5. Oktober 1985

An die Genossen der deutschen, griechischen, spanischen, australischen und srilankischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale:

Genossen,

das Internationale Komitee hat seit dem 17. August kein Treffen durchgeführt. Auf jenem Treffen wurden auf der Grundlage eines Finanzberichts der WRP von den IK-Sektionen Verpflichtungen über etwa 82.000 Pfund aufgebracht. Genosse North, der Euch diesen Brief überbringt, wird Euch einen Bericht über die politischen und organisatorischen Hintergründe, die der Einberufung jenes IK-Treffens zugrunde lagen, und den völlig falschen Finanzbericht geben. Ich möchte absolut deutlich machen, dass Genosse North mit meiner vollen Unterstützung und meinem vollständigen Vertrauen reist und den Sektionen über diese Dinge berichtet, und dass diese Unterstützung und dieses Vertrauen auch von Genossen M. Banda geteilt werden.

Im Zentrum der Krise in der WRP und dem IK stehen die Methoden, Praktiken und theoretischen Revisionen G. Healys. Wir in der WRP befinden uns in einem Kampf auf Leben und Tod, diesen Methoden ein Ende zu setzen. Die Versetzung G. Healys in den Ruhestand ist nur der erste Schritt. Das IK ist direkt in denselben Kampf verwickelt, und dies nicht nur stillschweigend oder als „interessierte Partei“. Healys Arbeit stellte über Jahre einen systematischen zerstörerischen Angriff auf den gesamten Kader des IK dar – organisatorisch, politisch, theoretisch und auch physisch. Seit Juni dieses Jahres liegen dem Politischen Komitee der WRP unbestreitbare Beweise über einen groben Missbrauch von Genossen vor, über Praktiken, die der trotzkistischen Bewegung völlig fremd sind. Diese Praktiken haben eine „theoretische“ Linie gestützt, in der die so genannte „dialektische Erkenntnis“ mehr und mehr als Ersatz für eine politische Analyse diente. Als Folge wurde die Entwicklung einer marxistischen Analyse, Strategie und Taktik durch das individualistische Aufdrängen willkürlicher und launenhafter Begriffe ersetzt. Eine der todernsten Konsequenzen war eine – politisch und finanziell – prinzipienlose Beziehung zu bürgerlich nationalistischen Bewegungen. Das wurde in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern – und insbesondere in Großbritannien – durch ein „linkes“ Geschrei über revolutionäre, oder selbst Bürgerkriegssituationen und „Doppelherrschaft“ begleitet, während zur selben Zeit Zentristen und Opportunisten (Livingstone, usw.) unkritisch unterstützt wurden und wir ihnen als Sprecher dienten.

Dahinter stand eine Cliquenmethode der Führung um Healy, die eine politische und theoretische Krise im IK erzeugt hat. Das Ergebnis war der Verlust jeder revolutionären Perspektive und jeder Analyse der Weltsituation. Es wurde die falsche Theorie entwickelt, eine Art weltrevolutionäres „Wesen“ fließe in die Klassenbeziehungen in jedem Land ein und bestimme diese ununterbrochen, ohne Hindernis und ohne ungleichmäßige Entwicklung. Das ist in Wirklichkeit der einzige Inhalt der Resolution vom 10. Kongress. Wir müssen sofort mit der Arbeit beginnen, sie zurückzuweisen und zu überwinden. Wir müssen den alten Beziehungen im IK jetzt ein Ende setzen. Weder die WRP noch eine andere Sektion ist die „führende“ Sektion im IK. Die WRP hat gegenüber dem IK dieselben finanziellen und politischen Verpflichtungen wie jede andere Sektion. Keine Sektion hat finanzielle Verpflichtungen gegenüber der WRP. Das schließt natürlich finanzielle Unterstützung, wenn notwendig, nicht aus.

Genosse North wird unter anderem über den groben Missbrauch einzelner Genossen durch G. Healy berichten. Ich muss betonen, dass es sich hier nicht um Liebesaffären, Treulosigkeit, zufällige Zwischenfälle oder einzelne Ausrutscher handelt. Es geht hier um den Missbrauch politischer Autorität und politischen Vertrauens, um junge Genossen einzuschüchtern und zu erniedrigen, ja zu korrumpieren. Das beeinträchtigte jeden Aspekt des politischen Lebens der WRP und des IK. Unaussprechliche Motive, bei denen von Gerry Healy politische Prinzipien den niedrigsten persönlichen Interessen untergeordnet wurden, mischten sich in jeden politischen Kampf ein. Ich wiederhole: Wir sind Zeugen eines langen und systematischen Versuchs, alle Errungenschaften des Kampfs für den revolutionären Marxismus, wie er in den Kadern der IK-Sektionen verkörpert ist, zu zerstören, und müssen diesen jetzt überwinden.

Wir hoffen, dass Ihr den Bericht von Genossen North einer gründlichen und objektiven Analyse unterziehen und Euch dann uns anschließen werdet, um die größtmögliche revolutionäre Energie und alle Mittel aufzubringen, um mutig an die Situation, in der sich das IK befindet, heranzugehen, sie zu negieren und darüber hinauszugehen.

Wir sind völlig zuversichtlich, dass sich das als der entscheidendste und positivste Schritt in der Geschichte des IK erweisen wird, und dass wir gemeinsam all unsere Sektionen bewaffnen können, um eine entscheidende Wendung zur Arbeiterklasse durchzuführen und wirkliche Errungenschaften im Aufbau des Internationalen Komitees zu machen.

Mit brüderlichen Grüßen

Cliff Slaughter
Sekretär des Internationalen Komitees