Berichten zufolge hat die Ukraine am Mittwoch erstmals britische Storm Shadow-Raketen für Angriffe auf russisches Territorium eingesetzt. Erst 24 Stunden zuvor hatte US-Präsident Joe Biden der Ukraine erlaubt, von den USA gelieferte ATACMS-Raketen für einen Angriff auf eine Militärbasis in Brjansk zu benutzen, die 170 Kilometer hinter der russischen Grenze liegt. Der Vorfall festigt die Rolle Großbritanniens als wichtigster Verbündeter Washingtons bei allen Aggressionen gegen Russland.
Laut dem Guardian, der zur Eskalation des Konflikts mit Russland aufgerufen hatte, wurde aus den „unbestätigten Bildern, die über den Kurznachrichtendienst Telegram verbreitet wurden und offenbar Teile der Rakete in der Region Kursk zeigen“, nicht unmittelbar deutlich, was das Ziel der Storm Shadow war. Russland meldete keine Toten.
Die britische Labour-Regierung und die Regierung der Ukraine haben sich nicht offiziell geäußert und bezeichnen den Einsatz der Raketen als „operative Angelegenheit“. Allerdings hatte Premierminister Sir Keir Starmer bei einer Pressekonferenz am Rande des G20-Gipfels am 18. November grünes Licht für den Einsatz gegeben.
Bidens kündigte an, das weitere Engagement für die Ukraine unter der künftigen Regierung von Donald Trump ab dem 6. Januar sicherzustellen. Dabei berief er sich auf ein Aufgebot von 5.000 nordkoreanischen Soldaten in der Region Kursk. Weder Großbritannien noch die Ukraine können Storm Shadow-Raketen benutzen, wenn die USA nicht die Technologie und Daten zur Verfügung stellen, um sie zu steuern. Bei dem Dutzend Scalp-Raketen, die Frankreich zur Verfügung gestellt hat, oder den noch immer zurückgehaltenen deutschen Taurus-Raketen ist dies nicht notwendig.
Labour-Regierungschef Starmer hatte die USA im September bei einem Staatsbesuch um die Erlaubnis gebeten, wurde aber auf die Zeit nach der Präsidentschaftswahl vertröstet. Nachdem Biden die Erlaubnis erteilt hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis britische Langstreckenraketen zum Einsatz kommen würden.
Im Wahlkampf hatte Starmer die Labour Party als „Partei der Nato“ und blutrünstigsten Gegner Russlands dargestellt. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte gewarnt, der Einsatz von amerikanischen und britischen Raketen gegen Ziele im Inneren Russlands komme einer direkten Kriegsbeteiligung der Nato gleich, und hat die russische Nukleardoktrin entsprechend geändert. Dies bezeichnete Starmer als „verantwortungslose Rhetorik“, die nichts an Großbritanniens Unterstützung für die Ukraine ändern werde.
Trotz der Warnungen Russlands, das Vorgehen der Nato könne zum Dritten Weltkrieg führen, erklärte Starmer am Dienstag, Großbritannien werde „sicherstellen, dass die Ukraine bekommt, was sie braucht, solange sie es braucht ... Russlands verantwortungslose Rhetorik wird uns nicht von unserer Unterstützung für die Ukraine abbringen.“ Starmer predigte weiter, man habe bereits „1.000 Tage lang Opfer gebracht. Am 1000. Tag von Russlands völkerrechtswidrigem Krieg in der Ukraine sage ich erneut: Beenden Sie den Krieg. Verschwinden Sie aus der Ukraine... In diesem Moment, in dem sich globale Herausforderungen auf uns zu Hause auswirken, bin ich der Ansicht, dass es auf die britische Führung ankommt.“
Ein Sprecher der Downing Street bezeichnete Putins Ankündigung als „das jüngste Beispiel für die Verantwortungslosigkeit, die wir von der verkommenen russischen Regierung gewohnt sind“.
Am gleichen Tag verkündete der britische Außenminister David Lammy bei den Vereinten Nationen „neue Sanktionen für Iran Air und die Schifffahrtslinien der Islamischen Republik“ als „direkte Reaktion auf die iranischen Lieferungen von Raketen an Russland“ sowie „einen neuen, von Gewinnen aus sanktionierten russischen Vermögen gedeckten Kredit als Teil des 50 Milliarden Dollar schweren Hilfspakets der G7-Staaten. Dazu eine Verpflichtung von 3 Milliarden Dollar Militärhilfe, so lange es notwendig ist... wir wissen, dass Putin nur auf Stärke reagiert.“
Verteidigungsminister John Healy erklärte im Parlament: „Unser Eintreten für die ukrainische Bevölkerung ist absolut. Wir sind mit verstärkter militärischer Unterstützung eingesprungen, haben unsere Lieferungen ausgeweitet, und jetzt geben wir als Land mehr für Militärhilfe aus als je zuvor.“
Er prahlte: „Großbritannien stand seit dem ersten Tag von Putins völkerrechtswidrigem Überfall an der Seite unserer ukrainischen Verbündeten, hat internationale Unterstützung organisiert, 50.000 Rekruten ausgebildet und Waffen, Drohnen und andere wichtige militärische Ausrüstung geliefert.“
Einen Tag später bestätigte das Verteidigungsministerium, dass Großbritannien neue Angriffs- und Überwachungsdrohnen im Wert von 7,5 Millionen Pfund liefern wird. Dazu kommen weitere Beiträge im Wert von 16 Millionen Pfund von anderen Verbündeten, darunter 10 Millionen aus Deutschland, womit die Gesamtsumme auf 67 Millionen Pfund (mehr als 80 Millionen Euro) ansteigt, von denen Großbritannien 15 Millionen Pfund stellt.
