In Österreich erreicht die Zahl der Coronainfektionen täglich neue Rekorde, nachdem am 5. März fast alle Schutzmaßnahmen aufgehoben wurden. Trotzdem fallen heute auch noch die letzten Quarantäneregelungen. Die Entwicklung unterstreicht den menschenverachtenden Charakter einer Politik, die den Profit höherstellt als das Leben und die Gesundheit von Menschen.
Am Freitag wurden am dritten Tag in Folge mehr als 50.000 Neuinfektionen gemeldet. Mit 51.112 Fällen erreichte die Infektionszahl den dritthöchsten Wert seit Beginn der Pandemie. Das Gesundheitsministerium geht auch in dieser Woche von mehr als 50.000 Infektionen täglich aus. Die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 3600. Fast 450.000 Menschen sind aktiv infiziert, davon befinden sich 3040 in stationärer Behandlung. Jeden Tag sterben im Schnitt zwischen 20 und 30 Menschen.
Die Gesamtzahl der an Covid-19 verstorbenen Personen liegt mittlerweile bei 15.344. Unter den knapp 9 Millionen Einwohner des Landes wurden seit Pandemiebeginn offiziell 3,4 Millionen Ansteckungen registriert. Die Dunkelziffer liegt mit Sicherheit weit höher. In Klinken mussten am Freitag 297 Menschen mehr behandelt werden, als noch vor einer Woche. 207 davon werden intensivmedizinisch betreut.
Seit dem 5. März sind landesweit Clubs und Gastronomie ohne Beschränkungen geöffnet. Bei Veranstaltungen gibt es keine Personenobergrenzen mehr. Die Maskenpflicht wurde mit kleinen Ausnahmen vollständig abgeschafft. Außer in Kliniken und Pflegeheimen gibt es keinerlei Zugangsbeschränkungen mehr.
Um das Ausmaß der Infektionen zu vertuschen, schränkt die Regierung, eine Koalition der rechtskonservativen Volkspartei (ÖVP) und der Grünen, kostenlose Tests ab 1. April stark ein. Je Person stehen pro Monat nur noch fünf PCR- und fünf Antigentests kostenfrei zur Verfügung. Ausnahmen soll es nur für Personen in Krankenhäusern oder Alten- und Pflegeheimen sowie mit Symptomen geben.
Ab Montag fallen sämtliche Quarantäneregelungen weg. Nachdem bisher bereits geimpfte Kontaktpersonen von der Quarantäne ausgenommen waren, gilt das dann auch für ungeimpfte Kontaktpersonen. Ausnahmen gelten lediglich noch für die Gastronomie oder auf Veranstaltungen.
Ab Mitte der Woche soll dann auch nachweislich infiziertes Gesundheitspersonal arbeiten. Das bedeutet, dass in Kliniken und Pflegeheimen kranke oder geschwächte Menschen noch stärker als jetzt der Gefahr einer Infektion ausgesetzt werden, von der Verbreitung unter dem Personal selbst gar nicht zu sprechen. Die Zahl der Infektionen und der Todesfälle im Gesundheits- und Pflegebereich wird dadurch weiter ansteigen.
In Niederösterreich können seit Freitag positiv getestete Beschäftigte ihren Dienst in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen bereits wieder aufnehmen, wenn sie nur zwei Tage symptomfrei waren.
Die Regierung begründet die Maßnahmen damit, dass in Kliniken und Pflegeeinrichtungen ein extremer Personalmangel herrscht, da viele Beschäftigte an Corona erkranken und in Quarantäne müssen. Dass dies durch die vorangegangenen Lockerungen verursacht wurde, wird geflissentlich verschwiegen.
Der neue Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) heuchelt Sorge um die Lage im Gesundheitswesen. Gespräche mit Krankenhausbetreibern und Soziallandesräten hätten ihn mit Sorge erfüllt. „Der Betrieb ist nur noch mit Mühe aufrecht zu erhalten,“ so Rauch.
Tatsächlich ist die Lage katastrophal. So müssen im Landesklinikum Baden-Mödling für mindestens zwei Wochen alle planbaren Aufnahmen und Eingriffe abgesagt werden. Als Grund nannte das Klinikum die hohen Personalausfälle. Von den insgesamt 22.000 Beschäftigten der niederösterreichischen Landeskliniken waren am Freitag 1812 als Kontaktperson oder mit einer nachgewiesenen Infektion krankgemeldet. Ein Ende dieser Entwicklung sei nicht abzusehen, so das Klinikum Baden-Mödling.
In Wien sah sich Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf Druck der Kliniken gezwungen, Besuche in Kliniken und Pflegeheimen stark einzuschränken. So soll in Krankenhäusern nur ein Besucher pro Patient und Tag erlaubt sein, in Einrichtungen für ältere Menschen sollen es zwei Personen pro Tag sein. Ludwig gestand ein, dass die Patientenzahlen rapide ansteigen. Darüber hinaus kommt es zu massenhaften Ausfällen von Personal.
Auch im Gastronomie-Bereich werde weiterhin die 2G-Regel gelten, ebenso die Maskenpflicht im Handel, so der Wiener Bürgermeister. Doch diese Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um die Ausbreitung nachhaltig einzudämmen.
Auch die Ankündigung von Gesundheitsminister Rauch, ab Mitte der Woche die Abschaffung der Maskenpflicht in öffentlichen Räumen zurückzunehmen, wird angesichts der massenhaften Ausbreitung keine nennenswerte Wirkung zeigen.
Vor allem nicht, wenn die Schulen – ein Haupttreiber der Pandemie – davon ausgenommen werden. Hier sei man noch in Gesprächen mit dem Bildungsministerium, hieß es von Rauch. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) ist ein strikter Verfechter einer radikalen Durchseuchungspolitik an den Schulen und lehnt jede Schutzmaßnahme für Schüler und Lehrpersonal rundheraus ab.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), die die Lockerungspolitik beschlossen haben, sind völlig gleichgültig gegenüber den katastrophalen Folgen der ungebremsten Durchseuchung für zahllose Menschen. Sie reagieren auf die Krise mit dem Ruf nach Aufrüstung und Militarisierung.
Die Anhebung des Heeresbudgets auf ein Prozent des BIP (4,3 Milliarden Euro) pro Jahr ist bereits beschlossen. Derzeit liegt es bei 0,74 Prozent (2,7 Milliarden Euro). In der Militärführung gibt es Forderungen nach einer Erhöhung von sechs bis zehn Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren.
Gegenwärtig wird die Aufrüstung der Eurofighter-Kampfjets in die Wege geleitet. Entsprechende Informationen der Nachrichtenagentur APA hat das Verteidigungsministerium auf Anfrage bestätigt. Die Kampfflieger sollen mit Nachtsicht- und Identifizierungsfähigkeit, elektronischem Selbstschutz und radargelenkten Lenkwaffen ausgestattet werden.
Wie in Deutschland spielen die Grünen die führende Rolle bei der Militarisierung. So erklärte Kogler seine Unterstützung für die Wiedereinführung verpflichtender Milizübungen, die mehrere Monate andauern können. Dies würde den sechsmonatigen Wehrdienst entsprechend verlängern. 2006 waren die Übungen abgeschafft worden. „Diese Debatte ist zu führen“, fordert nun Kogler.
Der Krieg in der Ukraine dient jetzt als Vorwand, die lange gehegten Aufrüstungspläne in die Tat umzusetzen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine habe im Bild der Grünen auf das Bundesheer „eine Veränderung bewirkt“, bemerkte Kogler. Aufgrund des neuen Bedrohungsbildes werde es zu Investitionen in die Verteidigung kommen müssen.