Krieg und Klassenkrieg: Die Verteidigung der Arbeitsplätze erfordert eine sozialistische Strategie

In der deutschen Industrie werden hunderttausende, teils hochqualifizierte Arbeitsplätze abgebaut, insbesondere in der Auto- und Zulieferindustrie. Aber auch die Chemie-, die Stahl-, die Bau-, die Haushaltsgeräte- und die Softwareindustrie sowie der Einzelhandel und der Gesundheitsbereich sind betroffen. (Siehe: Arbeitsplatzmassaker in der deutschen Industrie)

Demonstration der Ford-Arbeiter nach Verkündung der Schließung des Werks in Saarlouis, 22. Juni 2022

Als Gründe für den massenhaften Arbeitsplatzabbau nennen Konzerne und Gewerkschaften, die beim Abbau eng zusammenarbeiten, den technologischen Wandel, insbesondere den Übergang zur Elektromobilität und die Einführung Künstlicher Intelligenz, hohe Zinsen und Kapitalkosten, steigende Energiepreise sowie den wachsenden internationalen Wettbewerbsdruck.

Doch das sind nur die äußeren Formen, in denen sich ein grundlegenderer gesellschaftlicher Prozess vollzieht. Der Angriff auf Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen und Löhne ist Bestandteil eines eskalierenden Klassenkriegs, der untrennbar mit der Rückkehr zu Krieg und Militarismus in der Außenpolitik verbunden ist.

Der technologische Fortschritt könnte dazu dienen, die Arbeit zu erleichtern und die Lebensbedingungen aller Menschen zu verbessern. Stattdessen wird er benutzt, um die Profite zu steigern und die Ausbeutung zu verschärfen.

Es ist bezeichnend, dass der Deutsche Aktienindex DAX in den letzten zwei Wochen, während eine Hiobsbotschaft die andere jagte, von Rekordstand zu Rekordstand kletterte. Am 1. März erreichte er 17.735 Punkten, das sind viereinhalbmal so viele wie auf dem Tiefpunkt der Finanzkrise 2009 und zwölfmal so viele wie bei der deutschen Vereinigung 1990.

Über lange Zeit wurde diese Bereicherungsorgie durch niedrige Zinsen, das Aufblähen der Geldmenge durch die Notenbanken und hunderte Milliarden öffentliche Gelder finanziert, die für die Rettung von Banken, Coronahilfen und Ähnliches ausgegeben wurden. Doch inzwischen haben die Notenbanken und Regierungen die Notbremse gezogen und verlangen, dass diese gewaltigen Summen aus der Arbeiterklasse herausgepresst werden.

Das steht hinter der massiven Anhebung der Leitzinsen und dem Beharren auf der Einhaltung der Schuldenbremse. Vordergründig bringt dies einige spekulative Luftschlösser, wie den Immobilienkonzern Signa, ins Wanken. Doch der eigentliche Zweck besteht darin, den Druck zur Senkung der Löhne, zur Steigerung der Arbeitshetze und zur Kürzung der Sozialausgaben zu erhöhen. Zwanzig Jahre nach der Agenda 2010 der Regierung Schröder-Fischer, die einen riesigen Niedriglohnsektor schuf, werden nun auch besserverdienende Arbeiter ins Visier genommen.

Diese Entwicklung ist nicht auf Deutschland beschränkt. Sie findet auch in den USA, ganz Europa und allen anderen fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern statt. Globale Konzerne, die Produktionsstätten in Dutzenden Ländern unterhalten – wie Bosch, Volkswagen und Bayer, oder Stellantis, General Motors, Tesla, Google und Amazon –, durchforsten den Globus unermüdlich nach den niedrigsten Löhnen und besten Profitmöglichkeiten.

Derselbe Prozess steht hinter der Eskalation von Krieg und Militarismus. Im Hunger nach Profit hat das Kapital den hintersten Winkel der Welt durchdrungen. Es kann nur noch auf Kosten seiner Rivalen expandieren. An die Stelle von „freiem Handel und Wettbewerb“ tritt die gewaltsame Neuaufteilung der Welt. Der Kampf um Rohstoffe, Absatzmärkte und Ausbeutungsmöglichkeiten wird derart erbittert geführt, dass er nur noch militärisch entschieden werden kann.

