Die World Socialist Web Site veröffentlicht Statements von Arbeitern und jungen Menschen, die sich gegen den Krieg aussprechen, und deren Äußerungen die Mainstream-Medien völlig ausblenden. Hier dokumentieren wir Erklärungen von amerikanischen Arbeitern und Jugendlichen, die in den letzten Tagen auf der englischsprachigen WSWS veröffentlicht wurden.
Wir appellieren an unsere Leser im deutschsprachigen Raum, ebenfalls eigene Statements gegen die wachsende Gefahr eines dritten Weltkriegs und die Kriegshetze der USA, der Nato, der Bundesregierung und der bürgerlichen Medien zu verfassen. Teilt sie in den sozialen Medien unter dem Hashtag #SpeakOutAgainstWW3 und schickt sie auch direkt an die Redaktion. Wir wollen sie auf der WSWS veröffentlichen.
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Ivan, Studierender in San Diego (Kalifornien):
„Man kann das Risiko für die Menschheit gar nicht hoch genug einschätzen“
„Ich bin absolut gegen einen Krieg mit Russland. Man kann das Risiko für die Menschheit gar nicht hoch genug einschätzen. Sowohl Russland als auch die Vereinigten Staaten verfügen über die größten Atomwaffenarsenale der Welt, und diese Waffen sind auch seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht weniger zerstörerisch geworden.
In Anbetracht dieser meiner Bedenken bin ich wirklich wütend darüber, dass die Mainstream-Medien die Sicherheit für arbeitende Menschen auf der ganzen Welt vollkommen missachten. Sie betonen immer wieder, dass ‚Sanktionen nicht ausreichen‘, und dass die Vereinigten Staaten und die EU einen direkteren militärischen Ansatz verfolgen müssten. Niemand kann an einem direkten Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Russland wegen des Ukraine-Konflikts ein Interesse haben. Als Amerikaner möchte ich absolut nicht nochmals in einen Krieg aus wirtschaftlichem Interesse verwickelt werden.
Ich bezweifle stark, dass der durchschnittliche Ukrainer, der jetzt aus seinem Haus bombardiert wird, eine weitere Eskalation dieses bereits schrecklichen Konflikts wünscht. Und für den durchschnittlichen russischen Bürger ist es auch nicht besser, da er aufgrund der Sanktionen in die Armut stürzen wird. Die Schuld an diesem Konflikt liegt auf den Schultern der reaktionären Oligarchie in Russland und der Imperialisten im amerikanischen Militär-Geheimdienst-Establishment. Krieg ist in niemandes Interesse, nicht einmal im Interesse des Durchschnittsrussen, der hier so verteufelt wird.“
Rebecca, Arbeiterin aus Houston (Texas):
„Kämpft nicht in einem Krieg: Kämpft gegen Kapitalismus!“
„Die allermeisten Durchschnittsmenschen können sich zum jetzigen Zeitpunkt wohl kaum etwas Schlimmeres vorstellen, als in den Krieg zu ziehen.
Schaut doch nur einmal, womit wir Arbeiter es alles zu tun haben: Benzinpreise, die über alle Maßen hochschießen. Lebensmittelpreise, die außer Kontrolle geraten. Eine ständig wachsende Arbeitshetze. Eine außer Kontrolle geratene Pandemie. Jede Stunde des Tages befinden wir uns zwischen Hammer und Amboss, ständig müssen wir komplett unmögliche Situationen meistern. Vielen von uns gelingt das nicht. Viele von uns werden von all dem einfach erdrückt.
Die Medien und die Regierung tun alles, um uns zu überzeugen, dass die Aufteilung der Welt in Nationalstaaten mit Grenzen die einzige vorstellbare Möglichkeit sei, dass man sich menschliches Leben gar nicht anders vorstellen könne. Wir sollen ‚unsere Nation‘ auf Kosten ‚anderer Nationen‘ aufbauen, und wenn nötig, sollen wir ‚aufstehen und für unsre Nation kämpfen‘. Angeblich haben wir keine andere Wahl, als immer wieder ‚aufzustehen‘ und ‚zu kämpfen‘.
