10 Fakten, die Arbeiter über den umstrittenen ersten Wahlgang der UAW-Wahlen wissen sollten

Am 19. Dezember reichte der Mack Trucks-Arbeiter und sozialistische Kandidat für das Amt des UAW-Präsidenten, Will Lehman, eine formelle juristische Protestnote gegen die erste Runde der nationalen Funktionärswahlen ein, die im November stattfand. Lehman fordert, dass alle Kandidaten in der Stichwahl auf den Stimmzettel gesetzt werden oder dass die Wahlen wiederholt werden. Er beruft sich dabei auf die weit verbreitete und vorsätzliche Unterdrückung von Wählerstimmen, die zu einer katastrophal niedrigen Wahlbeteiligung von weniger als 10 Prozent führte.

Der vom Gericht eingesetzte Aufseher, der die UAW beaufsichtigt, führt derzeit eine zweite Runde der „Stichwahl“ zwischen den langjährigen UAW-Bürokraten Shawn Fain und Ray Curry durch, die im ersten Wahlgang jeweils weniger als 4 Prozent der insgesamt abgegebenen Stimmen erhielten. In eklatanter Missachtung der Rechte der Gewerkschaftsmitglieder führen die UAW-Führung und der UAW-Aufseher die Stichwahl durch, obwohl die Ergebnisse der ersten Runde noch nicht bestätigt wurden. Die Ergebnisse können erst dann rechtskräftig bestätigt werden, wenn die Aufsichtsbehörde eine Entscheidung über den Protest von Lehman getroffen hat, der noch nicht abgeschlossen ist.

Nachfolgend ist eine Erklärung von Lehman, in der er die wichtigsten Fakten über die UAW-Wahlen zusammenfasst, die in seiner Anfechtung der Wahlergebnisse aufgedeckt wurden. Weitere Informationen unter willforuawpresident.org/protest.

1. Nachdem sie der grotesken Korruption für schuldig befunden wurde, hat die alteingesessene UAW-Führung versucht, eine Direktwahl der UAW-Spitzenfunktionäre durch die Mitgliedschaft zu verhindern.

Direktwahlen wurden der Gewerkschaft vom US-Justizministerium aufgezwungen, nachdem eine Untersuchung eine „Kultur der Korruption“ innerhalb der UAW-Führung aufgedeckt hatte. Dies führte zur Inhaftierung von zwei früheren UAW-Präsidenten und anderen Spitzenfunktionären. Die UAW-Führer wurden dabei ertappt, wie sie Bestechungsgelder von Chrysler annahmen, um im Gegenzug Ausverkaufsverträge zu unterzeichnen und Millionen Dollar an Beitragsgeldern der Arbeiter zu veruntreuen, um ihren luxuriösen Lebensstil zu finanzieren.

Das Justizministerium forderte die Gewerkschaft auf, ein Referendum über die Durchführung von Direktwahlen abzuhalten. Dieses Referendum wurde im Dezember 2021 gegen den Widerstand der etablierten Gewerkschaftsführung, darunter Ray Curry selbst, der für ein „Nein“ warb, angenommen.

2. Es ist keine „Demokratie“, wenn weniger als 10 Prozent zur Wahl gehen.

Eine Million der 1,1 Millionen wahlberechtigten UAW-Mitglieder haben in der ersten Runde der Wahl nicht gewählt. Die Wahlbeteiligung von 9 Prozent gehört zu den niedrigsten – sie ist vielleicht sogar die niedrigste – in der Geschichte der Direktwahlen für nationale Gewerkschaftsfunktionäre. Wäre die UAW ein Land, so hätte sie die niedrigste Wahlbeteiligung aller Länder der Welt.

Die niedrige Wahlbeteiligung wurde von Lehman vorhergesagt. Im November hatte er eine Klage eingereicht, in der er darauf hinwies, dass die Mehrheit der Mitglieder nicht ausreichend über die Wahl informiert worden sei. „Wenn bis zum 28. November weiterhin jeden Tag Stimmzettel in diesem Umfang verschickt werden, wird die Gesamtwahlbeteiligung bei etwa 104.000 liegen“, warnte er. Letztendlich wurden insgesamt 104.776 Stimmzettel ausgezählt.

Lehmans Klage, die eine 30-tägige Verlängerung der Wahlfristen forderte, wurde abgewiesen, nachdem sie vom Arbeitsminister der Biden-Regierung, Marty Walsh, von Anwälten, die den UAW-Apparat vertraten, und von dem vom Gericht bestellten Aufseher abgelehnt worden war.