Das ist die Bedeutung der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Noch nie stand die Welt so nah an einem dritten Weltkrieg.

Nachdem der Versuch, Russland, bzw. die Sowjetunion zu unterwerfen, im Ersten Weltkrieg an der Oktoberrevolution und im Zweiten am Widerstand der Roten Armee gescheitert war, versuchen es Deutschland und die Nato nun ein drittes Mal. Sie bestehen darauf, dass der Ukrainekrieg nicht enden darf, bevor Russland militärisch besiegt ist und sie Zugriff auf seine gewaltigen Landflächen und Rohstoffe haben.

Ähnlich verhält es sich mit dem Genozid an den Palästinensern. Seit über 30 Jahren bemühen sich die USA und ihre Verbündeten, den Nahen Osten wieder gewaltsam ihrer Herrschaft zu unterwerfen. Doch die Kriege in Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen endeten im Debakel. Nun unternehmen sie einen neuen Anlauf, dessen wichtigstes Ziel der Iran ist. Deshalb ermutigen sie das rechtsextreme Netanyahu-Regime, den palästinensischen Widerstand auszulöschen und die ganze Region in Flammen zu setzen.

Das langfristige Ziel beider Kriege ist die Einkreisung Chinas, dessen Aufstieg zum ökonomischen Rivalen mit allen Mitteln gestoppt werden soll. In Militärkreisen wird längst nicht mehr darüber diskutiert, ob es zum Krieg mit der Atommacht China kommt, sondern nur noch wann.

Krieg und Klassenkrieg sind untrennbar miteinander verbunden. Dieselbe Krise der Kapitalakkumulation, die die Großmächte in imperialistische Kriege treibt, zwingt sie auch zu immer schärferen Angriffen auf die Arbeiterklasse. Bereits der massive Anstieg der Energiepreise, ein Grund für die Entlassungen in der Stahlindustrie, im Chemiebereich und in anderen energieintensiven Branchen, ist eine Folge der Sanktionen gegen Russland, den seit fünf Jahrzehnten wichtigsten Energielieferanten Deutschlands.

Hinzu kommen die gewaltigen Kosten der Aufrüstung, die ebenfalls auf die Arbeiterklasse abgewälzt werden. Kaum hat Deutschland das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht, ist von einer Verdoppelung auf vier Prozent die Rede. Das wären zusätzliche 85 Milliarden Euro im Jahr, die für Sozialausgaben fehlen. Zudem wächst der Bedarf an Soldaten.

Inzwischen verlangen Politiker und Militärs offen den Übergang zur „Kriegswirtschaft“. Die deutsche Geschichte zeigt, was das bedeutet: Ausbeutung in kaum vorstellbarem Ausmaß.

Hitler begann mit der Zerschlagung der Arbeiterbewegung und der Einführung von Zwangsarbeit für „Asoziale“. Im Krieg stützte sich dann praktisch die gesamte Industrieproduktion auf Zwangsarbeit. Während deutsche Arbeiter in Uniformen gesteckt und an der Front verheizt wurden, arbeiteten über 13 Millionen Zwangsarbeiter im Deutschen Reich und weitere 13 Millionen in den besetzten und kontrollierten Gebieten für die deutsche „Kriegswirtschaft“. Sie mussten sich buchstäblich zu Tode schuften.

Gewerkschaften unterstützen Krieg und Arbeitsplatzabbau

Die wichtigste Stütze der Konzerne und Banken beim Angriff auf Arbeitsplätze und Löhne sind die Gewerkschaften. Sie stehen bedingungslos hinter der Kriegspolitik der herrschenden Klasse und unterstützen den Nato-Krieg gegen Russland sowie den Genozid in Gaza. Gleichzeitig planen sie gemeinsam mit den Konzernen den Lohn- und Arbeitsplatzabbau und ersticken jeden Widerstand dagegen.

Die IG Metall, die größte Industriegewerkschaft der Welt, treibt die Aufrüstung aktiv voran. Anfang Februar forderte sie in einem gemeinsamen Positionspapier mit der Waffenlobby eine Steigerung der deutschen Rüstungsproduktion.

„Die eigenen Verteidigungsfähigkeiten in den Dimensionen Land, Luft und See müssen weiterentwickelt, gegebenenfalls neue aufgebaut werden, um die Leistungsfähigkeit der Industrie zu sichern und ihre Möglichkeiten zur Entwicklung und Produktion zu steigern,“ heißt es in dem Papier, das von der IG Metall, dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) und dem Wirtschaftsforum der SPD unterzeichnet wurde.

