Die erste Debatte der Kandidaten für den Vorsitz der Conservative Party zwischen dem ehemaligen Finanzminister Rishi Sunak und Außenministerin Liz Truss war eine nachdrückliche Warnung an die Arbeiterklasse. Wer auch immer die Wahl am 5. September gewinnt, wird den rechten Kurs des scheidenden Premierministers Boris Johnson zum Ausgangspunkt für eine noch schlimmere Politik machen.
Die beiden politischen Verbrecher schilderten miteinander konkurrierende Pläne für einen Klassenkrieg im Inland und militärische Konflikte gegen Russland und China.
Wie zu erwarten war, stellten sich beide hinter die Beteiligung Großbritanniens am Krieg gegen Russland in der Ukraine. Truss erklärte stolz: „Wir waren das erste europäische Land, das Waffen in die Ukraine geschickt hat. Wir haben die härtesten Sanktionen gegen Russland verhängt.“ Sie schloss lediglich die direkte Beteiligung britischer Truppen an dem Konflikt aus. Sunak erklärte: „Wir haben eines der härtesten Pakete von Wirtschaftssanktionen zusammengestellt, das die Welt je gesehen hat, und sichergestellt, dass wir die Ukraine finanziell und mit den Waffen unterstützen, die sie zu ihrer Selbstverteidigung braucht. Daran haben Liz und ich gemeinsam gearbeitet.“
Doch im Vorfeld der Debatte stritten sich Sunak und Truss darum, wer die härtere Gangart gegenüber China einlegt.
Sunak veröffentlichte eine Presseerklärung mit 800 Wörtern, in der er China und die Kommunistische Partei Chinas als „die größte Bedrohung für die Sicherheit und den Wohlstand Großbritanniens und der Welt in diesem Jahrhundert“ bezeichnete. Er fuhr fort: „Die Politiker in Großbritannien und im Westen haben China viel zu lange den roten Teppich ausgerollt und seine schändlichen Aktivitäten und Ambitionen ignoriert.“
Er kündigte an, alle 30 Konfuzius-Institute in Großbritannien zu schließen, die chinesische Kultur- und Sprachprogramme anbieten. Außerdem erklärte er, er werde „die KPCh (Kommunistische Partei Chinas) aus unseren Universitäten werfen“, indem er die Hochschuleinrichtungen dazu verpflichte, ausländische Finanzierung von mehr als 50.000 Pfund offenzulegen und Forschungspartnerschaften zu überprüfen.
Truss antwortete, Sunak habe als Finanzminister „engere wirtschaftliche Beziehungen“ mit China angestrebt, während sie als Außenministerin die „härteste Haltung“ gegen China eingenommen habe.
Truss, die als aussichtsreichste Kandidatin gilt, erklärte im Vorfeld der Debatte, die von Sunak eingerichteten Freihandelszonen würden die Unternehmen nicht ausreichend unterstützen. Sie werde „Investitionszonen“ mit niedrigeren Steuern und reduzierten Planungsbeschränkungen für Unternehmen und „vollwertige Freihäfen“ schaffen, indem „die bisher bestehenden Freihäfen völlig von der exzessiven Bürokratie in Whitehall befreit werden“.
Der Krieg und die weitere Umverteilung von Reichtum zugunsten der Konzerne erfordern eine Verschärfung der staatlichen Offensive gegen eine Arbeiterklasse, die gegen die Zerstörung ihrer Arbeitsplätze und ihres Lebensstandards Widerstand leistet.
Die BBC fragte die Kandidaten: „Diese Woche stehen zwei weitere Eisenbahnstreiks bevor. Werden Sie Streiks bei wichtigen öffentlichen Dienstleistungsbetrieben wie dem Bahnverkehr verbieten?“ Beide antworteten sofort mit „Ja“.
Diese Ankündigung machte die Konsequenzen der von den Tories bereits vorbereiteten Pläne deutlich, bei Streiks im öffentlichen Dienst einen Minimalbetrieb vorzuschreiben.
Truss hat das harte Vorgehen gegen Streiks zu einem zentralen Thema ihres Wahlkampfs gemacht. Die Financial Times schrieb im Vorfeld der Debatte: „Die Regierung von Boris Johnson hat erklärt, es werde zwölf Monate dauern, bis das Parlament das Gesetz verabschiedet hat. Doch Truss hat die Umsetzung des Minimalbetriebsgesetzes innerhalb von 30 Tagen nach ihrem Einzug in die Downing Street angekündigt.“
Am Montag kündigte Truss an, sie werde weitere Gesetze gegen Streiks einführen, darunter eine Erhöhung des Mindestanteils von Beschäftigten, die bei einer Urabstimmung zustimmen müssen, von 40 Prozent der Wahlberechtigten auf 50 Prozent. Dies würde für alle Arbeiter gelten, statt wie bisher nur für diejenigen in „wichtigen öffentlichen Dienstleistungsbereichen“. Truss will die Mindestankündigungsfrist für Streiks von zwei auf vier Wochen erhöhen. Zudem sollen Gesetze abgeschafft werden, laut denen in den sechs Monaten nach einer erfolgreichen Urabstimmung zu jeder Zeit und mehrfach Streiks stattfinden dürfen. Ebenso sollen Streikende an Streiktagen keine steuerfreien Zahlungen von den Gewerkschaften mehr erhalten.
