Perspektive

Oberster Gerichtshof von Colorado: Trump wegen Putschversuch nicht zu Vorwahlen zugelassen

Der ehemalige Präsident Donald Trump bei einer Rede auf der Conservative Political Action Conference (CPAC 2023) am 4. März 2023 im National Harbor in Oxon Hill (Maryland). [AP Photo/Alex Brandon]

Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaats Colorado hat am Dienstag entschieden, dass Donald Trump bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl in diesem Bundesstaat nicht erneut kandidieren darf. Als Grund gab der Gerichtshof an, dass der Ex-Präsident am 6. Januar 2021 einen Aufstand angezettelt hat. Das Urteil, das juristisch und verfassungsrechtlich vollkommen gerechtfertigt ist und in einem 133-seitigen Schriftsatz ausführlich dargelegt wird, weist den faschistischen Ex-Präsidenten als Möchtegern-Diktator aus, der einen Mob, bestehend aus tausenden Anhängern, direkt zum Sturm auf das Kapitol angestiftet hat. Trumps Ziel bestand darin, die Bestätigung seiner Wahlniederlage durch den Kongress zu verhindern und sich an der Macht zu halten.

Die Tatsache, dass sich die Regierung Biden und die Demokratische Partei seit inzwischen fast drei Jahren weigern, gegen Trump vorzugehen, tritt durch den schonungslosen Charakter des Urteils umso deutlicher hervor. Wenn sich die Demokraten nun darüber besorgt zeigen, dass Trump erneut an die Macht kommen könnte, so treibt sie dabei nicht die Sorge um das Schicksal der amerikanischen Demokratie. Sie sind vielmehr besorgt um die künftige Entwicklung des Kriegs gegen Russland in der Ukraine und sie trauen Trump nicht, dass er als Lenker der Außenpolitik den Interessen der amerikanischen herrschenden Klasse entsprechen wird.

Alle sieben Richter des Obersten Gerichtshofs von Colorado stimmten darin überein, dass Trump für den Angriff vom 6. Januar 2021 verantwortlich war und dass er seine Anhänger zur Gewalt anstiftete, um trotz Bidens Wahlsieg im Amt zu bleiben. Drei der sieben Richter widersprachen jedoch aus verschiedenen verfahrenstechnischen Gründen der Entscheidung, ihn von der Wahl auszuschließen.

Nach einer ausführlichen Würdigung der Beweislage, die in einem fünftägigen Verfahren vor dem Bezirksgericht ermittelt wurde, sowie umfangreicher Stellungnahmen in Schriftsätzen, die sowohl von der Anklage als auch der Verteidigung eingereicht wurden, schrieb das Gericht:

Wir kommen zu dem Schluss, dass die vorstehenden Beweise, die in der Verhandlung größtenteils unstrittig waren, belegen, dass Präsident Trump an einem Aufstand beteiligt war. Präsident Trumps direkte und ausdrückliche Bemühungen, bei denen er über mehrere Monate hinweg seine Anhänger aufrief, zum Kapitol zu marschieren, um das zu verhindern, was er fälschlicherweise als Betrug am Volk dieses Landes bezeichnete, waren unbestreitbar offenkundig und freiwillig. Darüber hinaus geht aus den Beweisen hinreichend hervor, dass Präsident Trump all diese Handlungen unternahm, um gemeinschaftlich einen rechtswidrigen Zweck zu erreichen, den er selbst ersonnen und in Gang gesetzt hatte: die Bestätigung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen 2020 durch den Kongress zu verhindern und die friedliche Machtübergabe zu unterbinden.

