Die Arbeiter des Landmaschinenherstellers Deere and Company haben am Sonntag einen Tarifvertrag, der von der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) ausgehandelt wurde, mit 90 Prozent der Stimmen abgelehnt. Der Vertrag sollte für 10.100 Arbeiter der Deere-Betriebe in Illinois, Iowa und Kansas über einen Zeitraum von sechs Jahren gelten und sah klare Verschlechterungen für die Belegschaften vor.
Zum ersten Mal seit 35 Jahren haben die Arbeiter bei Deere einen von der UAW ausgehandelten Tarifvertrag abgelehnt und der Gewerkschaft eine demütigende Schlappe beigebracht. Die UAW hat den Betrieb bisher weiterlaufen lassen, kündigte aber am Sonntagabend an, sie habe eine Frist bis Mittwoch, den 13. Oktober, für einen Streik angesetzt. Bereits letzten Monat hatten sich die Arbeiter fast einstimmig für Streik ausgesprochen.
An den folgenden Standorten war die Ablehnung besonders hoch:
- Der UAW-Ortsverband 838 in Waterloo (Iowa) meldete 2.518 „Nein“- und 189 „Ja“-Stimmen, d.h. 93 Prozent lehnten den Vertrag ab. In Waterloo befindet sich die größte Deere-Niederlassung in Iowa.
- Am Deere-Standort in Dubuque stimmten 1.174 Arbeiter gegen den Tarifvertrag, nur 97 dafür, was einer Ablehnung von 92 Prozent entspricht.
- In Des Moines, der Hauptstadt des Bundesstaats Iowa, wurde der Vertrag mit 595 zu 61 Stimmen (bzw. mit 90,7 Prozent) abgelehnt.
- In der Deere-Erntemaschinenfabrik in East Moline (Illinois) stimmten 993 Arbeiter (90,6 Prozent) gegen den Tarifvertrag, 102 dafür.
Das Tarifabkommen sah eine Lohnerhöhung von durchschnittlich nur 2 Prozent in den nächsten sechs Jahren vor, was faktisch eine Reallohnsenkung bedeutet. Dazu kam die Abschaffung der Renten für Arbeiter, die nach dem November 2021 eingestellt werden. Damit würde eine weitere Schicht von Arbeitern entstehen, die zu schlechteren Bedingungen eingestellt werden. Dasselbe war bereits 1997 geschehen.
Da Deere für dieses Jahr schon jetzt Rekordprofite gemeldet und in der Laufzeit des letzten Tarifvertrags 15 Milliarden Dollar Gewinn gemacht hat, betrachteten die Arbeiter das Angebot zu Recht als Beleidigung.
Die überwältigende Ablehnung des Tarifvertrags ist eine eindrucksvolle Demonstration der Solidarität unter Deere-Arbeitern. Sie zeigt zudem ihre Entschlossenheit, echte Fortschritte bei ihren Löhnen zu erkämpfen und die jahrelangen Zugeständnisse der UAW rückgängig zu machen.
Die Zurückweisung des UAW-Tarifvertrags ist Teil eines allgemeinen Anwachsens der Kämpfe der Arbeiterklasse in den USA und weltweit. In der Lebensmittelproduktion, unter Bergleuten, Pflegekräften und in den Verkehrsbetrieben finden bereits große Streiks statt. In Südafrika traten letzte Woche mehr als 150.000 Metallarbeiter in den Ausstand, um eine Lohnerhöhung oberhalb der Inflationsrate zu fordern.
Die Abstimmung war außerdem die fünfte Ablehnung einer Tarifeinigung der UAW durch Autoarbeiter innerhalb von fünf Monaten. Zuvor hatten die Arbeiter bei Volvo Trucks drei aufeinanderfolgende Tarifverträge zurückgewiesen. Kurz darauf lehnten die Arbeiter beim Zuliefererbetrieb Dana Inc. ein weltweit gültiges Abkommen ab, das von der UAW und der Gewerkschaft United Steelworkers ausgehandelt worden war.
Die Ablehnung des Tarifvertrags bei Deere ist zu begrüßen, doch wie die Erfahrung des Streiks bei Volvo Trucks im Sommer gezeigt hat, wird die UAW keine nennenswerten Verbesserungen ihres Deals mit dem Unternehmen anstreben. Bei Volvo hatten die Arbeiter dreimal die Tarifverträge der UAW abgelehnt – die ersten beiden Male ebenfalls mit 90 Prozent –, bevor die UAW eine Neuabstimmung über die dritte vorläufige Einigung erzwang. Diese wurde dann angeblich mit nur 17 Stimmen Mehrheit angenommen.