Aber wenn du in die Augen der Menschen schaust, für deren Verstümmelung und Verbrennung deine Regierung dabei ist, Milliarden an Steuergeldern auszugeben, dann wird dir kristallklar, dass diese Menschen (die Russen) nicht deine Feinde sind. Das könnten genauso gut deine Familie, deine Kinder, deine Kollegen, deine Freunde sein. Sie essen, schlafen und haben Träume, genau wie du. Also gibt es wirklich nicht die ‚Anderen’, die anderen Nationen angehören. Wir sind alle gleich. Jeder von uns hat rotes Blut.
Es ist an der Zeit, dass die Arbeiterklasse der Welt sich zusammenfindet, um den Kapitalismus endgültig in die Geschichtsbücher zu verbannen und stattdessen das einzuleiten, was ohne jeden Zweifel das Schicksal der Menschheit ist: eine Welt, eine Bevölkerung, eine einzige globale Nation, die gemeinsam an einem Ziel arbeitet: dem Aufbau der menschlichen Zivilisation und dem Streben nach menschlicher Größe und einem guten Leben für alle.
Arbeiter der Welt, lasst uns gemeinsam diesen Weltkrieg verhindern und stattdessen für den Weltsozialismus kämpfen!“
Erin, Krankenschwester aus Südkalifornien:
„Als Mutter von vier Kindern schmerzt es mich, zu sehen, in welcher Welt meine Kinder leben sollen“
„Als Mutter von vier Kindern schmerzt es mich, wenn ich an die Welt denke, in der meine Kinder einmal leben sollen. Ich habe das Gefühl, dass das Leid, das die Ukraine jetzt durchmacht, noch jahrzehntelang zu spüren sein wird. Der unvermeidliche Krieg, der uns von der US-Regierung aufgezwungen wird, hat schreckliche Folgen.
Als Krankenschwester in der Intensivpflege sehe ich, dass sich viele von uns noch nicht von den zahlreichen Todesfällen erholt haben, die wir seit Beginn der Covid-Pandemie erleben. Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was noch kommen wird. Ich wünschte, unser Land würde sich auf Heilung und Aufbau statt auf Zerstörung konzentrieren.“
Ein Arbeiter des Autozulieferers Dana, Michigan: „Niemand, den ich kenne, ist für diesen Krieg“
„Ich unterstütze Putin natürlich nicht, aber die Medien stellen es so dar, als sei Putin einfach wahnsinnig geworden und würde die Weltherrschaft anstreben. Die Medien vergessen die Lügen von Bush, der sich aus dem Vertrag über den Schutz vor ballistischen Raketen zurückzog, und Trumps Rückzug aus dem Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen im Jahr 2019, auf den kurz darauf der Rückzug Russlands aus diesen Verträgen und die weitere Entwicklung von Atomwaffen folgte. Das ‚Gleichgewicht des Schreckens‘ gilt nicht nur für Atomwaffen, sondern auch für die Sanktionen. Schon jetzt schaden sie auch den Arbeitern hierzulande in Form von hohen Spritpreisen und Inflation.
Schon vor Monaten sagte Putin, er dulde keine Nato-Übungen der USA vor den russischen Grenzen, und im Jahr 2020 führte die Nato eine Übung durch, bei der sie B52-Bomber über ukrainisches Territorium flog und Atomträger ganz in der Nähe des russischen Territoriums in Kaliningrad stationierte. Wie würden die USA reagieren, wenn Russland einen Atombomber über den amerikanischen Luftraum fliegen würde? Aber das wird in den Nachrichten nicht erwähnt. Wie würden die USA reagieren, wenn Russland seine Flugzeugträger in amerikanischen Gewässern stationieren würde? Genau das tut die USA gegenüber Russland.
Niemand, den ich kenne, ist für diesen Krieg. Niemand will in einen Krieg mit Russland hineingezogen werden. Ich habe bisher noch keinen Kollegen, keinen Facebook-Kommentator oder sonst jemanden erlebt, der sich gegenüber Russland feindselig geäußert hätte. Die Leute beschweren sich über die hohen Benzinpreise. Unglaublich, wie hoch die Preise gestiegen sind.