Die Debatte bestätigt nachdrücklich die Analyse der Socialist Equality Party, dass die Palastrevolte, die mit Johnsons Absetzung als Parteichef endete, inszeniert wurde, um einen hoffentlich kompetenteren und weniger verhassten Parteichef an die Macht zu bringen, der Johnsons arbeiterfeindlichen Kriegskurs verschärfen und ausweiten soll. Auf die Frage, welche Note sie Johnson als Premierminister auf einer Skala von 1 bis 10 geben würden, antwortete Truss: „Sieben“. Sunak, der bereits zuvor Johnsons Reaktion auf die Corona-Pandemie gelobt hatte – die mehr als 200.000 Todesopfern gefordert hatte – äußerte sich vorsichtiger. Er erklärte: „Wenn [Johnson] großartig war, war er großartig.“ In einigen wichtigen Themen hätte er die volle Punktzahl verdient.
Das abstoßende Spektakel, in dem ein nahezu milliardenschwerer Ex-Banker und ein gestörter Klon von Margaret Thatcher ihre Referenzen für die Übernahme der Downing Street vorlegen, verdeutlicht wie kaum etwas anderes die Notwendigkeit einer Intervention der Arbeiterklasse in das politische Leben – im eigenen Interesse und unabhängig von allen Fraktionen der herrschenden Elite.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Diese und die darauffolgenden Debatten der letzten Woche sowie diejenigen im August sind ein gigantischer Betrug. Sie zielen darauf ab, den Anschein einer öffentlichen Diskussion über die Frage zu erwecken, wer der nächste Premierminister wird.
Der Bevölkerung könnte kein Schauspiel aufgezwungen werden, das noch undemokratischer ist. Einige hundert Tory-Abgeordnete haben die Zahl der Kandidaten in mehreren Wahlgängen auf Sunak und Truss eingegrenzt. Und jetzt ist es die Aufgabe der zahlenden Tory-Mitglieder, den neuen Premierminister zu bestimmen. Jüngsten Schätzungen zufolge werden nur 120.000 der unangenehmsten, rechtesten und reichsten Personen in einem Land mit 67 Millionen Einwohnern entscheiden, wer Johnson als Regierungschef ablösen wird.
Viele Tory-Mitglieder würden sogar Johnsons Verbleib im Amt unterstützen. Eine Petition unter Parteimitgliedern, Johnson im Amt als Parteichef zu belassen, hat bereits mehr als 10.000 Unterschriften erhalten. Laut einem Bericht des Telegraph vom Montag erklärte Johnson gegenüber dem Organisator der Petition, Lord Cruddas, einem Finanzier der Conservative Party und Unternehmer, er „wolle nicht zurücktreten [und] als Parteivorsitzender bei den nächsten Parlamentswahlen antreten“. Johnson befindet sich bereits im Wahlkampfmodus. Letzte Woche besuchte er die ukrainischen Truppen, die in North Yorkshire von britischen Streitkräften ausgebildet werden, posierte in Armeeuniform und warf eine Handgranate. Noch vor September will er erneut in die Ukraine reisen, um den Stellvertreterkrieg gegen Russland zu unterstützen.
Dieser Betrug an der Bevölkerung wäre nicht möglich ohne die Labour Party, deren Antwort auf die fundamentale Herrschaftskrise darin besteht, mit den Tories um den Platz als Lieblingspartei der herrschenden Klasse zu konkurrieren.
Der Labour-Parteivorsitzende Sir Keir Starmer erklärte Labour am 25. Juli formell zur Tory-Partei 2.0. Er gab Erklärungen ab, die ihn mehr als qualifizieren, als dritter Kandidat in der Debatte zwischen Sunak und Truss aufzutreten.
Starmer distanzierte sich nicht nur von den aufgewärmten reformistischen Mittelchen des früheren Labour-Parteichefs Jeremy Corbyn, sondern erklärte auch, eine Labour-Regierung werde „in einer Partnerschaft mit der Wirtschaft“ zusammenarbeiten, Streiks bekämpfen und „nicht zu unseren alten Ideen von Umverteilung und Investitionen“ zurückkehren.
Für die Arbeiterklasse ist es irrelevant, ob Sunak, Truss oder Starmer Premierminister wird. Sie alle arbeiten seit Beginn der Pandemie bereits in einer De-facto-Einheitsregierung zusammen, die von den Gewerkschaften voll unterstützt wird. Sie alle werden den gleichen Kurs des verschärften Thatcherismus im eigenen Land fortsetzen und riskieren, die britische Bevölkerung in den dritten Weltkrieg hineinzuziehen.
Um die Bedingungen für Widerstand gegen diese politische Verschwörung zu schaffen, hat die SEP alle Arbeiter aufgerufen, sofortige Neuwahlen zu fordern und eine offene Debatte über eine Politik zu erzwingen, die die Lebensgrundlagen und das Leben von Millionen Menschen gefährdet hat. Wir fordern Neuwahlen, um den industriellen und politischen Kampf der Arbeiterklasse gegen alle Parteien des Großkapitals in Westminster zu entwickeln. Wir werden für Streiks, Massenproteste und die Organisation eines Generalstreiks gegen Austerität und Krieg eintreten, um eine Zero-Covid-Politik zu erzwingen und Unterstützung für eine sozialistische Alternative zum Kapitalismus aufzubauen.