Am gestrigen Montag rief die IG Metall zu Warnstreiks in fast allen VW-Werken auf. Der erste Streik begann morgens in Zwickau und danach gab es zweistündige Warnstreiks in Wolfsburg, Hannover, Emden, Braunschweig und Chemnitz. Später legten die Belegschaften auch in anderen Werken die Produktion kurzzeitig still. Die von der IG Metall als „Nadelstich-Warnstreiks“ bezeichneten kurzen Arbeitsunterbrechungen wurden in einigen Werken von jeder Schicht wiederholt.
Auf einer Kundgebung in Wolfsburg machte die IGM-Betriebsratschefin Daniela Cavallo klar, dass es der Gewerkschaft und dem Betriebsrat nur darum ging, die Wut der Belegschaft abzukühlen, und nicht darum, den Kampf gegen die Konzernleitung aufzunehmen. Nach Ablauf der Friedenspflicht benutze man nun die Möglichkeit für Warnstreiks, „um Dampf abzulassen“, rief sie. Am vorigen Donnerstag war die dritte Tarifrunde bei VW ohne Ergebnis zu Ende gegangen.
Die abgedroschenen Phrasen von Cavallo, „dass wir jetzt kämpfen und Zähne zeigen“, klangen völlig hohl und pathetisch. Ihre Hauptforderung lautete, dass nicht nur die Arbeiterinnen und Arbeiter, „sondern alle“ Opfer bringen müssen.
„Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten – auch der Vorstand und die Aktionäre“, las sie aus ihrem Redemanuskript vor. „Volkswagen war in jüngster Zeit eine Riesen-Gewinnmaschine.“ Jetzt, wo diese stottere, müssten die Eignerfamilien ihren Beitrag leisten. Sie kritisierte die Dividendenausschüttungen und die Boni der Vorstände – denen die IG Metall-Funktionäre und die sozialdemokratischen Vertreter der Landessregierung, die im Aufsichtsrat über die Mehrheit verfügen, zugestimmt haben!
Wenn Cavallo und die anderen Betriebsratsfürsten glauben, sie könnten mit ein paar abgedroschen Phrasen und beschränkten Protesten die Situation unter Kontrolle halten, täuschen sie sich gewaltig.
Der Schock über die angekündigten Massenentlassungen, Lohnsenkung und Werkschließungen sitzt tief, und die wirkliche Rolle der IG Metall als Co-Manager, die die Vorgaben des Vorstands und der Eigentümerfamilien durchsetzen, wird immer offensichtlicher.
Es ist keine zwei Wochen her, da haben IG Metall und Betriebsrat dem VW-Vorstand Einsparungen bei den Löhnen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angeboten. Dieses weitreichende Angebot, das der BR in unverschämter Weise als von der Belegschaft gebilligtes Zugeständnis präsentierte, wurde vom VW-Vorstand begrüßt, aber als unzureichend abgelehnt. Werksstillegungen seien damit nicht vom Tisch.
Gestern forderte Cavallo, der VW-Vorstand müsse gezwungen werden, das „Angebot“ des Betriebsrats anzunehmen. Mit anderen Worten: Während viele Beschäftigte gegen den Generalangriff auf Löhne und Arbeitsplätze kämpfen wollen, nutzt die IG Metall die Warnstreiks, um ihrem Angebot von schlechteren Löhnen und Arbeitsbedingungen Nachdruck zu verleihen.
Die IG Metall schlägt vor, dass die 120.000 VW-Beschäftigten in den nächsten 25 Monaten keinen Cent zusätzlichen Lohn erhalten und auf die ihnen zustehenden Boni verzichten. Bei Absatzflauten sollen sie kürzer arbeiten, ohne dass das Einkommen noch weiter gesenkt wird. Denn die Differenz soll aus einem „Zukunftsfonds“ bezahlt werden, den die Arbeiter selbst finanzieren. Die IG Metall will nämlich eine nominelle Lohnerhöhung in Höhe des miserablen Tarifabschlusses der Metall- und Elektroindustrie vereinbaren, die aber nicht ausbezahlt wird, sondern in den Zukunftsfonds fließt.
Es wird immer klarer, dass die VW-Beschäftigten – wie die Arbeiter in allen anderen Betrieben – keinen ernsthaften Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze und Löhne führen können, ohne die gewerkschaftliche Zwangsjacke zu durchbrechen.
Die gestrigen Warnstreiks, die für wenige Sunden die gesamte Produktion zum Stillstand brachten, lassen erahnen, welche wirtschaftliche und soziale Kraft die Autoarbeiter haben. Ein umfassender, unbefristeter Streik aller 120.000 VW-Arbeiter wäre ein erster wichtiger Schritt, um die Kahlschlagpläne der Unternehmensleitung zurückzuschlagen.
Auch die Unterstützung, die ein solcher Kampf von anderen Arbeitern und dem Großteil der Bevölkerung bekommen würde, war gestern sichtbar.
