Rekordhitze weist auf Kipppunkt des globalen Klimawandels hin

In diesem Juli zeigt sich die globale Klimakrise an den immer neuen Hitzerekorden, verheerenden Bränden und Überschwemmungen besonders deutlich. Durch den ungehemmten CO2-Ausstoß hat der Kapitalismus in seinem Profitstreben die Erderwärmung angeheizt, und diese Entwicklung hat offenbar einen Kipppunkt erreicht, der auf einen Großteil der Weltbevölkerung unmittelbare Auswirkungen hat.

Der Klimawissenschaftler Michael Mann erklärte am Montag gegenüber CBS News: „Da wir nach wie vor fossile Brennstoffe verbrennen und CO2 in die Atmosphäre einbringen, erwärmen wir den Planeten. Einen kleinen Extrakick verschafft uns dazu das El-Niño-Event ... etwas zusätzliches Oktan, das zu dem vom Menschen verursachten Klimawandel hinzukommt ... Der Planet erwärmt sich und wird sich weiter erwärmen, bis wir aufhören, CO2 in die Atmosphäre zu blasen.“ Mann warnte: „Der gefährliche Klimawandel ist jetzt da.“

Seit mehr als drei Wochen liegt die globale Durchschnittstemperatur über der bisher höchsten je gemessenen Temperatur von 16,92 Grad Celsius (62,46 Grad Fahrenheit) im August 2016. Dieser Wert, der den Durchschnitt der globalen Temperatur über 24 Stunden angibt, erreichte am 6. Juli mit 17,23 Grad Celsius einen Höchststand, der mehr als 1 Grad Celsius über dem Durchschnitt lag. Und er ist weiterhin erhöht, ohne dass es Anzeichen für einen Rückgang gäbe. Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen wurden alle erst seit 2010 verzeichnet, und für 2023 zeichnet sich ein weiterer Rekord ab.

[Photo: Climate Reanalyzer ]

Klimawissenschaftler der Organisation World Weather Attribution, die den Einfluss des Klimawandels auf lokale Wettermuster bewerten, berichteten am Dienstag, dass die Hitze, die in diesem Monat in den USA und Europa beobachtet wurde, ohne die Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels „praktisch unmöglich“ gewesen wäre. Ausgedehnte Hitzewellen sind dank der anhaltenden CO2-Emission nicht mehr selten.

Die Rekordhitze auf der Erde ist auf Temperaturen zurückzuführen, die in der Antarktis zwar immer noch eisig sind, aber bis zu 40 Grad Celsius über den saisonalen Durchschnittswerten liegen. Dort bildet sich das Meereis langsamer als je zuvor in den Wintermonaten der südlichen Hemisphäre. Im Juni, also vor den in diesem Monat gemessenen Temperaturen, lag das antarktische Meereis um 0,9 Millionen Quadratmeilen (2,28 Millionen Quadratkilometer) unter dem Durchschnitt der Jahre 1980 bis 2010 und unter dem bisherigen monatlichen Durchschnittstiefststand aus dem Jahr 2019.

„Dies als beispiellos zu bezeichnen, ist nicht stark genug“, sagte Dr. Edward Doddridge, ein physikalischer Ozeanograph, gegenüber ABC News in Australien zu der aktuellen Entwicklung in der Antarktis. „Für diejenigen unter Ihnen, die sich für Statistik interessieren: Dies ist ein Fünf-Sigma-Ereignis. Es handelt sich also um fünf Standardabweichungen vom Mittelwert. Das heißt, wenn sich sonst nichts geändert hätte, würden wir einen solchen Winter etwa alle 7,5 Millionen Jahre erwarten.“

In diesem Monat brachen auf den griechischen Inseln Rhodos und Korfu Brände aus, die Zehntausende von Einwohnern und Touristen zur Flucht zwangen. Unterdessen brennen in ganz Kanada die Wälder. Schon ist eine Rekordfläche von 11,9 Millionen Hektar verbrannt, und gefährliche Rauchschwaden steigen auf, die Millionen von Menschen in ganz Nordamerika die Atemluft rauben.

Unterdessen hat das Wasser vor der Südküste Floridas am Montag eine Temperatur von 38,4 Grad Celsius erreicht, was einen neuen Weltrekord darstellt. Bei diesen Temperaturen sterben wichtige Ökosysteme, die Korallen bleichen aus, und die Meeresbewohner laufen Gefahr, zu erkranken und massenhaft zu verenden. Hohe Wassertemperaturen begünstigen das Wachstum giftiger Algen und verringern die Sauerstoffkonzentration, was zu einem massiven Fischsterben führen kann. Die National Oceanic and Atmospheric Administration geht davon aus, dass die Auswirkungen des Klimawandels das Ausmaß der für September vorhergesagten ozeanischen Hitzewelle verdoppeln. Davon könnte die Hälfte der weltweiten Meeresgewässer betroffen sein.

