Vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus entwickeln sich in der Hauptstadt Arbeitskämpfe des Pflege- und Versorgungspersonals, die auf internationaler Ebene mit einer rasch anwachsenden Streikwelle zusammentreffen. Während in Frankreich und dem Vereinigten Königreich Hunderttausende gegen die Kriegspolitik und das Spardiktat der Macron- und Sunak-Regierungen streiken, werden in den nächsten Tagen auch in Berlin tausende Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes – darunter der Krankenhäuser und der Stadtreinigung – gegen die größten Reallohnsenkungen seit dem Zweiten Weltkrieg in den Streik treten.
Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) unterstützt die Streiks mit voller Kraft. Wir fordern 30 Prozent mehr Lohn und einen vollständigen Inflationsausgleich für alle öffentlichen Beschäftigten! Die Pflegerinnen und Pfleger haben in den letzten drei Jahren in kaputt gesparten Kliniken Übermenschliches geleistet, um die Folgen der „Profite vor Leben“-Politik in der Pandemie abzuschwächen und Menschenleben zu retten. Viele sind dabei selbst gestorben. Auch Müllwerker und andere Beschäftigte halten die Daseinsvorsorge unter immer übleren Bedingungen täglich aufrecht.
Nun sollen die Realeinkommen dieser Arbeiter auch noch gesenkt werden! Selbst den offiziellen Zahlen des statistischen Bundesamtes zufolge liegt der Anstieg der Verbraucherpreise bei Nahrungsmitteln und Energie derzeit im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 20,7 bzw. 24,4 Prozent. Bei den Energiepreisen liegt sie noch höher. Für Berlin haben Analysen von Immowelt ergeben, dass sich die Mietpreise in der Stadt zwischen 2009 und 2019 verdoppelt haben und seitdem immer schneller anwachsen. Das alles bedeutet massive Reallohnkürzungen.
Während die Arbeiterinnen und Arbeiter auf diese Weise immer schärfer ausgebeutet werden, verzeichnen die Dax-Konzerne Rekordgewinne. Gleichzeitig werden Milliardensummen in Aufrüstung und Krieg gesteckt. Die ständige Eskalation des Ukrainekriegs durch Nato und Bundesregierung treibt die Inflation weiter voran.
Die Lohnsenkungen können nur gestoppt werden, wenn die Beschäftigten einen echten Arbeitskampf führen und sich mit den Kolleginnen und Kollegen in Frankreich, Großbritannien und ganz Europa zusammenschließen. Arbeiter stehen überall vor den gleichen Problemen und sind mit der gleichen rücksichtslosen Politik konfrontiert und können sich daher nur gemeinsam zur Wehr setzen. Der Kampf für angemessene Löhne muss mit dem Kampf gegen die Kriegspolitik verbunden werden. Dafür tritt die Sozialistische Gleichheitspartei bei den Berlinwahlen an.
Um einen solchen Kampf führen zu können, müssen sich die Beschäftigten unabhängig von der Gewerkschaft Verdi in Aktionskomitees organisieren und den Streik in die eigene Hand nehmen. Denn Verdi vertritt nicht die Interessen der Beschäftigten, sondern arbeitet aufs Engste mit SPD, Grünen und Linkspartei zusammen, um die Reallohnkürzungen durchzusetzen. Selbst wenn sie ihre Forderung von 10,5 Prozent mehr Lohn bei zwölf Monaten Laufzeit erreichen würde, würde das immer noch empfindliche Einbußen der Kaufkraft bedeuten. Und tatsächlich hat die Gewerkschaft in Hinterzimmergesprächen längst sehr viel niedrigeren Abschlüssen zugestimmt.
Verdi paktiert seit Jahrzehnten mit den Senatsparteien, um die Rechte der Arbeiter zu schleifen. Nachdem Milliarden für die Rettung der Berliner Bankgesellschaft im Jahr 2002 aufgebracht wurden, organisierten Senat und Gewerkschaft zehn Prozent Lohnkürzungen im Öffentlichen Dienst, die Ausgliederung der Tochtergesellschaften an den Kliniken und die Verlängerung der Arbeitszeit der Lehrer.