Am 19. November besuchte der Unterstaatssekretär für die Streitkräfte Luke Pollard eine britische Ausbildungseinrichtung für ukrainische Truppen und erklärte vor der Presse, Putin habe „seit Beginn des Krieges Drohungen ausgesprochen... um uns von unserer Unterstützung der Ukraine abzubringen und unsere Bereitschaft zu schwächen, und wir reagieren darauf mit starker Entschlossenheit.“ Am gleichen Tag erklärte Starmer in einem Telefonat mit Selenskyj seine Absicht, Großbritanniens Unterstützung für die Ukraine zu „verdoppeln“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Zeitgleich mit den Berichten über den ersten Einsatz von Storm Shadows auf russischem Staatsgebiet ließ sich der britische Militärberater Nicholas Aucott bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) über die schweren Verluste für das russische Militär und die Wirtschaft aus. Er sprach von durchschnittlich 1.350 Todesopfern pro Tag im Oktober, was er als „Rekordstand“ bezeichnete, und betonte, die Beendigung des Krieges könne nur bedeuten, dass Putin „alle seine Truppen aus dem international anerkannten souveränen Gebiet der Ukraine zurückzieht“.
Genau wie die anderen europäischen Mächte ist Großbritannien unsicher, in welchem Ausmaß die USA unter Trump ihre Militärhilfe für die Ukraine fortsetzen werden und wie ernst man Trumps Erklärung nehmen muss, den Ukrainekrieg schnell zu beenden. Es wird spekuliert, dass Trump nicht nur über Bidens Schritt informiert war, sondern ihm auch zugestimmt hat, weil er aus einer Position der Stärke heraus an die Macht kommen und Zugeständnisse von Putin fordern will.
Doch unabhängig davon, welche Diskussionen über solche taktischen Erwägungen geführt werden, besteht die wesentliche Reaktion der europäischen Großmächte – einschließlich Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens – in der Verschärfung ihrer eigenen militärischen Aggression gegen Russland und in Überlegungen, wie dieser Krieg unter die Regie der europäischen Mächte zu bringen ist.
Der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell erklärte dazu: „Ich habe immer wieder gesagt, dass die Ukrainer in der Lage sein sollten, die Waffen, die wir ihnen liefern, nicht nur zur Abwehr der Pfeile zu benutzen, sondern auch um die Bogenschützen zu treffen.“ Der politische Kurswechsel in den USA hat zu endlosen Diskussionen geführt – nicht nur über den Einsatz von Langstreckenraketen, sondern auch über höhere Militärausgaben und sogar die Stationierung europäischer Truppen in der Ukraine.
Das Vereinigte Königreich ist nach wie vor die bei weitem aggressivste antirussische Macht in Europa und beharrt auf seiner Verpflichtung zum Krieg, unabhängig davon, welche Position die USA einnehmen werden. Doch Starmers Regierung aus Kriegsverbrechern und Unterstützern des Völkermords in Gaza hofft eindeutig darauf, Trump davon zu überzeugen, den Krieg gegen Russland fortzusetzen. Lammy berichtete der Tory-Schattenaußenministerin Priti Patel, er und Starmer hätten am 26. September bei einem Abendessen mit Trump in New York „über die Ukraine diskutiert“, und Trump sei an diesen wichtigen Fragen sehr interessiert gewesen.
Er fuhr fort: „Freunde in der Republikanischen Partei, die ich seit vielen Jahren kenne, haben eine tiefe weltanschauliche Überzeugung, die auf Menschen wie [die ehemalige US-Außenministerin] Condoleezza Rice zurückgeht. Donald Trump teilt eine gewisse Kontinuität mit der Position ‚Frieden durch Stärke‘. Was ich über Donald Trump weiß, ist, dass er keine Verlierer mag und dass er nicht verlieren will. Er will den richtigen Deal für das amerikanische Volk. Und er weiß, dass der richtige Deal für das amerikanische Volk Frieden in Europa ist, und das bedeutet nachhaltigen Frieden – nicht, dass Russland seine Ziele erreicht und in ein paar Jahren noch mehr will.“
Auf die Frage der verteidigungspolitischen Sprecherin der Liberaldemokraten Helen Maguire, ob das „Nachlassen“ der USA bedeute, dass „es an Großbritannien liegen wird, Europa zu führen“, antwortete er: „Heute Morgen habe ich bei einem Treffen der Außenminister Frankreichs, Deutschlands, Polens, Italiens und Spaniens gesprochen und festgestellt, dass es keine Anzeichen für ein Nachlassen unserer Unterstützung für die Ukraine gibt. Wenn überhaupt, gab es Rückhalt für eine Verstärkung dieser Unterstützung, Entschlossenheit dafür zu sorgen, dass die Ukraine im Jahr 2025 in der stärkst möglichen Position sein wird, und Bestrebungen für eine noch bessere Koordination in den kommenden Monaten.“
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