Sri-lankischer Präsident ernennt neues Kabinett, während Verhandlungen über IWF-Rettungspaket beginnen

Am Dienstag begannen die Verhandlungen zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und einer Delegation der sri-lankischen Regierung unter Führung von Finanzminister Ali Sabry über ein Rettungspaket. Im Vorfeld dieser Verhandlungen hat Präsident Gotabhaya Rajapaksa am Montag ein neues Kabinett aus 17 Ministern ernannt, außerdem 21 Staatsminister.

Gotabaya Rajapaksa (AP Photo/Eranga Jayawardena)

Rajapaksas Ankündigung ist ein verzweifelter Versuch, das Land trotz der Massenproteste, die seinen Rücktritt fordern, als politisch stabil darzustellen. Letzte Woche hatte der Gouverneur der Zentralbank erklärt, es müsse „politische und soziale Stabilität“ geben, um den IWF davon zu überzeugen, dass die Regierung die Austeritätsdiktate des internationalen Finanzkapitals umsetzen kann.

Die Protestbewegung für den Rücktritt des Präsidenten und seiner Regierung sowie für Maßnahmen zur Beseitigung des sozialen Elends, mit dem die einfache Bevölkerung konfrontiert ist, hält an und breitet sich weiter im ganzen Land aus. Große Teile der Bevölkerung leiden unter der hohen Inflation, akuter Knappheit von Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff, außerdem kommt es täglich zu langen Stromausfällen.

Um seinem krisengeschüttelten Regime ein neues Image zu verleihen, verringerte Rajapaksa die Zahl der neuen Minister und schloss nahezu alle früheren Kabinetts- und Staatsminister aus. Gleichzeitig verkündete er in seiner Rede an die neuen Minister, die in zahlreichen Medien verbreitet wurde, es werde Veränderungen geben, um die Probleme anzugehen, mit denen die Bevölkerung konfrontiert ist.

Der Präsident behauptete zynisch, er „bedauere zutiefst“ den immensen Druck, den die Wirtschaftskrise verursacht. Weiter erklärte er, der „Schmerz, das Unbehagen und die Wut“ der Menschen, „die für Grundgüter lange anstehen und hohe Preise zahlen müssen … ist gerechtfertigt“.

Als Reaktion auf den wachsenden Widerstand in ländlichen Gebieten erklärte er, die Entscheidung für ein Importverbot von chemischen Düngemitteln sei „falsch“ gewesen. Das Verbot wurde unter dem Vorwand eingeführt, den Übergang zu einer ökologischen Landwirtschaft zu fördern, sollte aber in Wirklichkeit die Devisenbestände schonen und hat Bauern vor große wirtschaftliche Probleme gestellt.

Rajapaksa erklärte außerdem, er sei mittlerweile der Ansicht, „dass wir uns schon früher um ein Programm des Internationalen Währungsfonds hätten bemühen sollen“. Hierbei handelte es sich um eine Hinwendung zu den Oppositionsparteien, Investoren und das Großkapital, die schon seit längerem Verhandlungen mit dem IWF über ein Rettungspaket gefordert haben. Für die arbeitende Bevölkerung wird es jedoch unweigerlich noch größeres Elend bedeuten.

Der Präsident rief die Oppositionsparteien erneut zur Zusammenarbeit auf und bot sogar an, einige der begrenzten Verfassungsänderungen zu genehmigen, die sie eingebracht hatten, um die weitreichenden autokratischen Befugnisse des Exekutivpräsidenten zu begrenzen.

In Bezug auf die Proteste erklärte er, die Jugend sei der aktivste Teil der Gesellschaft und lasse ihre Frustration in einer Weise aus, die sie gewohnt ist. Die Mehrheit der Demonstranten liebe ihr Land, dürfe aber „Opportunisten nicht erlauben, ihre Proteste in Krawalle zu verwandeln“.

Diese Äußerung ist eine bedrohliche Warnung an die Hunderttausenden, die sich an den Protesten auf der ganzen Insel beteiligen. Letzte Woche hatte Premierminister Mahinda Rajapaksa die Demonstranten bereits als Bedrohung für die Demokratie bezeichnet und daran erinnert, wie frühere Regierungen so genannte Bedrohungen in den 1980ern und dem schrecklichen Bürgerkrieg brutal unterdrückt hatten.