3. Die niedrige Wahlbeteiligung war kein Zufall. Sie war gewollt.

Eine von Lehmans Kampagne nach der Wahl durchgeführte Umfrage ergab, dass die meisten Ortsverbände nicht über die Wahltermine informiert worden waren. Die Mehrheit der Arbeiter, die auf die Umfrage geantwortet haben, gaben an, dass ihre Ortsverbände es versäumt hatten, Plakate aufzuhängen, E-Mails zu versenden, anzurufen oder SMS-Nachrichten zu verschicken, um sie über die Wahl zu informieren. Nur etwa 10 Prozent der Ortsverbände hatten in den sozialen Medien oder auf ihren Webseiten etwas Wesentliches über die Wahl veröffentlicht.

Infolge dieser unzureichenden Ankündigung erfuhren viele UAW-Mitglieder zum ersten Mal von der Wahl durch Flugblätter, die von Lehmans Kampagne verteilt wurden.

In der Zwischenzeit verbreiteten UAW-Funktionäre Desinformation, um Mitglieder von der Stimmabgabe abzuhalten. In einigen Betrieben belogen Funktionäre die Teilzeitarbeiter und sagten ihnen, sie seien nicht wahlberechtigt. In einer Reihe von Ortsverbänden entdeckte Lehmans Kampagne, dass den Mitgliedern gesagt worden war, die Wahltermine seien bereits verstrichen, obwohl dies nicht der Fall war.

4. Die alteingesessene UAW-Führung ergriff hinter dem Rücken der Belegschaft Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Funktionäre und ihnen nahestehende Personen ihre Stimme abgaben.

Lehmans Protest bewies, dass die Bürokratie die Abstimmung zugunsten ihrer bevorzugten Kandidaten verzerrte, indem sie die Wahl über ein internes Kommunikationsnetz namens Local Union Information System (LUIS) ankündigte, das ursprünglich eingerichtet worden war, um der etablierten Führung die Kommunikation in ihren Reihen zu ermöglichen. Das LUIS-System, das, wie ein Bundesrichter einräumte, „die Mitgliedschaft gewissermaßen umgeht“, sorgte dafür, dass die Bürokraten und ihre Mitarbeiter über die Wahl informiert wurden und abstimmen konnten, während die einfachen Gewerkschaftsmitglieder im Unklaren gelassen wurden.

5. Der vom Gericht bestellte Aufseher hat es versäumt, eine demokratische Wahl zu gewährleisten.

Die Protestnote von Lehman dokumentiert zahlreiche Probleme während der Wahl, die von dem gerichtlich bestellten Wahlaufseher nicht angegangen wurden. Es handelt sich dabei um eine Anwaltskanzlei, die mit Millionen Dollar aus den Mitgliedsbeiträgen der Arbeiter bezahlt wird, um die UAW zu überwachen.

Angesichts der weit verbreiteten Probleme mit den Mailinglisten während der Abstimmung über die Abhaltung der Wahl erließ der Aufseher Regeln für die Wahl 2022. Diese enthielten den zwingenden Auftrag „der Verbesserung der Mitglieder-Mailing-Informationen, um die Teilnahme so vieler Mitglieder wie möglich zu gewährleisten“ und „der umfassenden Aufklärung der Mitglieder über das Stattfinden der Wahl 2022, um ihre Teilnahme daran so weit wie möglich zu erleichtern...“.

Der UAW-Aufseher hat jedoch keine ernsthaften Maßnahmen ergriffen, um diesen Auftrag durchzusetzen. Stattdessen überließ er es der UAW-Bürokratie, die Adressen zu aktualisieren und die Wahl durchzuführen – wie wenn man einem Fuchs die Verantwortung über die Aufsicht eines Hühnerstalls gibt. Infolgedessen war die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen bei der Wahl geringer als die Zahl der Stimmzettel, die als unzustellbar zurückgeschickt wurden, weil sie an die falschen Adressen geschickt worden waren.

6. Die UAW setzte fortschrittliche Technologien und Ressourcen ein, um die Demokraten bei den Zwischenwahlen zu unterstützen, weigerte sich aber, diese Mittel bei ihrer eigenen Wahl einzusetzen.

Als es darum ging, bei den nationalen Zwischenwahlen Wahlkampf für die demokratischen Kandidaten zu machen, setzte die UAW fortschrittliche Technologie ein, organisierte öffentliche Veranstaltungen, gab Millionen Dollar aus und bombardierte Gewerkschaftsmitglieder mit Hochglanzbroschüren.

Bezeichnenderweise hat die UAW nichts von alledem getan, als es um ihre eigenen internen Wahlen ging. Stattdessen sahen sich Lehmans Wahlkampfhelfer während des gesamten Wahlkampfes systematischen Repressalien und Einschüchterungen durch UAW-Funktionäre ausgesetzt, wenn sie versuchten, Flugblätter zu verteilen. Gewerkschaftsfunktionäre riefen häufig den betrieblichen Sicherheitsdienst an, um Lehmans Unterstützer am Wahlkampf zu hindern, was einen Verstoß gegen die Wahlordnung darstellt.