Um ihre Zusammenarbeit mit den Senatsparteien zu intensivieren und diese im Wahlkampf zu unterstützen, organisierte Verdi am Freitag im Berliner Osten eine choreographierte „Streikversammlung“, an der rund zweihundert Gewerkschaftsmitglieder und Delegierte der Berliner Stadtreinigung, verschiedener Krankenhäuser und Versorgungsbetriebe teilnahmen. Im Anschluss an einen sorgfältig durchgeplanten „Forderungs-Workshop“ teilte sich Verdi-Sekretärin Dana Lützkendorf ein Podium mit den Spitzenkandidaten von CDU, FDP und Linkspartei, sowie führenden Abgeordneten von Grünen und SPD.
Es handelte sich um eine Promo-Veranstaltung für die rot-rot-grünen Regierungsparteien des Senats, die seit Jahrzehnten die soziale Infrastruktur Berlins zerstört haben. Die Verdi-Vertreter forderten die Politiker auf, die Tarifforderungen der Gewerkschaft zu unterstützen und sich zu einer Rückführung der Charité- und Vivantes-Tochterunternehmen zu bekennen, die sie selbst zusammen mit dem Senat ausgegliedert hatten.
Während es in den Belegschaften kocht, versucht Verdi mit den geplanten Warnstreiks Druck abzulassen und schließlich die nächste Runde Reallohnkürzung durchzusetzen. Einem ernsthaften Arbeitskampf steht die Gewerkschaft absolut feindlich gegenüber. Deshalb isoliert sie die aktuellen Warnstreiks von den zeitgleich kämpfenden Flughafenbeschäftigten, den streikenden Lehrern und erst recht von den öffentlich Beschäftigten in Frankreich und Großbritannien, die massenhaft streiken und demonstrieren.
Unter den Arbeitern trifft das auf Widerstand. Selbst auf der orchestrierten Verdi-Versammlung äußerten Beschäftigte gegenüber der WSWS und im Gespräch mit Vertretern der SGP ihre Ablehnung der Reallohnsenkung und ihre Bereitschaft zum Kampf.
Eine Intensivkrankenpflegerin am Vivantes-Klinikum Spandau bezeichnet es als „Widerspruch in sich“, dass der Linkspartei-Spitzenkandidat Klaus Lederer als Kopf einer der drei Regierungsparteien vorgegeben habe, die Forderungen der Streikenden zu unterstützen. Sie stellte fest: „Wir sind von allen Parteien maßlos enttäuscht worden. Die 100 Milliarden müssen in die Pflege und in die Bildung. Wir brauchen Nachwuchskräfte. Das Geld für die Aufrüstung kommt aus den sozialen Bereichen, und dorthin sollte es wieder zurückgeführt werden.“
„I’m dying everyday“ (Ich sterbe jeden Tag), sagt Louisa, die Intensivpflegerin auf einer chirurgischen Intensivstation am Virchow-Klinikum der Charité ist. Sie schildert, dass verstorbene Patienten aus Kostengründen „einfach auf den Gang geschoben werden, damit das Bett frei ist. Das sind Dinge, die völlig unmenschlich und unwürdig, aber einem kapitalistischen Gesundheitssystem sehr dienlich sind. Man bekommt als Pflegekraft jeden Tag mindestens einen Schlag ins Gesicht. Ich bin sehr frustriert.“
„Die Bedingungen in der Pflege sind nicht mehr tragbar für mich und mein Gewissen“, berichtet Joshua, der während seiner Ausbildung gekündigt hat. „Ich musste Menschen so pflegen, wie es nicht gut ist und darunter leiden die Menschen. Höhere Löhne sind wichtig, aber das ist nur ein Punkt von einem viel größeren Problem. Als Azubi musste ich eigene Patienten versorgen, und zwar viel zu viele – nicht so, wie es nötig gewesen wäre. Ich habe es nicht geschafft, das durchzuhalten.“
So wie in Berlin wächst der Unmut in ganz Deutschland und auf dem ganzen Kontinent. Entscheidend ist es, die Kämpfe zu vereinen, sie der Kontrolle der Gewerkschaften zu entreißen und mit dem Kampf gegen Krieg zu verbinden, der die sozialen Angriffe weiter verschärft. Nehmt mit uns Kontakt auf, um unabhängige Aktionskomitees aufzubauen, die genau das in Angriff nehmen und unterstützt den Wahlkampf der SGP zum Abgeordnetenhaus. Schreibt eine Whatsapp an +49 1573 4683047 oder registriert euch über das Formular unter diesem Artikel.