In einem Facebook-Live-Video verkündete der Präsident der Autoarbeitergewerkschaft United Auto Workers (UAW), Shawn Fain, am Freitagmorgen, dass die Beschäftigten in den Montagewerken der drei großen Detroiter Autokonzerne („Big Three“: GM, Ford, Stellantis) ihre Arbeit fortsetzen müssen. Er sorgte damit für Erleichterung an der Wall Street und Frustration unter den Beschäftigten, von denen 97 Prozent für einen Vollstreik gestimmt hatten.
Anstatt an die Belegschaften in den Montage- oder Komponentenwerken richteten sich Fain und die UAW-Bürokratie mit ihren Streikaufrufen nur an die Beschäftigten der Teilevertriebszentren von General Motors und Stellantis. Diese so genannten PDCs befinden sich am äußersten Ende der Auto-Lieferkette und beliefern in erster Linie die Händler mit Ersatzteilen.
Auf die Produktion der Big Three wird der Streik in den PDCs keine Auswirkungen haben. Mit Verweis auf „echte Fortschritte bei Ford“ erklärte Fain zudem, dass es in den PDCs von Ford keine Streiks geben werde. Dies ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass sich die kanadische Gewerkschaftsbürokratie in letzter Minute mit Ford geeinigt hat, um einen Streik jenseits der Nordgrenze der USA zu verhindern. Die Beschäftigten wurden nicht über den Deal informiert und sollen an diesem Wochenende darüber abstimmen.
Nach der Ankündigung von Fain stellte der Nachrichtensender CNBC fest, dass die Big Three und ihre Geldgeber positiv auf die Nachricht reagierten, dass die UAW die Produktion aufrechterhalten würde: „Viele, darunter auch Wall-Street-Analysten, hatten erwartet, dass die Gewerkschaft die Arbeitsniederlegungen auf die Werke für Pickup-Trucks ausweiten würde, die für die Rentabilität der Detroiter Autohersteller von entscheidender Bedeutung sind.“
In seiner Ankündigung, dass die UAW die PDCs von Ford nicht bestreiken werde, gab Fain den Arbeitern keinerlei Hinweis auf das Lohnangebot von Ford. Stattdessen sagte Fain, dass Ford die Gewinnbeteiligung beibehalten und zwei Jahre lang einen „Einkommensschutz“ für jene Beschäftigte bieten werde, die im Zuge der Umstellung auf Elektrofahrzeuge entlassen werden. Damit wird lediglich die Tatsache beschönigt, dass das Unternehmen plant, im Rahmen der Umstellung fast die Hälfte seiner Belegschaft zu entlassen. Ford-Chef Jim Farley sagte Anfang des Jahres: „Wir haben an einigen Stellen eindeutig zu viele Mitarbeiter, daran besteht kein Zweifel.“
Fain behauptete, Ford habe COLA-Klausel („cost of living adjustment“) aus dem Jahr 2009, die das Einkommen an die Inflation anpasst, zugestimmt und würde die Leiharbeiter übernehmen. Doch der Teufel steckt im Detail. Fain gab nicht an, ob die Übernahme von Leiharbeitern nach 90 Tagen nur für die derzeitigen Beschäftigten oder für alle neu eingestellten Mitarbeiter gelten würde. Während des Streiks bei John Deere im Jahr 2021 gab die UAW bekannt, dass sie eine COLA-Klausel durchgesetzt habe, aber die Beschäftigten erfuhren später, dass die Klausel bei weitem nicht ausreichte, um mit der Inflation Schritt zu halten.
Viele Arbeiter reagierten verärgert auf Fains Anordnung, die Montagewerke in Betrieb zu halten, die für alle der Big Three produzieren.
Ein Arbeiter im Ford-Montagewerk in Kansas City sagte der World Socialist Web Site: „Das ist Quatsch. Der Konzern in die UAW arbeiten zusammen.“
Andere Arbeiter kommentierten Fains Facebook-Live-Stream: „Er hat Ford eine weitere Woche verschafft. … Bei Ford herrscht noch immer abstoßende Unternehmener-Gier und der Konzern ist dagegen, dass wir so bezahlt werden, wie wir bezahlt werden sollten ... hmmmmmmm.“ – „Was ist mit den Montagewerken????“ – „Jetzt werden die Montagearbeiter in die Arbeitslosigkeit entlassen.“
Bei seiner Ankündigung ging es Fain vor allem darum, sicherzustellen, dass die Arbeiter ihren Posten nicht verlassen und weiterarbeiten. „Ich weiß, dass mehr von euch zu einem Streik bereit sind“, sagte er und forderte die Beschäftigten auf, „uns weiter aufmerksam zu verfolgen und sich bereit zu machen“.
Fain fuhr fort: „Ich habe auch von Mitgliedern gehört, die die Arbeit weiter durchhalten“, und verbreitete die Lüge, dass die Arbeiter es „durchhalten“, während die UAW-Bürokratie sie zwingt, ohne Vertrag zu arbeiten, damit der Fluss der Profite nicht gestoppt wird und die Unternehmen in der Lage sind, Vorräte ihrer Produkte anzulegen.
Fain sprach darüber hinaus eine freundliche Einladung an US-Präsident Joe Biden aus, die Streikposten zu besuchen. Dies wäre nichts weiter als ein PR-Trick, um Illusionen in die Demokratischen Partei zu schüren, die fest an der Seite der Konzerne steht. Biden und der Kongress griffen im letzten Jahr ein, um einen möglichen Streik bei der Eisenbahn zu verbieten und einen Vertrag mit weitreichenden Angriffen gegen die Arbeitsbedingungen durchzusetzen, den 100.000 Eisenbahner zuvor abgelehnt hatten.
Angesichts dessen, dass die UAW-Bürokratie und die US-Regierung eine Verschwörung bilden, um die Bewegung der Arbeiter zu unterdrücken, ist es dringend notwendig, den Streik gegen die Big Three auszuweiten. Am Mittwoch gab das Netzwerk der Aktionskomitees der Autoarbeiter in den USA eine Erklärung heraus, in der es dazu aufrief, in jedem Ortsverband der Gewerkschaften Dringlichkeitssitzungen aller Mitglieder abzuhalten, um über Resolutionen zu diskutieren und abzustimmen, die einen Vollstreik in der gesamten Autoindustrie fordern.
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