Am Donnerstagnachmittag hat der Nationale Vorstand der Screen Actors Guild–American Federation of Television (SAG-AFTRA) einstimmig beschlossen, zu einem Streik von Zehntausenden von Film- und Fernsehschauspielern für Freitag eine Minute nach Mitternacht aufzurufen.
Die Film- und Fernsehschauspieler werden sich den 11.000 Autoren der Writers Guild of America (WGA) anschließen, die seit dem 2. Mai streiken. Viele Schauspieler haben in den letzten Wochen bereits mit den Füßen abgestimmt und sich den Streikposten der Autoren angeschlossen.
Dies ist der größte Streik in der Geschichte der US-amerikanischen Film- und Fernsehbranche. Das letzte Mal, als Autoren und Schauspieler, damals Mitglieder der Screen Actors Guild (der Zusammenschluss mit der AFTRA fand 2012 statt), streikten (1960), hatte die SAG nur 13.000 Mitglieder.
Die Entschlossenheit der Autoren und Schauspieler, Widerstand gegen einige der größten und räuberischsten Konzerne der Welt – Disney, Amazon, Netflix, Fox, Apple und Warner Bros. – zu leisten, ist Ausdruck der Empfindungen und Sorgen von Dutzenden Millionen Menschen in den USA und auf der ganzen Welt. Der Streik ist Teil einer wachsenden Bewegung der Arbeiterklasse auf einer breiten Basis.
Dies ist eine wichtige politische, soziale und kulturelle Entwicklung. Für die herrschende Elite und die Finanzoligarchie ist der „Doppelstreik“ ein Schlag. Er zeigt eindeutig, dass die Jahrzehnte, in denen sie – insbesondere mit Hilfe der Gewerkschaftsbürokratien – die Unzufriedenheit der Massen angesichts der Zerstörung von Arbeitsplätzen und Sozialleistungen, steigender Preise, unablässiger Angriffe auf demokratische Rechte und endloser Kriege kontrollieren konnten, vorbei sind.
Die Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP) gab eine verlogene und heuchlerische Erklärung heraus. Darin behauptete sie, die Gewerkschaft habe „beschlossen, aus den Verhandlungen auszusteigen. Das ist die Entscheidung der Gewerkschaft, nicht unsere. ... Statt weiter zu verhandeln, hat die SAG-AFTRA uns zu einem Kurs gezwungen, der die finanzielle Belastung für tausende Menschen verschärfen wird, deren Lebensunterhalt von der Branche abhängig ist.“ Das kommt von einer Finanzaristokratie und einer Wirtschaftselite, die ohne zu zögern Tausende von Arbeitsplätzen und ganze Gemeinden zerstört, um ihre Profite zu steigern.
Disney-Vorstandschef Bob Iger beklagte sich am Donnerstagmorgen in einem Interview bitter darüber, die Schauspieler und Autoren hätten „eine Erwartungshaltung... die einfach nicht realistisch ist.“ Iger ist Präsident einer Organisation, die im Jahr 2022 Einnahmen in Höhe von 82 Milliarden Dollar erwirtschaftete, aber dennoch Tausende von Arbeitern entlassen hat. Iger persönlich kassierte im Zeitraum von 2018 bis 2022 insgesamt 209.780.532 Dollar. Am Donnerstag warf der Disney-CEO den Schauspielern und Autoren arrogant vor, sie würden „die Herausforderungen, mit denen dieses Geschäft bereits konfrontiert ist, noch verschärfen“ und seien „ehrlich gesagt, sehr störend.“
Es ist immer „störend“ für den Status quo, wenn die Arbeiter von den Konzernoligarchen etwas fordern, was ihnen rechtmäßig zusteht. Sonst sind es die Oligarchen gewohnt, dass es nach ihnen geht; aber die Dinge ändern sich. Die Arbeiterklasse ist in Bewegung und Igers Missbilligung wird diese Entwicklung nicht aufhalten.
Die Führung der SAG-AFTRA sah sich gezwungen, einen Streik auszurufen, nachdem sie ihn zwei Wochen lang in selbstherrlicher und undemokratischer Weise hinausgezögert hatte, obwohl der Tarifvertrag bereits am 30. Juni ausgelaufen war. Bereits Anfang Juni hatten 98 Prozent der Mitgliedschaft für einen Streik gestimmt. Die Schauspieler leiden unter den Konzernen, die die Einführung von Streamingdiensten und andere Mittel benutzt haben, um ihre Einkommen zu drücken. Künstliche Intelligenz und andere Technologien stellen weitere Bedrohungen für sie dar. Zudem sind die Schauspieler, die ebenfalls von der Inflation betroffen sind, verärgert darüber, wie die Konzerne die Autoren behandeln, die seit mehr als zwei Monaten streiken und allein gegen die Unternehmen kämpfen mussten.
Die Teamsters, die IATSE und andere Gewerkschaften der Unterhaltungsbranche haben versucht, den Streik der Autoren zu isolieren und zu sabotieren. Sie sorgten zuerst dafür, dass die Directors Guild of America einem faulen Kompromiss zustimmte; dann stimmten auch die Vertreter der SAG-AFTRA zu, die allen Anzeichen nach demselben Kurs folgten. Das wurde nur durch eine halbe Revolte der Mitglieder „gestört.“
In einem offenen Brief an die Führung der SAG-AFTRA, der von mehr als 2.000 Schauspielern unterzeichnet wurde, wurde die Gewerkschaft im Grunde vor einem Verrat an ihren Mitgliedern gewarnt. Der Brief räumte ein, dass ein Streik Härten mit sich bringen würde, „aber wir sind bereit zum Streik, wenn es dazu kommt.“ Die Unterzeichner betonten, dies sei nicht die Zeit, „sich in der Mitte zu treffen. ... [Angesichts] der Inflation und dem zunehmenden Streaming brauchen wir eine erdbebenartige Neuorientierung.“ Der Brief forderte nichts Geringeres als einen „bahnbrechenden Deal.“ Er griff die Probleme der „Arbeiterklasse-Schauspieler“ auf.