Zum ersten Mal seit dem amerikanischen Bürgerkrieg wurde der Träger eines öffentlichen Amts des Versuchs für schuldig befunden, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen. Und zwar nicht irgendein Amtsträger, sondern der ehemalige Präsident, der den Umfragen zufolge im Rennen um die republikanische Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 souverän in Führung liegt.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass Trumps Verhalten vor und während des 6. Januar ihn gemäß Abschnitt 3 des 14. Zusatzartikels der US-Verfassung von der Präsidentschaft ausschließt. Der Abschnitt legt fest, dass niemand ein öffentliches Amt ausüben darf, der sich an einem Aufstand gegen die Verfassung beteiligt hat. Ursprünglich wurde der Artikel der Verfassung nach dem Bürgerkrieg hinzugefügt, um ehemalige Führer der Konföderation auszuschließen. Das Gericht wies die Behauptungen von Trumps Anwälten zurück, dass seine Aufforderung zum Sturm auf das Kapitol dem Schutz der „freien Meinungsäußerung“ unterliege. Zudem hieß es, er habe die Aktionen des Mobs nicht vorausgesehen, als er sie aufforderte, zum Kapitol zu marschieren und „bis zum Äußersten zu kämpfen … oder ihr werdet kein Land mehr haben“.

Das Gericht des Bundesstaats setzte seine Entscheidung bis zum 5. Januar 2024 aus, dem Stichtag für das Ende der Vorwahlen in dem Bundesstaat, um Trump Zeit zu geben, beim Obersten Gerichtshof der USA Berufung einzulegen. Von den neun Richtern des US Supreme Court wurden drei von Trump ernannt.

Das Urteil hat die politische Krise innerhalb der herrschenden US-Elite verschärft und Forderungen nach Vergeltungsmaßnahmen seitens der Republikaner ausgelöst. Sie machten deutlich, dass es um weit mehr geht als um die faschistische Persönlichkeit Trumps. Der Vizegouverneur von Texas schlug vor, dass sein Bundesstaat Präsident Biden vom Wahlzettel streichen könnte. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa im Vorfeld der republikanischen Vorwahlen im nächsten Monat brachte auch der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, die Möglichkeit ins Spiel, Biden vom Wahlzettel zu streichen.

Das Potenzial für eine Spaltung der Bundesstaaten über die Frage der Gültigkeit der Wahl war bereits gegeben, da 19 von den Republikanern kontrollierte Staaten, hauptsächlich im Süden und in den ländlichen Great Plains, Schriftsätze (amicus curiae briefs) beim Gericht in Colorado eingereicht haben, die Trump unterstützen. Inzwischen sind in 16 Staaten, von denen die meisten 2020 von Biden gewonnen wurden, Klagen anhängig, die wie in Colorado darauf abzielen, Trump von den Präsidentschaftswahlen auszuschließen.

Die potenzielle Spaltung der Bundesstaaten bei einer so grundlegenden Frage wie der, welcher Kandidat auf dem Stimmzettel zugelassen wird, lässt vermuten, dass das Ergebnis der Wahl 2024 in großen Teilen des Landes nicht nur als politisch unerwünscht, sondern auch als illegal und verfassungswidrig abgelehnt werden könnte. Die Frage, ob die Vereinigten Staaten womöglich auseinanderbrechen, stellt sich direkt.

In dem Konflikt innerhalb des Staatsapparats stehen einander nicht eine „liberale“ demokratischen Tendenz und Trump gegenüber. Es handelt sich vielmehr um einen Kampf zwischen zwei extrem reaktionären politischen Fraktionen der herrschenden Klasse.

Die Demokratische Partei hat Trumps politische Wiederbelebung nach dem Scheitern des Putschs vom 6. Januar und seinen anschließenden Aufstieg zum Spitzenkandidaten für die republikanische Präsidentschaftskandidatur direkt gefördert. Drei Jahre lang hat die Demokratische Partei die Bedeutung der Ereignisse vom 6. Januar geleugnet. Darüber hinaus behauptete sie, die wichtigste Lehre aus diesen Ereignissen bestehe darin, dass die Institutionen der amerikanischen Regierung „standgehalten“ hätten, und nicht, dass die Vereinigten Staaten der Durchsetzung autoritärer Herrschaftsformen durch einen diktatorischen Präsidenten gefährlich nahe gekommen sind.

Seit Beginn seiner Präsidentschaft hat Biden zu einem seiner zentralen Ziele erklärt, eine „starke republikanische Partei“ zu erhalten, und er hat sich stets um parteiübergreifende Zusammenarbeit und die Stärkung des Zweiparteiensystems bemüht, das einer Zwangsjacke gleicht, mit der die Konzerne die amerikanische Politik beherrschen.