Das Rajapaksa-Regime hat in den letzten drei Jahren Austeritätsmaßnahmen umgesetzt, die autokratischen Befugnisse des Exekutivpräsidenten gestärkt und die Regierung durch die Ernennung von Offizieren in Staatsämter militarisiert. Die Meinungsfreiheit wurde rücksichtslos unterdrückt, u.a. durch die Verhaftung von politischen Gegnern und Journalisten. Gleichzeitig wurde Rassismus gegen Muslime und Tamilen geschürt, um die Arbeiterklasse zu spalten.

Angesichts des massiven Widerstands gegen die wirtschaftlichen Härten, die der arbeitenden Bevölkerung bereits bisher aufgezwungen wurden, und der beispiellosen Wirtschaftskrise herrscht in der Regierung großes politisches Chaos. Der Gouverneur der Zentralbank und der Sekretär des Finanzministeriums erklärten am 12. April gemeinsam, das Land könne Auslandsschulden in Höhe von 51 Milliarden Dollar nicht zurückzahlen. Auf diese Weise wollten sie der Lüge Glaubwürdigkeit verleihen, dass es keine Alternative dazu gebe, den IWF um Nothilfen anzubetteln und seine drakonischen Bedingungen zu akzeptieren.

Finanzminister Sabry erklärte in einem Interview mit Bloomberg vor Beginn der Gespräche mit dem IWF in Washington, Sri Lanka wolle um drei bis vier Milliarden Dollar aus der Extended Fund Facility des IWF über drei Jahre ersuchen. Weiter erklärte er, es gehe auch um sofort auszuzahlende Mittel, um wichtige Importe bezahlen zu können. Er kündigte an, Sri Lanka werde seine Schulden nach der Umstrukturierung der Kredite zurückzahlen. Das Finanzministerium hat außerdem 500 Millionen von der Weltbank beantragt, um den Bauern zu helfen.

Welchen Preis wird die Arbeiterklasse für diese Hilfe zahlen?

Sabry erklärte, die Regierung werde sämtliche Staatsunternehmen überprüfen, um festzustellen, welche von ihnen „gerettet“ werden können und welche „reformiert“, d.h. saniert, auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet und privatisiert werden sollten. Rajapaksas Wirtschaftsberater hatten bereits empfohlen, die Flughäfen Katunayake, Mattala und Ramalana zu verpachten, die Kontrolle über das Colombo North Port Development Project an private Investoren zu übergeben und weitere Anteile an der Sri Lanka Telecom und dem staatlichen Versicherungsunternehmen Sri Lanka Insurance Corporation abzustoßen.

Der IWF hat noch weitere brutale Austeritätsmaßnahmen entwickelt, darunter Steuererhöhungen und eine Verringerung des Haushaltsdefizits durch umfassenden Stellenabbau, Lohn- und Rentenkürzungen im öffentlichen Dienst sowie den weiteren Abbau noch verbliebener Preissubventionen.

Für die arbeitende Bevölkerung werden diese Maßnahmen eine soziale Katastrophe bedeuten, die die bisherige noch weit in den Schatten stellen wird. Dieser rücksichtslose Austeritätskurs orientiert sich an den Interessen der ausländischen Gläubiger und der sri-lankischen Wirtschafts- und Finanzelite auf Kosten der großen Mehrheit der Bevölkerung.

In den letzten sechs Monaten haben sich die Preise für Reis, Weizen und viele weitere Grundnahrungsmittel verdoppelt. Der Dieselpreis ist um 60 Prozent gestiegen. Am Montag erhöhten die sri-lankischen Ölkonzerne zum dritten Mal alle Treibstoffpreise. Letzten Monat stieg die offizielle Inflationsrate auf 18 Prozent, im Verlauf des Monats wird sie voraussichtlich bis auf 28 Prozent ansteigen.

Während sich die Krise verschärft, versuchen alle kapitalistischen Oppositionsparteien von der Katastrophe zu profitieren, gleichzeitig die Massenproteste in sichere parlamentarische Kanäle zu lenken und die kapitalistische Herrschaft zu verteidigen. Der Ausbruch der Proteste vollzog sich weitgehend außerhalb ihrer direkten Kontrolle.

