten. Alle drei Abkommen beinhalteten beträchtliche Zugeständnisse oder die Fortsetzung früherer Zugeständnisse und gingen nicht auf die tatsächlichen Anliegen und Bedürfnisse der Arbeiter ein.

Das Volvo-Management und die UAW arbeiten derzeit an einer Strategie, um den Streik zu beenden und die Forderungen des Unternehmens durchzusetzen. Im Verlauf der letzten Woche hatte die UAW versucht, die Arbeiter mit der Behauptung zur Zustimmung zu zwingen, andernfalls würde eine Pattsituation bei den Verhandlungen erklärt und durch einen staatlichen Schlichter einseitig ein Vertrag durchgesetzt werden. In Wirklichkeit gibt es keine Pattsituation zwischen der UAW und Volvo, sondern zwischen dem Unternehmen und der Gewerkschaft auf der einen Seite, und den Arbeitern auf der anderen.

Während des einmonatigen Streiks versuchte die UAW, die Arbeiter von Volvo-Trucks zu isolieren und informierte ihre Mitglieder nicht einmal darüber, dass überhaupt ein Streik stattfand. Erst letzte Woche wurde er auf der nationalen Website der UAW erstmals erwähnt –als sie das Abkommen ankündigte, mit dem er beendet werden sollte.

Der Widerstand gegen die von der UAW ausgehandelten Abkommen wurde vom Volvo Workers Rank-and-File Committee (VWRFC) organisiert, das in einer Erklärung dazu aufgerufen hatte, mit „Nein“ zu stimmen.

Ein Mitglied des VWRFC erklärte nach der Abstimmung gegenüber der World Socialist Web Site: „Die Leute wachen auf. Wir haben Feuer im Bauch. Wir zeigen wirklich Einigkeit und Stärke. Niemand von uns verlangt mehr als das, was wir verdienen. Das Unternehmen provoziert uns zu sehr, und das lassen wir nicht zu. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber wir sind dazu bereit und kämpfen für eine gerechte Sache.

Das ist unser Beruf, unsere Zukunft. Sie versuchen, uns alles zu nehmen. Wenn sie uns keine Krankenversicherung anbieten, warum sollen wir dann für sie arbeiten?“

Der Autoarbeiter-Newsletter der World Socialist Web Site ruft die Volvo-Arbeiter auf, sofort den Rücktritt des gesamten Tarifausschusses zu fordern, der den Arbeitern diesen und die zwei vorherigen Verträge vorgelegt hat.

Anstelle des Tarifausschusses der UAW müssen die Verhandlungen von einem Komitee geführt werden, das von der Belegschaft aus den eigenen Reihen gewählt wurde und das Vertrauen der Belegschaft genießt. Die letzten drei Abkommen sollten in den Mülleimer wandern, wo sie hingehören. Es muss über das verhandelt werden, was die Arbeiter schon die ganze Zeit fordern: deutliche Lohnerhöhungen, eine Angleichung an die Lebenshaltungskosten, um die steigende Inflation auszugleichen, die Abschaffung des Lohnstufensystems durch die Beförderung aller Arbeiter in die oberste Lohnstufe, den Schutz von Gesundheitsversorgung und Renten und andere zentrale Forderungen.

Die Ablehnung der dritten vorläufigen Vereinbarung ist ein enormer Schritt vorwärts. Es handelt sich nicht nur die Ablehnung eines Vertrags, sondern um eine Rebellion gegen die UAW. Sie bedeutet das Ende der 40 Jahre andauernden Periode, in der die Gewerkschaften den Klassenkampf künstlich unterdrücken und die Forderungen des Managements durchsetzen konnten.

Die Entwicklung des Streiks erfordert jetzt seine Ausweitung auf die Volvo-Mack-Arbeiter, andere Volvo-Arbeiter und die ganze Autoindustrie. Dies wiederum erfordert den Aufbau eines Netzwerks von Solidaritätskomitees, um gemeinsame Kämpfe vorzubereiten und zu organisieren.

Die Arbeiter in Dublin (Virginia) wurden durch die Unterstützungserklärungen von Arbeitern aus allen Teilen der USA und der Welt enorm gestärkt. Am Vorabend der Abstimmung in Virginia hatten die Arbeiter bei Volvo Cars im belgischen Gent einen spontanen Streik gegen eine Einigung zwischen der Gewerkschaft und dem Management begonnen, die eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit vorsieht. Nur zwei Tage vor dem Ausstand hatte ein Team von Aktivisten der WSWS das Werk besucht und um Unterstützung für den Streik in Virginia geworben.

Die Sklavenbedingungen, gegen die sich die Volvo-Arbeiter wehren, existieren genauso in Fabriken auf der ganzen Welt. Arbeiter wurden während der Corona-Pandemie zwangsweise zu Überstunden verpflichtet, obwohl die Zahl der Infizierten und Toten immer weiter anstieg.

Die Ablehnung der Tarifabkommen hat bereits den Effekt, den Autoarbeitern in Detroit den Rücken zu stärken. Ein Arbeiter aus dem Stellantis-Fertigungswerk Sterling Heights erklärte: „Das ist Solidarität vom Feinsten. Ich hoffe, sie breitet sich in allen UAW-Betrieben aus und unterstützt die Volvo-Arbeiter.“

Dieser Rückhalt muss organisiert werden. Streikende müssen sich jetzt mehr als je zuvor dem Volvo Workers Rank-and-File Committee anschließen und es als alternative Führung des Streiks aufbauen, um einen echten Kampf gegen das Unternehmen zu führen und den Kampf in Dublin mit den Autoarbeitern und anderen Teilen der Arbeiterklasse in den USA und auf der Welt zu verbinden.

Tragt euch noch heute als Mitglieder des Volvo Workers Rank-and-File Committee oder eines Solidaritätskomitees ein.

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