Mehrere Abgeordnete der Linkspartei haben angekündigt, bei der heutigen Abstimmung im Bundestag die Entsendung einer deutschen Fregatte ins Mittelmeer zu unterstützen. Damit leitet die Linkspartei einen weiteren scharfen Rechtsruck ihrer Politik ein.
Bisher hatte Die Linke als einzige Bundestagspartei Auslandseinsätze der Bundeswehr offiziell abgelehnt und vor einer Militarisierung der Außenpolitik gewarnt. Damit soll nun Schluss sein.
Die veränderte Haltung mehrerer Abgeordneter steht in direktem Zusammenhang zur rapiden militärischen Aufrüstung gegen Russland, die mit der Ukraine-Krise akute Formen angenommen hat. Seit der Bundespräsident und die Bundesregierung im Februar erklärt haben, die Zeit der militärischen Zurückhaltung sei vorbei und Deutschland werde „auch militärisch“ wieder stärker in den Krisenregionen der Welt eingreifen, haben Politik und Medien eine rabiate Kriegshetze entwickelt.
Die Nato hat in der vergangen Woche erklärt, Russland sei nicht mehr Partner sondern Gegner. Seither verlagert sie Flugzeuge, Schiffe und Truppen in die Nähe der russischen Grenze und bereitet eine massive Aufrüstung vor. Verteidigungsministerin von der Leyen lässt die Bundeswehrreform neu bewerten, und führende Militärs schlagen die Wiedereinführung der Wehrpflicht vor.
Auf diese Entwicklung reagiert die Linkspartei, indem sie der Regierung Unterstützung signalisiert. Dabei betreibt sie ihr bekanntes Verwirrspiel, indem sie versucht, ihre Unterstützung von militärischen Auslandseinsätzen als „konsequente Friedenspolitik“ darzustellen.
Auf einer Fraktionssitzung am Montag hatte Fraktionschef Gregor Gysi erklärt, es gebe gute Gründe, dem Einsatz zuzustimmen. Die Entsendung der Bundeswehr-Fregatte samt 300 Soldaten diene dazu, den Einsatz des amerikanischen Spezialfrachters „Cape Ray“ zu schützen, der im Mittelmeer syrische Chemiewaffen durch das sogenannte Hydrolyseverfahren unbrauchbar machen soll. Die Forderung nach Abschaffung und Vernichtung von Chemiewaffen sei eine alte Forderung der Linken, daher könne ein solcher Einsatz mit Fug und Recht als Friedenseinsatz bezeichnet werden.
Als sich dagegen Widerstand regte, drängte Gysi auf eine Entscheidung der Fraktion, sich geschlossen der Stimme zu enthalten, konnte sich aber nicht durchsetzen. Am Ende entschied die Fraktion am Montag, keinerlei Fraktionszwang auszuüben und das Abstimmungsverhalten jedem Fraktionsmitglied freizustellen.
Zuvor hatte Vorstandsmitglied Stefan Liebich, der für die Linkspartei im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages sitzt, bereits angekündigt, er werde dem Bundeswehreinsatz unter allen Umständen zustimmen. Die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen sei „ohne Zweifel eine gute Sache“, und die Entscheidung der Bundesregierung, diese Waffenvernichtung militärisch abzusichern, unterstütze er.
In einem Interview mit dem Südwestrundfunk (SWR2) sagte Liebich Anfang des Monats: „Ich habe in unserer Fraktion dafür geworben, dass wir diesem Einsatz zustimmen.“ Es handle sich um einen „ausgesprochen sinnvollen Einsatz“.
Auf die Frage, warum es in der Linkspartei und auch in ihrer Bundestagsfraktion noch immer Opposition gegen Bundeswehreinsätze gebe, sagte Liebich, damit müsse man sich auseinandersetzen. „Ich teile diese Position allerdings nicht.“ Es sei ein Unterschied, ob die Bundeswehr in einen Krieg wie in Afghanistan geschickt werde, oder ob sie an der Vernichtung von Massenvernichtungswaffen teilnehme.
In derselben Weise argumentiert Paul Schäfer, der viele Jahre der verteidigungspolitische Sprecher der Linkspartei war. In einem Brief an die Fraktionsmitglieder forderte er ein eindeutiges Votum zur Unterstützung des Antrags der Bundesregierung, weil sonst die Linkspartei „ihre Glaubwürdigkeit als Abrüstungspartei“ verliere. Schäfer wörtlich: „Die Linke ist für die totale Abrüstung der Massenvernichtungswaffen. Das galt also auch für die syrischen C-Waffenpotenziale. Wenn Deutschland dazu etwas beitragen kann, sollte es dies tun und wir sollten es unterstützen.“
Diese Demagogie ist wenig originell. Bei SPD und Grünen war es nicht anders. Auch sie bemühten sich, ihre Wandlung vom Pazifismus zum Militarismus mit Phrasen über Abrüstung und Menschenrechte zu verschleiern.
