Chinesische Regierungsvertreter erwägen „militärische“ Antwort auf geplanten Taiwan-Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses

Laut der Financial Times plant die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, für nächsten Monat eine Reise nach Taiwan. Diese Entscheidung ist ein weiterer Schritt der USA zur Beendigung der Ein-China-Politik, die ihre Beziehungen zu China jahrzehntelang bestimmt hat.

Im Rahmen der Ein-China-Politik hatten die USA keine formellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan unterhalten, und hochrangige US-Regierungsvertreter sind nicht auf die Insel gereist. Die Trump-Regierung hat diese Politik systematisch zurückgefahren und im Jahr 2020 den Minister für Gesundheit und Soziales, Alex Azar, nach Taiwan geschickt. Zu diesem Zeitpunkt war Azar der ranghöchste Vertreter der US-Regierung, der Taiwan seit Jahrzehnten besucht hat.

Da Pelosi jedoch die zweite in der Amtsnachfolge des Präsidenten ist, wäre sie mit Abstand die ranghöchste US-Regierungsvertreterin, die Taiwan in den letzten zwei Jahrzehnten besucht hat.

Das chinesische Außenministerium kündigte an, mit „entschlossenen und starken Maßnahmen“ zu reagieren.

Der Sprecher des Außenministeriums, Zhao Lijan, erklärte: „Wenn die USA das tatsächlich tun wollen, wird China entschlossene und energische Maßnahmen zur Verteidigung seiner nationalen Souveränität und territorialen Integrität ergreifen.“

Die chinesische Zeitung Global Times, die für wichtige Fraktionen im chinesischen Staat und Militär spricht, reagierte auf den geplanten Besuch mit der Ankündigung, Chinas Reaktion werde „militärisch, aber auch strategisch“ sein.

Die Zeitung zitierte ihren ehemaligen Chefredakteur Hu Xijin mit dem Vorschlag, China solle „Militärflugzeuge schicken, um Pelosis Flugzeug auf die Insel Taiwan zu begleiten, den Flughafen zu überfliegen, auf dem Pelosi landet, und von der Insel zurück zum Festland zu fliegen.“

Weiter erklärte er: „Wenn wir Flugzeuge der VBA über die Insel fliegen lassen, müssen wir [China] auf eine offene militärische Konfrontation vorbereitet sein.“

Er fügte hinzu: „Wenn das taiwanesische Militär es wagt, das Feuer auf Flugzeuge der Volksbefreiungsarmee zu eröffnen, dann werden taiwanesische Militärflugzeuge abgeschossen und taiwanesische Militärbasen zerstört werden. Wenn die USA und die taiwanesischen Behörden also einen offenen Krieg wollen, dann ist die Zeit für die Befreiung Taiwans gekommen.“

US-Präsident Joe Biden hat bereits angedeutet, dass die USA im Falle eines solchen Konflikts Krieg gegen China führen würden.

Als er im letzten Mai gefragt wurde, ob die USA Taiwan mit Gewalt verteidigen würden, antwortete er: „Ja... Dazu haben wir uns verpflichtet.“ Auf die gleiche Frage im letzten Oktober antwortete er: „Ja, wir haben die Verpflichtung, das zu tun.“

Auch die chinesische Seite hat ihre Bereitschaft geäußert, Krieg um Taiwan zu führen. Letzten Monat erklärte der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe beim Shangri-La-Dialog in Singapur gegenüber Vertretern der USA: „Wenn irgendjemand es wagt, Taiwan von China abzuspalten, dann werden wir nicht zögern zu kämpfen, und wir werden kämpfen, egal was es kostet.“

Pelosis geplanter Besuch ist jedoch nur der provokanteste in einer Reihe von Schritten, die den Konflikt zwischen den USA und China massiv verschärfen sollen.

Am Freitag erklärte das Pentagon, das US-Außenministerium habe Waffenlieferungen an Taiwan im Wert von über 100 Millionen Dollar genehmigt. China hat von den USA die Stornierung dieser Lieferungen gefordert.

Am Montag führte der Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse USS Benfold in der Taiwanstraße eine „Freedom of Navigation“-Übung durch, die von Peking verurteilt wurde.

Große amerikanische und globale Konzerne haben bereits begonnen, die Wahrscheinlichkeit eines offenen Kriegs zwischen den beiden Atommächten abzuschätzen. Die Financial Times schrieb in einem Artikel mit dem Titel „Unternehmen zunehmend beunruhigt wegen Taiwan und China“ über Risikoanalysen von Konzernen, laut denen die Wahrscheinlichkeit eines Kriegs in naher Zukunft 1 zu 5 beträgt.

Die FT schreibt: „Berater und China-Experten in den USA haben, wie die Financial Times bereits letzte Woche meldete, seit Beginn des Kriegs in der Ukraine eine Welle von Anfragen für Briefings verzeichnet. Berichten zufolge steigt auch die Nachfrage nach politischer Risikoabsicherung wegen eines potenziellen Konflikts in der Taiwan-Straße stark an.“

Die FT zitiert einen „Vorstand eines westlichen Technologiekonzerns“ mit den Worten: „Die wichtigste Lehre aus der Ukraine ist, dass der Westen einen Aggressor mit erheblichen Sanktionen belegen wird. Wenn wir das, was wir in Russland gesehen haben, auf China anwenden, wäre es das ein Armageddon für die chinesische und die Weltwirtschaft.“

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger reagierte auf die aggressiven Bestrebungen der Biden-Regierung, den Konflikt mit China anzuheizen, mit Warnungen. In einem Interview mit Bloomberg erklärte er: „Biden und frühere Regierungen haben sich zu stark von den innenpolitischen Aspekten der Sichtweise Chinas beeinflussen lassen.“ Eine „chinesische Hegemonie wird sich nicht mit endlosen Konfrontationen“ verhindern lassen.

Zuvor hatte Kissinger gewarnt, der Konflikt zwischen den USA und China könnte eine globale „Katastrophe auslösen, die mit dem Ersten Weltkrieg vergleichbar wäre“.

Die massive Eskalation der Spannungen mit China erfolgt vor dem Hintergrund der anhaltenden Eskalation des US-Stellvertreterkriegs gegen Russland in der Ukraine. Der stellvertretende ukrainische Verteidigungsminister Wladimir Gawrilow kündigte bei einem Besuch in Großbritannien an, man werde die von den USA gelieferten schweren Waffen benutzen, um die russische Schwarzmeerflotte zu zerstören und die Krim zurückzuerobern.

Er betonte: „Wir erhalten Seeziel-Abwehrwaffen und werden früher oder später die Flotte angreifen. Das ist unvermeidlich, weil wir die Sicherheit unserer Bevölkerung garantieren müssen. ... Russland wird die Krim verlassen müssen, wenn es als Land weiterbestehen will.“

Noch während die Biden-Regierung die Ukraine im Stellvertreterkrieg mit Russland mit Waffen überschwemmt, droht sie eine neue Front in einem zunehmend weltumspannenden Konflikt zu eröffnen.

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