Mehrere Hitzedome, d. h. stationäre Hochdruckgebiete, stehen nach wie vor über großen Teilen der Vereinigten Staaten, Südeuropas, Nordafrikas, Indiens und Asiens. Damit sind Millionen von Menschen dem Risiko ausgesetzt, an den Folgen der Hitzewelle zu sterben. Anhaltend hohe Temperaturen sind besonders tödliche Wetterereignisse, an denen jedes Jahr Tausende von Menschen auf der ganzen Welt sterben. Eine Studie, die in diesem Monat in Nature Medicine veröffentlicht wurde, ergab, dass in den drei heißesten Monaten des Jahres 2022 in Europa 61.672 Menschen an hitzebedingten Krankheiten verstarben. Da die Juli-Temperaturen in Italien und Griechenland 45 Grad Celsius erreicht haben, wird in diesem Sommer eine ähnliche oder sogar noch höhere Zahl von Todesfällen erwartet.

In der Regel leiden ältere Menschen und Obdachlose am stärksten unter der extremen Hitze, doch es gibt weltweit auch Hunderte Millionen von Arbeitern, die in schwülen Fabriken oder unter freiem Himmel an der Sonne arbeiten müssen, was bedeutet, dass sie einem erhöhten Risiko eines Hitzeschlages ausgesetzt sind. Gerade diesen Montag hat die Arizona Republic berichtet, dass der 26-jährige Landarbeiter Dario Mendoza letzte Woche in Yuma (Arizona) unter extremer Hitze zusammengebrochen und gestorben sei. Nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) ist die Wahrscheinlichkeit, dass Landarbeiter an den Folgen der Hitze sterben, 20-mal höher als bei anderen Arbeitern.

Arbeit unter extremer Hitze: Mitglieder der Elektrikergewerkschaft IBEW Local 11 beim Ausbau alter Kupferleitungen am Viadukt der Cesar Chavez Avenue (Los Angeles), 13. Juli 2023 [AP Photo/Damian Dovarganes]

Während die Arbeiterklasse und die Armen auf der ganzen Welt die Hauptlast der Auswirkungen des Klimawandels zu tragen haben, vergessen die kapitalistischen Regierungen und die Konzernmanager ihre noch so bescheidenen Zusagen, die Emissionen einzudämmen, schneller als die Tinte unter den Verträgen trocknet. Stattdessen konzentrieren sie sich darauf, immer neue Reichtümer aufzuhäufen und Kriege zu führen. Das Pariser Klimaabkommen von 2015 mit seiner Verpflichtung, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist nur noch eine blasse Erinnerung. Die Maßnahmen, die verschiedene Regierungen ergriffen haben, sind viel zu gering und kommen zu spät. Die US-Bundesregierung wird von 2022 bis 2027 voraussichtlich durchschnittlich 80 Milliarden Dollar pro Jahr für Klimatechnologie und saubere Energie ausgeben, aber für das Militär hat sie allein im Jahr 2022 schon mehr als 876 Milliarden Dollar ausgegeben. Sie gilt als einer der größten Umweltverschmutzer des Planeten.

In der Tat ist gehen die kapitalistischen Regierungen an den Klimawandel mit der gleiche Strategie des „Laufenlassens“ heran wie schon bei der Pandemie. Millionen, möglicherweise Milliarden von Toten sind der Preis, den die Arbeiterklasse und die verarmten Massen zahlen sollen, wenn nur die herrschende Elite dank neuester wissenschaftlicher Fortschritte in Saus und Braus leben kann. Die Krise wird genutzt, um die Arbeiterklasse noch mehr auszuquetschen und den Banken und dem Großkapital immer größere Geldsummen zuzuführen. Was die Umweltinitiativen der Mittelklasse betrifft, so beschränken sie ihre Appelle zum Handeln weiterhin auf die herrschende Klasse, während sie loyal zum Profit und zur nationalen Bourgeoisie stehen. Das beste Beispiel dafür sind die Grünen in Deutschland, die sich zur führenden Kriegspartei gemausert haben und mittlerweile auch Atomwaffen befürworten.

Die andauernde Klimakatastrophe und ihre unmittelbare Verwüstung, die auf der ganzen Welt zu spüren ist, machen deutlich, dass es keine nationale Lösung für den Klimawandel geben kann. Appelle an Regierungen und Konzerne führen in die Sackgasse. Die Wurzel des Problems ist nicht die Menschheit an sich, wie misanthropische Umweltschützer behaupten, sondern der Kapitalismus. Die international geeinte Arbeiterklasse muss handeln, um die sozialen Beziehungen zu verändern. Um die globale Herausforderung des Klimawandels zu bewältigen, muss sie den Sozialismus errichten.

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