In Hannover zogen 5000 Streikende durch die niedersächsische Landeshauptstadt. Es ertönten Rufe wie „Vorstand muss raus“. Bewohner klatschten Beifall, weil sie sehr genau wissen, dass der angedrohte Arbeitsplatzabbau die ganze Stadt trifft. Das VW-Werk in Hannover wurde 1956 als zweite deutsche Produktionsstätte des Konzerns errichtet. Gegenwärtig werden dort der Multivan und der 2022 eingeführte vollelektrische ID.Buzz produziert.
Am Standort arbeiten ca. 14.700 Menschen. Seit 2020 wurden kontinuierlich Stellen abgebaut, hauptsächlich durch Nichtbesetzung von freiwerdenden Stellen. 3000 Arbeitsplätze sind seither vernichtet worden, weitere 2000 sollen bis 2029 folgen. Aber seit der Ankündigung des Vorstands, drei Werke ganz zu schließen und auch bei alle anderen die Axt anzusetzen, rechnen viele mit dem Schlimmsten.
Auch im zweitgrößten VW-Werk in Kassel-Baunatal kam die Produktion zeitweise durch die Warnstreiks zum Erliegen. Auch dort ist die Angst vor den Auswirkungen von Massenentlassungen und drohender Werkschließung allgegenwärtig.
Das Sparprogramm, für das die Arbeiterinnen und Arbeiter von VW mit ihren Arbeitsplätzen und Einkommen bezahlen sollen, muss im Zusammenhang mit der rapiden Verschärfung der internationalen Krise des kapitalistischen Systems gesehen werden. Es ist eine Folge des erbitterten globalen Kampfs um Marktanteile und Profite, der auf dem Rücken der internationalen Arbeiterklasse ausgetragen wird und immer offener in Handelskrieg und Krieg mündet.
Volkswagen verliert vor allem in China rasch an Marktanteilen, wo es bis vor kurzem noch jedes dritte Auto verkaufte. Im vergangenen Frühjahr verlor Volkswagen seine Rolle als Marktführer in China an den chinesischen E-Auto-Hersteller BYD. Inzwischen verkauft BYD in China mehr Autos als sämtliche VW-Marken – Volkswagen, Audi, Porsche, Skoda, Jetta und Sehol – zusammen.
Der Angriff auf Arbeitsplätze und Löhne kann nur abgewehrt werden, wenn sich die Arbeiter international zusammenschließen und ihre sozialen Rechte über die Profitansprüche der Konzerne stellen. Das erfordert einen Bruch mit den Gewerkschaften und ihren Betriebsräten, die sowohl im internationalen Handelskrieg wie bei den Angriffen auf die Arbeiter auf der Seite „ihrer“ jeweiligen nationalen Konzerne stehen.
Der Aufbau unabhängiger Aktionskomitees gewinnt jetzt große Bedeutung. Der gemeinsamen Front aus Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften muss die internationale Vereinigung der Arbeiterklasse entgegengesetzt werden. Diejenigen, die den ganzen gesellschaftlichen Reichtum schaffen und die ganze Last von Krieg und Krise tragen, müssen unabhängig ins politische Geschehen eingreifen und den großen Banken und Konzernen sowie ihren Handlangern in der Regierung entgegentreten.
Das erfordert eine Rebellion gegen die IG Metall und die Zurückweisung ihrer Politik der Sozialpartnerschaft.
Dem Klassenkampf von oben muss der Kampf der Arbeiterklasse entgegengestellt werden. Durch den Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees ist es möglich, Arbeiter über alle Grenzen hinweg zu vereinen und für eine Perspektive zu kämpfen, die die Rechte und Interessen der Arbeiter höher stellt als die Profitinteressen der Investoren, Spekulanten und Superreichen.
„Volkswagen und die anderen transnationalen Konzerne müssen in öffentliche Versorgungsbetriebe umgewandelt werden, die von den Arbeitern selbst zum Wohle aller Menschen geführt werden“, heißt es im Aufruf für eine globalen Kampagne gegen den Arbeitsplatzabbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC). „Damit einhergehen muss der Aufbau einer Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse, denn der Wettlauf um Rohstoffe, Märkte und Versorgungsketten treibt den US-amerikanischen und europäischen Imperialismus zum Krieg.“
Wir rufen alle Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie und darüber hinaus auf: Durchbrecht die Diktatur des IG Metall-Apparats! Verlangt eine Urabstimmung über alle Vereinbarungen! Beteiligt euch an der Gründung von Aktionskomitees und unterstützt den Aufbau der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), die Arbeiter im Kampf gegen Massenentlassungen, Sozialkahlschlag und Krieg mit einer sozialistischen Perspektive bewaffnet.
Meldet euch per Whatsapp-Nachricht unter +491633378340 oder füllt das Formular aus. Es ist jetzt Zeit, aktiv zu werden, um eine Katastrophe zu verhindern.