Russland ist nicht gleich Putin. Die Russen haben am meisten unter den Wirtschaftssanktionen zu leiden, und die Sanktionen schaden auch uns. Wenn das Benzin teurer wird, wird auch alles andere teurer, denn man braucht Benzin, um Waren, Lebensmittel und alles andere zu transportieren. Also leidet die ganze Welt. Mein Freund sagte, er stelle sich auf Ausgaben wie zu Beginn der Covid-Pandemie ein. Er sagte, er rechne damit, dass sich die Lebenshaltungskosten verdoppeln werden.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Amy, Arbeiterin aus Michigan: Amerikanische Arbeiter „werden über ihre Wut nicht schweigen“
„Ich bin Arbeiterin in den USA (Michigan). Ich war 15 Jahre lang in einer Personalabteilung tätig, verließ die Welt der Konzerne aber vor fünf Jahren, als ich erkannte, wie weit verbreitet pure Gier im kapitalistischen System ist, und wie die Arbeiter ausgebeutet werden. Heute widme ich meine Zeit der privaten Unterstützung von Arbeitern, die sich in diesem System zurechtfinden müssen.
Auch wenn die Regierung der Vereinigten Staaten versucht, ein anderes Narrativ zu verbreiten, unterstützen die amerikanischen Arbeiter den Krieg gegen die Ukraine nicht und fordern die USA auf, einen Weg zum Frieden zu bereiten. Die USA und die Nato haben im Laufe meines Lebens Terror und Gewalt über die Arbeiter in der ganzen Welt gebracht. Sie behaupten, moralisch überlegen zu sein, während sie mit dem Reichtum, den die Arbeiter erzeugen, die Taschen der Oligarchen stopfen und das Blut von Unschuldigen vergießen.
Ich unterstütze nicht die endlosen Sanktionen der USA, die nur der Arbeiterklasse schaden. Ich unterstütze nicht die Imperialisten in der Nato oder ihre endlose Expansion. Sie verschwenden Milliarden von Ressourcen für den Terror, anstatt damit das Leben der Arbeiter auf der ganzen Welt zu erleichtern.
Ich finde es nicht gut, dass die USA und die Nato während dieser Invasion sich in die Pose moralischer Überlegenheit werfen, während sie sich weigern, anzuerkennen, dass ihre eigenen Handlungen direkt zu diesem Krieg beitragen.
Ich stehe in Solidarität mit den Arbeitern auf der ganzen Welt. Ich will die Gewalt und das Grauen anprangern, die die Regierungen diesen Arbeitern antun. Sie sind nur darauf aus, ihr Leid für kapitalistische Gewinne auszunutzen.
An diesem Krieg gibt es nichts Heldenhaftes. Nichts Fortschrittliches. Nichts, was das Leben der Arbeiter verbessern würde, weder in den USA noch international. Wir werden unsere Wut so lange nicht verschweigen, bis wir gehört werden.“
Ein Arbeiter einer texanischen Ölraffinerie:
„Die Arbeiterklasse muss sich geschlossen gegen den Krieg stellen“
„In den letzten Wochen ist die Rentabilität der Ölgesellschaften auf ein noch nie dagewesenes Niveau angestiegen, und die Aktienwerte der Rüstungsunternehmen steigen ständig, denn für die Anleger rückt der Krieg jetzt in greifbare Nähe.
Die Arbeiterklasse dagegen soll Opfer bringen. Arbeiter müssen ihre Häuser verlassen, sie fliehen und lassen alles zurück. Arbeiter leiden unter den wirtschaftlichen Härten, die mit dem Krieg einhergehen. Dazu gehört eine rasende Inflation, die Preise steigen, und viele lebensnotwendige Güter sind nicht mehr zu bekommen. Viele, die jetzt in einen weiteren, ungerechten Krieg geschickt werden, fürchten um die Sicherheit ihrer Kinder. Viele werden sogar ihr Leben verlieren.
Die Arbeiterklasse muss sich geschlossen gegen den Krieg stellen. Während die Weltelite einen solchen Konflikt nutzt, um ihre Profite zu steigern und ihre Einflusssphären zu erweitern, bringt er der Arbeiterklasse nur Not und Leid.“