Aktuell verhandelt die Regierung Biden mit den Republikanern über eine weitere Verschärfung der Unterdrückung von Migranten als Gegenleistung dafür, dass die Republikaner der jüngsten Finanzierungsrunde für den Krieg in der Ukraine zugestimmt haben. Gleichzeitig bemühen sich beide Parteien gemeinsam, den massenhaften Widerstand der Bevölkerung zu kriminalisieren, der sich gegen den von den USA unterstützten militärischen Angriff Israels auf die Bevölkerung des Gazastreifens richtet.

Die Reaktion der Demokraten enthält ein Element der Verzweiflung. Sie sehen keine andere Möglichkeit, Trump im Jahr 2024 zu besiegen, als ihn ganz von der Wahl fernzuhalten. Sie sind verblüfft über die tiefe Feindseligkeit gegenüber der Biden-Regierung, mit der die arbeitende Bevölkerung auf deren Programm – Sparmaßnahmen und Lohnkürzungen im Inland und enorme Ausgaben für Kriege im Ausland – reagiert.

Die Washington Post veröffentlichte kürzlich einen Artikel unter der Überschrift „Biden wegen schlechter Umfragewerte offenbar zunehmend frustriert“. Der Präsident ist nicht nur wegen seiner schlechten Wahlergebnisse besorgt, sondern auch wegen der weit verbreiteten Ablehnung der zentralen Politik seiner Regierung – der Ausweitung und Intensivierung der US-Intervention in der Ukraine, die nun durch die Unterstützung des israelischen Völkermords im Gazastreifen ergänzt wird. Er ist offenbar verwundert, dass die amerikanische Bevölkerung seine Begeisterung für den Weltkrieg nicht teilt.

Demokratische Rechte können nicht durch die Gerichte oder im Rahmen des verrotteten Zweiparteiensystems verteidigt werden. Die gesamte verfassungsmäßige Ordnung der Vereinigten Staaten bricht zusammen, da die Parteien, die sich im erbitterten Kampf innerhalb der herrschenden US-Elite als Rivalen gegenüberstehen, die Spielregeln nicht mehr akzeptieren.

Die treibende Kraft hinter der politischen Krise in Amerika ist das kolossale Anwachsen der sozialen Ungleichheit, der Polarisierung der Gesellschaft mit einer winzigen Minderheit von superreichen Spekulanten und Konzernbossen an der Spitze und der großen Mehrheit der arbeitenden Menschen, die täglich ums Überleben kämpft, auf der anderen Seite. Die beiden von den Konzernen kontrollierten Parteien – Republikaner und Demokraten – sind Werkzeuge dieser Finanzoligarchie und stehen für gegensätzliche Methoden zur Verteidigung ihrer Klassenherrschaft unter den Bedingungen eines umfassenden Aufschwungs der Arbeiterklasse, sowohl in den Vereinigten Staaten als auch international.

Die Aufgabe, demokratische Rechte zu verteidigen und den imperialistischen Krieg zu beenden, fällt der Arbeiterklasse zu, sowohl in den Vereinigten Staaten als auch weltweit. Auf dieser politischen Grundlage müssen alle Kämpfe der Arbeiter im kommenden Jahr beruhen. Die aufstrebende Bewegung der Arbeiterklasse hat begonnen, ihre Macht – zumindest in embryonaler Form – zu zeigen. Diese kam in der Welle von Streiks in den letzten zwei Jahren und jetzt in den Massenprotesten gegen den Gazakrieg zum Ausdruck.

Diese Bewegung muss mit einem sozialistischen und revolutionären Programm und einer klaren Perspektive darüber ausgestattet werden, dass die Bewegung der Arbeiterklasse von allen kapitalistischen Parteien und ihren Apologeten vollkommen unabhängig sein muss. Um für dieses Programm und diese Perspektive zu kämpfen, sollten arbeitende Menschen der Socialist Equality Party beitreten und sie aufbauen.

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