Die Arbeiter bei Deere befinden sich in einer äußerst starken Position. Wenn sich die UAW gezwungen sieht, einen Streik zu beginnen, wird sie jedoch die Stärke der Arbeiter sabotieren und sie isolieren, wie sie es auch bei Volvo Trucks getan hat. Auf diese Weise wird sie versuchen, einen Deal durchzusetzen, der mit demjenigen, der am Sonntag abgelehnt wurde, praktisch identisch ist.
Die dringendste Aufgabe ist jetzt, das vor Kurzem gegründete Aktionskomitee der Deere-Arbeiter auf alle Werke und Lager auszuweiten, um eine von den Gewerkschaften unabhängige Initiative der Arbeiter aufzubauen, den Gewerkschaftsbürokraten die Kontrolle über den Kampf zu entreißen und im Rest des Landes und der Welt Unterstützung zu mobilisieren.
Am Freitag veröffentlichte das Aktionskomitee im Vorfeld der Abstimmung eine Erklärung, in der es zur Ablehnung des unternehmensfreundlichen Abkommens aufrief. Das Komitee fordert eine Lohnerhöhung von mindestens 30 Prozent für alle, um die jahrelange Lohnstagnation auszugleichen, ferner die Abschaffung der ungerechten Lohnstaffelung und die Wiedereinführung von Gesundheitsversorgung und Renten.
Im Verlauf des Tages erklärten Arbeiter gegenüber dem Autoworker Newsletter der World Socialist Web Site, bei den so genannten „Infoveranstaltungen“ der UAW vor den Abstimmungen sei beträchtlicher Widerstand geäußert worden.
Ein Arbeiter erklärte nach einer solchen Veranstaltung gegenüber der WSWS: „Der Präsident und der Vizepräsident [der UAW] geben sich große Mühe, uns diesen Betrug schmackhaft zu machen.“
Ein Arbeiter des Deere-Werkes in Ottumwa (Iowa) meinte: „Sie erwarten, dass die Leute heute Abend zur dritten Schicht kommen, als würde nichts Wichtiges passieren. Es ist übel, dass es keine neuen Nachrichten und Informationen gibt. Die Leute machen ein Wechselbad der Gefühle durch, so, wie die Dinge laufen – Stress, Anspannung und die zunehmende Unsicherheit, wie der Alltag als Beschäftigter bei Deere aussehen wird.“
Ein Arbeiter, der an dem Treffen in Quad Cities teilgenommen hatte, erklärte: „Alle fordern einen Streik. Sie sagen, die hätten nie mit so einem wertlosen Tarifvertrag zu uns zurückkommen dürfen.“ Die UAW-Funktionäre seien „wütend auf die Mitglieder geworden, sie haben gesagt, der Tarifvertrag sei gut. Die Mitglieder behaupteten daraufhin, [die UAW] würde ihre Mitglieder nicht unterstützen. Es wurde wirklich hitzig. Wir hätten um Mitternacht [als der Tarifvertrag ausgelaufen ist] die Arbeit niederlegen sollen.“
Ein Deere-Arbeiter aus Dubuque (Iowa) erklärte: „Das ist ein Zeichen von Stärke. Die Arbeiter haben gesprochen. Deere und die UAW haben versucht, uns zu überrumpeln, aber die Belegschaft hat sich gewehrt. Während der ganzen Zeit habe ich nicht gehört, dass die UAW den Ausdruck ,Gier der Konzerne‘ verwendet hat, so wie sie es zuvor getan hat. Deere hat Milliarden eingenommen, aber sie wollen sie nicht zu sehr kritisieren. Es ist offensichtlich: Sie wollen nicht, dass wir mit Nein stimmen oder in den Streik treten. Wenn wir streiken, wird das weltweite Auswirkungen haben, es wird eine Kettenreaktion in der Weltwirtschaft geben. Diese Macht haben wir.“
Mehr Informationen über den Beitritt zum John Deere Workers Rank-and-File Committe unter deerewrfc@gmail.com oder per SMS 001 (484) 514-9797.