Diese enorm prinzipienfeste Aktion war Sand im Getriebe der diversen Pläne der Gewerkschaften. Die „störende Kraft“ ist nichts anderes als die Arbeiterklasse, die in ihrem eigenen Interesse handelt und die besten Pläne der Gewerkschaftsbürokraten und milliardenschweren Vorstandschefs gleichermaßen vereitelt.
Die Führung der SAG-AFTRA wurde in ihren Bemühungen, einen Streik zu verhindern, von ihrer eigenen sozialen Gleichgültigkeit und ihrem bürokratischen Kretinismus geschwächt. Eine Videobotschaft von Präsidentin Fran Drescher und dem nationalen geschäftsführenden Direktor und Chefunterhändler, Duncan Crabtree-Ireland, in der sie sich mit den „äußerst produktiven“ Gesprächen mit dem Management brüsteten, war eines der Warnsignale, das zu dem offenen Brief gegen einen drohenden Ausverkauf führte. Auch dass Drescher am Wochenende vor Ablauf der Frist für den neuen Tarifvertrag am 12. Juli bei einer Modenschau in Italien für die Kameras posierte, hat der Glaubwürdigkeit der Gewerkschaft nicht gerade geholfen. Sie wurde praktisch dazu gezwungen, zum Streik aufzurufen.
Am Donnerstag verkörperte Drescher bei einer Pressekonferenz eine neue Rolle und äußerte sich wütend über „Arbeitgeber, [welche] die Wall Street und die Gier zu ihrer Priorität machen und die vergessen, wer die wichtigen Beiträge leistet, um die Maschine am Laufen zu halten. ... Wir sind hier die Opfer. Wir werden zu Opfern eines sehr gierigen Unternehmens. Ich bin schockiert darüber, wie die Leute, mit denen wir geschäftlich zu tun hatten, uns behandeln... Sie stehen in diesem Moment auf der falschen Seite der Geschichte. ... Irgendwann wird das Volk die Tore von Versailles einreißen, und dieser Moment ist jetzt gekommen.“
Zweifellos ist das Verhalten der Unternehmen schockierend, aber das bedeutet nicht, dass sich die SAG-AFTRA-Führung in eine Kampforganisation verwandelt hätte. Wie bereits erwähnt, wurde sie in einen Konflikt hineingezogen, den sie nie gewollt hat und den sie mit allen Mitteln verhindern wollte. Die Gewerkschaftsfunktionäre mögen von den Ereignissen erschüttert sein, aber sie sind politisch noch immer so bankrott wie vor einigen Wochen, als sie behaupteten, alles laufe wie geschmiert.
Jetzt musste die SAG-AFTRA am Donnerstag in einer Botschaft an ihre Mitglieder zugeben, dass die AMPTP „weiterhin nicht gewillt ist, einen fairen Deal in den wichtigen Fragen anzubieten, von denen ihr gesagt habt, dass sie euch wichtig sind.“ Weiter hieß es, in den letzten zehn Jahren „wurden eure Gehälter durch den Aufstieg des Streaming-Ökosystems stark geschmälert. Zudem stellt die künstliche Intelligenz eine existenzielle Gefahr für die kreativen Berufe dar... Trotz des Engagements unseres Teams, uns für euch einzusetzen, will die AMPTP nicht anerkennen, dass die enormen Veränderungen in der Branche und der Wirtschaft negative Folgen für diejenigen hatten, die für die Studios arbeiten.“
Der gemeinsame Streik von Autoren und Schauspielern ist eine mächtige Entwicklung im internationalen Klassenkampf. Die Schauspieler und Autoren nehmen ihren Platz ein an der Seite der Hafenarbeiter in British Columbia, der Hotelbeschäftigten in Los Angeles, Millionen von Demonstranten in Frankreich und Sri Lanka, der Postbeschäftigten in Großbritannien. Zudem hat ein Streik gegen Disney und Seinesgleichen den Charakter einer Kulturrevolte gegen den Würgegriff der Konzerne über die Film- und Fernsehproduktion. Serien wie Succession, The Dropout und Dopesick sollten nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein. Dafür muss die amerikanische Gesellschaft nach sozialistischen Grundsätzen umgestaltet werden. Dies erfordert einen Kampf gegen beide Parteien des Großkapitals und ihr Programm von Armut, Krieg und Autoritarismus.
Die Möglichkeiten für Autoren und Schauspieler, auf breiter Front auf die große Masse der Arbeiterklasse zuzugehen, waren seit Jahrzehnten nicht mehr so günstig. In Amerika kocht die Unzufriedenheit wie in einem Kessel. Die Gewerkschaften tun, was sie können, um die Streikbewegung einzuschränken und zu unterdrücken. Die Autoren und Schauspieler müssen ihre eigenen demokratisch kontrollierten Aktionskomitees aufbauen, das Eisen schmieden solange es heiß ist und unabhängig von den Funktionären der SAG-AFTRA und der WGA handeln, u.a. direkt an die Arbeiter der Teamsters und der IATSE appellieren. Eine Massenmobilisierung und die vollständige Stilllegung der Unterhaltungsbranche ist für die Zehntausenden von Autoren und Schauspielern zum Greifen nahe.