Die größte Oppositionspartei, die Samagi Jana Balavegaya (SJB), arbeitet an einem Misstrauensantrag gegen die Regierung. Sie hofft, damit die Unterstützung der Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) und der 40 unabhängigen Abgeordneten zu erhalten, die vor Kurzem aus der Regierungskoalition ausgetreten sind.

Die SJB kündigte außerdem für den 26. April einen „großen“ Marsch von Kandy nach Colombo zur Unterstützung der Proteste gegen die Regierung an. Die JVP hat am Sonntag ihren eigenen dreitägigen Marsch begonnen, der am Dienstag Colombo erreichte.

Trotz ihrer taktischen Differenzen fordern beide Parteien eine Übergangsregierung als Ersatz für das Rajapaksa-Regime, um Neuwahlen vorzubereiten. Beide haben in der Vergangenheit immer wieder die Austeritätsforderungen des IWF umgesetzt und werden nicht zögern, es einmal mehr zu tun.

Gleichzeitig hat ein Gewerkschaftsbund für Mittwoch einen landesweiten Protesttag ausgerufen und seine Mitglieder aufgefordert, schwarze Kleidung zu tragen und im ganzen Land Demonstrationen zu veranstalten. Höhepunkt der Proteste soll ein Streik am 28. April sein. Falls die Forderungen nach beschränkten Entlastungen nicht erfüllt würden, drohte der Gewerkschaftsbund mit einem unbefristeten Ausstand.

Hierbei handelt es sich um den verzweifelten Versuch der Gewerkschaften, nach tagelangem Schweigen die Kontrolle über ihre Mitglieder zurückzugewinnen, die sich durch die unerträglichen Bedingungen radikalisiert haben. Die gleichen Gewerkschaften haben in den vergangenen zwei Jahren einen Kampf für höhere Löhne und bessere Bedingungen nach dem anderen verraten.

Die Ceylon Teachers Union und die JVP-nahe Ceylon Teacher Services Union haben letztes Jahr einen 100-tägigen Kampf der Lehrer für höhere Gehälter verraten und ein deutlich schlechteres Angebot der Regierung angenommen. Die Federation of Health Professionals hat letzten Monat einen Streik ausverkauft und sogar offen zugegeben, dass ihr begrenzter Streik darauf abzielte, die Wut der Mitglieder zu „managen“.

Die Socialist Equality Party (SEP) tritt für ein sozialistisches Aktionsprogramm der Arbeiterklasse für den Kampf für ihre demokratischen und sozialen Rechte ein. Wir teilen die Meinung, dass der Präsident und seine Regierung zurücktreten müssen, aber das reicht nicht. Die SEP fordert die Abschaffung des Exekutivpräsidentenamtes, nicht nur kosmetische Änderungen, bei denen der Präsident seine umfassenden undemokratischen Vollmachten behalten würde.

Nur die Arbeiterklasse kann eine Lösung für die sozialen Verwüstungen, die von den Kapitalisten angerichtet werden, herbeiführen. Doch momentan verhindern die Gewerkschaften jeden ernsthaften Kampf und agieren als Betriebspolizei der herrschenden Klasse. Die SEP ruft die Arbeiter dazu auf, aus dem Korsett der Gewerkschaften auszubrechen und den Kampf durch die Bildung unabhängiger, demokratisch gewählter Aktionskomitees in allen Betrieben, Fabriken und Wohnvierteln in die eigene Hand zu nehmen.

Die drängenden Probleme der Arbeiter und Armen können nur durch eine vollständige Umgestaltung der Wirtschaft gelöst werden. Wir treten ein für die Zurückweisung aller Auslandsschulden, die Kontrolle von Produktion und Verteilung durch die Arbeiter und die Verstaatlichung der Banken und Konzerne unter demokratischer Kontrolle der Arbeiterklasse.

Auf der Grundlage dieses politischen Kampfs kann die Arbeiterklasse die städtischen und ländlichen Massen mobilisieren und die Grundlagen für eine Arbeiter- und Bauernregierung schaffen, um sozialistische Politik umzusetzen. Die Verbündeten der sri-lankischen Arbeiter in diesem Kampf sind die Arbeiter auf der ganzen Welt, die mit ähnlichen Angriffen auf ihre grundlegenden sozialen und demokratischen Rechte konfrontiert sind.

Diese politische Perspektive vertritt die Socialist Equality Party. Wir rufen unsere Leser dazu auf, sich an diesem Kampf zu beteiligen und die SEP aufzubauen.

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