Die SPD begründete ihre erste Zustimmung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr mit der Unterstützung eines Sanitätseinsatzes in Kambodscha 1992. Und der grüne Außenminister Joschka Fischer rechtfertigte die Teilnahme am Jugoslawienkrieg 1999 mit dem zynischen Argument: „Nie wieder Auschwitz“. Auf einem Sonderparteitag betonten die Delegierten von Bündnis 90/Die Grünen damals, der Kampf für Menschenrechte erfordere die Teilnahme der Bundeswehr an einem völkerrechtswidrigen Krieg!
In Wahrheit vollzieht die Linkspartei ihre Wende in der Kriegsfrage im Gleichschritt mit der Bundesregierung. So lange der deutsche Imperialismus sich „pazifistisch“ gebärdete und Kriegseinsätze, wie in Afghanistan, als Absicherung „humanitären Aufbauaktionen“ bezeichnete, betonte auch die Linke ihren pazifistischen Charakter.
Doch seit das Kanzleramt eine außenpolitische Wende Richtung Krieg und Militarismus eingeleitet hat, ist die Linkspartei auf höchster Ebene integriert. Sie spielt gerade deshalb eine wichtige Rolle, weil der Widerstand der Bevölkerung gegen die neue Kriegspolitik anhält und sogar stärker wird. Die Linkspartei übernimmt in dieser Situation die Funktion eines Kriegs-Propagandisten im Namen der Humanität. Mit ihrer Hilfe wird das gesamte pseudolinke Spektrum in die militärische Offensive des deutschen Imperialismus eingebunden.
Als im Frühjahr vergangenen Jahres die regierungsnahe Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gemeinsam mit dem amerikanischen German Marshall Fund (GMF) die Arbeit zu einem umfangreichen außenpolitischen Strategie-Dokument unter der Überschrift „Neue Macht – Neue Verantwortung. Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für eine Welt im Umbruch“ begann, war Stefan Liebich mit von der Partie.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Auf seiner Website berichtet Liebich begeistert über die enge Zusammenarbeit mit führenden Militärstrategen, „auch wenn im Ergebnis kein linkes Papier entstanden ist“.
Wenige Wochen später erschienen in einem Sammelband mehrere Aufsätze zum Thema „Linke Außenpolitik: Reformperspektiven“. Darin plädieren führende Außenpolitiker der Linkspartei offen für deutsche Militäreinsätze, eine enge transatlantische Kooperation mit den USA und eine größere internationale Rolle Deutschlands.
In einem Beitrag mit dem Titel „Die Linke und Militäreinsätze“ setzte sich Paul Schäfer bereits damals für die Unterstützung von Militäreinsätzen ein. Schäfer forderte, dass die Linkspartei zukünftige Kriegseinsätze „nicht a priori ablehnen“ könne. Es dürfe keinesfalls übersehen werden, dass es Einsätze gebe, die „die legitimen Anliegen der bis dato Unterdrückten bzw. Entrechteten widerspiegeln“.
Jüngstes Beispiel der Kriegsbegeisterung der Linkspartei ist ein Reisebericht von Christine Buchholz, die als Bundestagsabgeordnete für die Linkspartei im Verteidigungsausschuss sitzt. Während Liebich in die Ausarbeitung der Großmachtstrategie eingebunden wurde, reiste Buchholz als „eingebettete Oppositionelle“ in der Bundeswehrmaschine mit der Verteidigungsministerin nach Afrika.
Die Reise nach Mali und in den Senegal folgte im Anschluss an die Münchner Sicherheitskonferenz, auf der Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und von der Leyen die Absicht verkündet hatten, die wirtschaftlichen und strategischen Interessen Deutschlands verstärkt militärisch zu verteidigen.
Dass die Linkspartei ihr pazifistisches Mäntelchen abstreift und sich offen für die Kriegspolitik des deutschen Imperialismus einsetzt, kommt nicht von ungefähr. Es ergibt sich direkt aus der kapitalistischen Orientierung dieser Partei. Schon die Vorläufer der Linken – SED und PDS – hatten sich während der Wende für die Einführung kapitalistischer Verhältnisse eingesetzt.
Ihre „Kritik“ am Kapitalismus beschränkte sich immer darauf, für ihre Klientel bessere Posten und Aufstiegsmöglichkeiten zu fordern. Sie sprechen für wohlhabende Mittelschichten, die sich im Kapitalismus bequem eingerichtet haben und von den Angriffen auf die Arbeiterklasse profitieren. Mit der Verschärfung des Klassenkampfs stellen sie sich offen auf die Seite der herrschenden Klasse.
Jede ernsthafte Opposition gegen Krieg erfordert den schärfsten Kampf gegen diese reaktionäre Politik der Linkspartei.