Spanien: Podemos bestreitet Gefahr eines faschistischen Militärputschs

Die Aufrufe zu einem faschistischen Militärputsch im spanischen Offizierskorps haben das Land in eine explosive politische Krise gestürzt. In den Augen der linkspopulistischen Podemos ist das alles keine Gefahr. Am Donnerstag, 3. Dezember, brach Pablo Iglesias, Podemos-Generalsekretär und stellvertretender Ministerpräsident, dazu erstmals sein Schweigen.

Trotz der großen Gefahr, die von faschistischen Tendenzen ausgeht, versucht Podemos auf kriminelle Art und Weise, Arbeiter und Jugendliche zu beschwichtigen.

Am Mittwoch hatte die Nachrichtenseite Infolibre erneut Auszüge aus einer privaten WhatsApp-Chatgruppe veröffentlicht, in der ehemalige Offiziere der spanischen Luftwaffe ihre Loyalität gegenüber dem faschistischen Diktator Francisco Franco bekunden: Generäle und Obristen a.D. greifen die politische Linke an, brüsten sich ihrer engen Verbindungen zum Generalstab und rufen zu einem Massaker an der spanischen Bevölkerung auf. Der ehemalige Generalmajor Francisco Beca ruft mehrfach zum Massenmord auf, um „das Krebsgeschwür herauszuschneiden“. In einem anderen Chat schreibt er: „Was ich wirklich möchte, glaube ich, ist 26 Millionen Menschen zu erschießen!!!!!!!!“

Am Tag vor Iglesias‘ Stellungnahme trat Oberstleutnant der Luftwaffe a.D. José Ignacio Domínguez, früher ebenfalls ein Mitglied der Chatgruppe, in der Radiosendung Hora 25 auf. Er warnte: „Es gab und gibt immer noch eine Bewegung, die ein ‚pronunciamiento‘ anstrebt.“ Dabei handelt es sich um einen rechten Militärputsch, wie er in Spanien und Lateinamerika mehrfach vorkam. Über die Chat-Teilnehmer sagte Domínguez: „Das sind keine Monarchisten oder Verfassungstreue – das sind Franco-Anhänger, sie verteidigen die Diktatur. Und ich meine nicht nur die vergangene, sondern auch künftige [Diktaturen]. Sie streben eine Diktatur an.“

Iglesias dagegen behauptete unverfroren, dass nichts von Bedeutung enthüllt worden sei. In einem Interview, das er dem staatlichen Fernsehsender TVE1 am Donnerstagmorgen zur besten Sendezeit gab, erklärte Iglesias: „Was diese pensionierten Herren fortgeschrittenen Alters in einem Gespräch nach ein paar Drinks da sagen, das stellt keine Bedrohung dar.“

Iglesias setzte alles daran, der Öffentlichkeit zu versichern, dass die WhatsApp-Nachrichten „nicht repräsentativ für unsere Streitkräfte“ seien. In der Nacht zuvor war diese Aussage allerdings von Oberstleutnant Domínguez widerlegt worden. Dieser berichtete, dass der Faschismus in der spanischen Armee nach wie vor lebendig sei: „Das Franco-Regime ist Teil der Armee und Franco ist eine respektierte Persönlichkeit.“

Dennoch bestand Iglesias darauf, dass die Drohungen der Offiziere in der WhatsApp-Gruppe ohne praktische Bedeutung seien: „Hätten sie diese Nachrichten verschickt, als sie noch aktiv im Dienst waren, hätte das natürlich Konsequenzen gehabt. Aber dann hätten sie es auch nicht getan.“

Der Generalsekretär von Podemos will behaupten, solange die Offiziere noch im aktiven Dienst gewesen seien, habe ihnen der Mut gefehlt, für einen Militärputsch zu agitieren. Um seine absurde Erklärung zu untermauern, zitierte Iglesias den pensionierten Luftwaffengeneral und Chef des Verteidigungsstabs Julio Rodríguez, der ein führendes Podemos-Mitglied ist. Rodríguez, sagte Iglesias, habe ihm mitgeteilt, dass „einige von denen, die sich jetzt so das Maul zerreißen, während ihrer Zeit in der Armee wahre Speichellecker gewesen seien, um weiter aufzusteigen“.

Iglesias verharmlost damit die Unterstützung in der Armee für ein faschistisches Regime. Aber was er sagt, ist voller Widersprüche. Was bedeutet es, wenn besagte Offiziere über eine lange Zeit hinweg einen faschistischen Militärputsch unterstützten, aber nicht den „Mumm“ dazu hatten, offen aufzutreten, und sich stattdessen beim Generalstab als Speichellecker erwiesen? Und warum gehen die Offiziere jetzt davon aus, dass die Forderung nach einem faschistischen Putsch gerade jetzt die beste Möglichkeit sei, sich beim Generalstab und der herrschenden Klasse lieb Kind zu machen?

Es ist eine Tatsache, dass mächtige Teile der spanischen Bourgeoisie bereits an den König appelliert haben, einen Putsch zu unterstützen. Während Iglesias und Podemos nach den Enthüllungen von Infolibre tagelang in der Schockstarre verharrten, verteidigte die faschistische Partei Vox im Abgeordnetenhaus offen die obszönen und faschistischen WhatsApp-Chats. Die Vox-Abgeordnete Macarena Olona begrüßte den Aufruf der Offiziere zum Massenmord an 26 Millionen Spaniern und bezeichnete sie als Kämpfer für „die Einheit Spaniens“. Weiter erklärte sie: „Natürlich sind das unsere Leute.“

Generalmajor Beca ist der Hauptunterzeichner eines Briefes, den eine Gruppe von 39 pensionierten Luftwaffenoffizieren an den spanischen König Felipe VI. schickten, um die gewählte PSOE-Podemos-Regierung anzuprangern. Zuvor wurde bereits ein ähnlicher Brief von 73 hochrangigen pensionierten Armeeoffizieren verfasst, der in Teilen in der Tageszeitung El País veröffentlicht wurde. Die Offiziere haben nun erneut einen Brief in Umlauf gebracht, in dem sie abermals die „kommunistische“ Regierung verurteilen und betonen, dass sie ihren „Eid, die Integrität Spaniens und die verfassungsmäßige Ordnung zu verteidigen, notfalls unter Einsatz unseres Lebens“ sehr ernst nehmen würden.