Die gutbezahlten Funktionäre in den Gewerkschaftshäusern betrachten das wirtschaftliche Geschehen vom selben Standpunkt wie die Manager in den Vorständen und die Spekulanten an den Börsen. Sie ordnen die Bedürfnisse der Arbeiter und der Gesellschaft als ganzer den Profitinteressen der Konzerne unter. Standorte und Arbeitsplätze können nach ihrer Logik nur erhalten werden, wenn sie „wettbewerbsfähiger“ sind als die ihrer Konkurrenten – d.h. in einem darwinistischen Kampf aller gegen alle, in einem gnadenlosen Wettlauf, Löhne und Arbeitsbedingungen zu senken.

Sie stellen sich der „Transformation“ nicht entgegen, sondern organisieren sie selbst und werfen den Konzernen vor, nicht schnell genug vorzugehen. Bereits vor vier Jahren haben die IG Metall und ihre Betriebsräte sogenannte Transformationsatlanten erstellt, um die Konzerne anzutreiben.

„Der Transformationsprozess ist in vollem Gange und die IG Metall hat sich dem nie in den Weg gestellt“, erklärt Jörg Köhlinger, Leiter des IG-Metall-Bezirks Mitte. Barbara Resch, die den IG Metall-Bezirk Baden-Württemberg leitet, wirft der Metallbranche vor, sie habe „bei manchen Dingen“ zu spät reagiert.

Köhlinger und Resch wissen, wovon sie sprechen. Zu Köhlingers Bezirk gehört das Saarland, wo die IG Metall die Stilllegung des Ford-Werks Saarlouis mit 6000 Arbeitsplätzen mitorganisiert hat. Auch die 11.000 Arbeitsplätze beim Autozulieferer ZF in Saarbrücken sind akut bedroht. Laut Köhlinger beabsichtigen 30 bis 40 Prozent der Unternehmen in seinem Bezirk, Arbeitsplätze zu verlagern.

In Baden-Württemberg ist die Lage noch dramatischer. Von den 214.000 Arbeitsplätzen in der Auto- und Zulieferindustrie sind einer Studie zufolge 36.000 akut bedroht. Die IG Metall und ihr Heer von Betriebsräten und Vertrauensleuten tun alles, um zu verhindern, dass sich der Widerstand dagegen zu einem Flächenbrand entwickelt.

Wie können die Arbeitsplätze verteidigt werden?

Der Angriff auf Arbeitsplätze und Löhne stößt auf breiten Widerstand, der weiter wachsen wird. Dasselbe gilt für die Kriegspolitik der Regierung, die trotz pausenloser Propaganda von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird. Doch dieser Widerstand erfordert eine klare Perspektive.

  • Die Verteidigung der Arbeitsplätze darf nicht den Gewerkschaften und ihren Betriebsräten überlassen werden. Sie sind bezahlte Handlanger der Konzerne. Es müssen unabhängige Aktionskomitees aufgebaut werden, die die Kämpfe in verschiedenen Fabriken, Branchen und Ländern leiten und koordinieren. Bei der Bahn, bei Ford und bei der Post wurden bereits solche Komitees gegründet. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC) koordiniert diese Arbeit international.
  • Die Verteidigung der Arbeitsplätze und der Kampf gegen Krieg erfordern eine sozialistische Strategie. Die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung und der ganzen Gesellschaft haben Vorrang vor den Profitinteressen der Konzerne und Banken. Deren Diktatur muss gebrochen und sie müssen in öffentliches Eigentum überführt werden.
  • Der nationalistischen Politik der Gewerkschaften, die einen Standort gegen den anderen ausspielen und die Kriegspolitik der Regierungen unterstützen, muss die internationale Einheit der Arbeiterklasse, unabhängig von Nationalität, Herkunft und Hautfarbe, entgegengesetzt werden.

Arbeiterinnen und Arbeiter, die sich dieser Perspektive anschließen wollen, laden wir ein: Nehmt noch heute Kontakt mit uns auf. Schreibt eine Whatsapp-Nachricht an die Mobilnummer +491633378340 oder registriert euch über das untenstehende Formular.

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