Wie Lehman in seiner Protestnote schreibt: „Bei der einen Wahl wollte die UAW-Führung, dass ihre Mitglieder wählen. Bei der anderen wollte sie es nicht.“

7. Die UAW diskriminierte die Mitglieder aus der akademischen Sparte.

Von 11.000 Mitgliedern der California State University wurden nur 29 Stimmen abgegeben. Von den 9.000 Studenten der University of Washington wurden nur 72 Stimmen abgegeben. Unter den 48.000 Arbeitern der University of California (die sich im Streik befanden) lag die Wahlbeteiligung bei 2,6 Prozent.

Es gibt keine unschuldige Erklärung für die inakzeptabel niedrige Wahlbeteiligung unter akademischen und studentischen Mitgliedern, die einen großen, neuen und kämpferischen Teil der Gewerkschaftsmitglieder ausmachen. Die alteingesessene Führung hatte ein klares Motiv, die Mitglieder in diesen Ortsverbänden zu entrechten, da sie dort nachweislich weniger Unterstützung hatte.

8. Das Problem ist nicht „Apathie“!

Die UAW-Bürokratie versucht nun, die manipulierte Wahl zu vertuschen, indem sie behauptet, die Mitglieder hätten nicht gewählt, weil sie „apathisch“ gewesen seien.

Es stimmt, dass viele Mitglieder aus gutem Grund kein Vertrauen in den korrupten UAW-Apparat haben. Aber die Mitglieder gehen zur Wahl, wenn sie sich ihrer Rechte bewusst sind. Die Ortsgruppe 5810 an der Universität von Kalifornien hat beispielsweise kürzlich 4.756 Stimmen für die Annahme eines Tarifvertrags abgegeben – aber nur wenige Wochen zuvor nur 328 Stimmen bei der Wahl der nationalen Funktionäre.

Dies beweist, dass das Problem nicht darin bestand, dass sich die einfachen Mitglieder nicht um die Wahl kümmerten. Das Problem war, dass sie nicht wussten, dass überhaupt eine Wahl stattfand. Dies war das Ergebnis einer bewussten Politik der UAW-Bürokratie, um die Wahlbeteiligung so gering wie möglich zu halten und ihre Positionen und hohen Gehälter zu behalten.

9. Will Lehmans eigene Stimme wurde nie gezählt.

Will Lehman wurde auf dem 38. Verfassungskongress der Gewerkschaft in Detroit ordnungsgemäß als Kandidat für das Amt des Vorsitzenden nominiert. Er ist ein vollwertiges Mitglied der UAW Local 677.

Als die Stimmen ausgezählt waren, stellte Will Lehman jedoch fest, dass seine eigene Stimme nicht einmal eingescannt worden war. Wenn dies Lehman passiert ist, obwohl er ein Kandidat ist, der seinen Stimmzettel lange vor Ablauf der Frist abgeschickt hatte, dann ist dies wahrscheinlich auch bei zahllosen anderen Arbeitern und Basis-Mitgliedern der Fall.

10. Bei Lehmans Protest geht es um die demokratischen Rechte aller Mitglieder, unabhängig davon, ob sie für ihn gestimmt hätten oder nicht!

Will Lehman kämpft für alle Arbeiter an der Basis und dafür, dass die Macht von der korrupten UAW-Führung auf die Arbeiter in den Betrieben übergeht, um gegen den Stellenabbau zu kämpfen, alle Lohnstufen abzuschaffen und jahrzehntelange, von der UAW unterstützte Zugeständnisse zu kippen. Bei Lehmans Protestnote geht es jedoch nicht nur um seine individuellen Rechte als Kandidat und Mitglied. Es geht um die demokratischen Rechte aller aktiven Mitglieder und Rentner auf eine wirksame Beteiligung an einer Wahl.

Einige Mitglieder mögen der Meinung sein, dass sie eine faire Chance zur Stimmabgabe erhalten hatten, aber alle aktiven Mitglieder und Rentner können auch zustimmen, dass die Wahl wiederholt werden muss, wenn nicht alle Mitglieder die gleiche faire Chance zur Stimmabgabe erhalten haben.

Die Gewerkschaft, die Regierung und der Aufseher werden versuchen, den Protest von Lehman unter den Teppich zu kehren, wenn sie glauben, dass Arbeiter wegschauen! Will Lehman ruft alle Basismitglieder der Gewerkschaft auf, die gesamte Protestnote zu lesen, sie laut zu diskutieren und Unterstützungserklärungen einzusenden. Schickt noch heute eine E-Mail an die Lehman-Kampagne unter willforuawpresident@gmail.com und teilt eure Kommentare zu den Wahlen mit.

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