Iglesias vertuscht die faschistischen Putschpläne, denn die Politik der PSOE-Podemos-Regierung hat sich als kriminell erwiesen. Sie begegnet der Coronavirus-Pandemie mit einer Politik der „Herdenimmunität“ und hat die Betriebe und Schulen geöffnet, was über 65.000 Tote und 1,5 Millionen Infizierte zur Folge hatte. Trotz steigender Arbeitslosigkeit und Lebensmittelknappheit nimmt Iglesias an einer Kommission teil, die Finanzmittel der Europäischen Union an die Banken und Unternehmen verteilt.

Iglesias ist sich darüber bewusst, dass ein Kampf der Arbeiterklasse gegen die Bedrohung eines faschistischen Militärputschs auch einen Kampf gegen seine Regierung auslösen würde. Daher macht er sich zum Komplizen der Pläne und versucht gleichzeitig verzweifelt, sie vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.

Für Millionen Twitter-User sind die faschistischen Chatnachrichten der pensionierten Generäle eins der meistdiskutieren Themen. Am Mittwoch trendete der Hashtag #YoSoyDeLos26Millones (Ich bin einer von 26 Millionen), den zehntausende User nutzten. Weitere Zehntausende verurteilten den spanischen König, der sich in Schweigen hüllt. Zahlreiche Tweeds erinnerten an den faschistischen Staatsstreich Francos im Jahr 1936, den Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), sowie den Massenmord an Hunderttausenden linken Arbeitern durch das faschistische Franco-Regime am Kriegsende.

Ein Twitter-User schrieb: „Ich wäre einer der ersten. Wie mein Großvater. Er wurde erschossen, weil er gerne diskutierte und sich aktiv an der Politik beteiligte. Genau wie ich. Er frisst weiterhin Dreck in seinem Massengrab.“

Ein weiterer User twitterte: „Ich bin einer der 26 Millionen Menschen, die nicht zulassen werden, dass sich so etwas wiederholt. Sie müssen erst an uns vorbei.“

Nach der Veröffentlichung des ersten Briefs der faschistischen Offiziere in der El País, während die Wut in den sozialen Medien hochkochte, schwieg Iglesias vier lange Tage, bevor er öffentlich Stellung bezog. Es ist offensichtlich, dass es ihm darum geht, die wachsende Empörung unter Arbeitern und Jugendlichen zu beschwichtigen.

In seinem Interview befürwortete Iglesias das spanische Regierungssystem und verteidigte den König, der sich von den Briefen bislang weder distanziert hat, noch die Unterzeichner preisgegeben oder weitere, an ihn adressierte Putschaufrufe öffentlich bekanntgemacht hat. Iglesias sagte: „Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass er den Brief gar nicht lesen wird.“ Weiter warf er den Teilnehmern der WhatsApp-Gruppe vor, den König „in eine unangenehme Situation gebracht zu haben … Wenn irgendwelche Herren glauben, es wäre gut für das Staatsoberhaupt, wenn sie ihm einen franquistischen Anstrich verleihen, dann verstehen sie nicht, dass sich dadurch noch mehr Spanier wie Republikaner fühlen.“

Das sind weitere Lügen. Denn zum einen werden sowohl König Felipe als auch Iglesias zweifellos die Briefe, die die faschistischen Offiziere geschrieben haben, intensiv studieren. Iglesias sitzt im Vorstand des Centro Nacional de Inteligencia (CNI), dem spanischen Geheimdienst, zu dessen Hauptaufgaben die Überwachung der Putschpläne der Armee gehört. Es ist bekannt, dass das CNI die Putschpläne der spanischen Armee in den Jahren 1982, 1985 und 2006 erkannt und gestoppt hat. Es wird also zweifelsohne eine Berichterstattung des CNI an Iglesias und weitere Regierungsbeamte über die faschistischen Offiziere geben.

Wenn Iglesias zudem kritisiert, dass die franquistischen Offiziere den König in eine „unangenehme“ Situation gebracht hätten, dann nicht, weil dies eine Bewegung für eine spanische Republik begünstigen würde. Vielmehr befürchtet Iglesias, dass die Bedrohung durch eine militärisch-faschistische Diktatur Streiks und Proteste der Arbeiterklasse auslösen wird und dass sich eine politische Bewegung gegen den Faschismus entwickelt. Dadurch wären die Interessen der Finanzoligarchie, die er zweifelsohne verteidigt, unmittelbar bedroht.

Die Ereignisse bestätigen die Analyse des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) über die reaktionäre Rolle von pseudolinken Parteien wie Podemos. Sie sind längst Teil des staatlichen militärisch-geheimdienstlichen Apparats. Die entscheidende Aufgabe im Kampf gegen die Pandemie und die Gefahr einer Diktatur ist der Aufbau von Sektionen des IKVI in Spanien und weltweit. Es bedarf eines unabhängigen Kampfes der Arbeiterklasse gegen Podemos und all ihre politischen Komplizen, die in die Machenschaften Iglesias' verwickelt sind.

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