Am Freitag beteiligten sich in ganz Italien eine halbe Million Arbeiter an einem eintägigen landesweiten Streik. Der Streik, zu dem mehrere Gewerkschaften aufgerufen hatten, da sie von ihren Mitgliedern unter immer größeren Druck gesetzt wurden, war Ausdruck des breiten Widerstands der Arbeiterklasse gegen die Sparpolitik und zunehmende soziale Ungleichheit, die unter der faschistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni herrscht.
Am Streik beteiligten sich viele Teile der Arbeiterklasse, und in Dutzenden von Städten fanden Protestmärsche statt. Das öffentliche Verkehrssystem war in zahlreichen Städten beeinträchtigt, da Bus-, U-Bahn- und Straßenbahnfahrer die Arbeit niederlegten. An den Flughäfen von Mailand und Venedig traten die Gepäckabfertiger, die Piloten und das Kabinenpersonal von WizzAir Malta in den Streik. Auch die öffentlichen Schulen waren stark betroffen, da Lehrer für eine bessere Finanzierung und gegen Sparmaßnahmen streikten. In Neapel legten die Arbeiter bei Stellantis und der Schiffswerft Fincantieri sowie des Autozulieferers Marelli die Arbeit nieder.
Die italienischen Arbeiter lehnen den Haushaltsplan der Meloni-Regierung für 2025 ab, der massive Kürzungen aller Sozialprogramme bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Verteidigungsausgaben um zwei Milliarden Euro auf den Rekordwert von 32 Milliarden Euro vorsieht. Damit passt sich die Meloni-Regierung an die Ausgabenziele an, die sich die Nato angesichts ihres Kriegs gegen Russland in der Ukraine gesetzt hat. Die geplanten pauschalen Kürzungen in Höhe von fünf Prozent würden das italienische Gesundheitssystem, das durch Unterfinanzierung und Personalmangel bereits jetzt am Rande des Zusammenbruchs steht, zugrunde richten. Das Gleiche gilt für das Bildungswesen, die öffentlichen Verkehrssysteme und andere wichtige Dienstleistungen.
Den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird eine magere Lohnerhöhung von sechs Prozent über drei Jahre angeboten, während die Lebenshaltungskosten seit 2021 um schätzungsweise 16 Prozent gestiegen sind. Zudem sollen die Renten um den winzigen Betrag von drei Euro pro Monat steigen, während das Fornero-Gesetz zur Erhöhung des Rentenalters in Kraft bleibt.
Die Arbeiter protestierten auch gegen die zunehmend gefährlichen Arbeitsbedingungen, die zu Todesfällen in den Betrieben führen, die von den Arbeitern als „Morde am Arbeitsplatz“ bezeichnet werden. Zudem sieht der drakonische „Sicherheitserlass 1660“ der Regierung, der sich gegen Arbeiter im Allgemeinen und Immigranten im Besonderen richtet, harte Strafen für verschiedene Formen von Protest und Unmutsäußerung vor.
Der rechtsextreme stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini drohte als Reaktion auf den Streik und dessen Auswirkungen auf das öffentliche Verkehrssystem mit der Anwendung von Minimalbetriebsvorgaben, die das in Artikel 40 der italienischen Verfassung verankerte Streikrecht einschränken soll.
Diese Maßnahmen sind Teil eines eskalierenden globalen Klassenkriegs der kapitalistischen herrschenden Eliten gegen die Arbeiter, der wachsenden Widerstand hervorruft. Der brutale Rechtsruck der Bourgeoisie zeigt sich auch in Melonis engen Beziehungen zu dem faschistischen künftigen US-Präsidenten Donald Trump, der ein Sparprogramm in Höhe von gigantischen 2 Billionen Dollar gegen die amerikanischen Arbeiter durchsetzen will. Mit diesem Vorhaben hat er den reichsten Mann der Welt beauftragt, den Milliardär Elon Musk.
Elon Musk, der von Trump zum Leiter der neuen Behörde für staatliche Effizienz ernannt wurde, hat Meloni in den letzten Monaten öffentlich als „authentisch, ehrlich und umsichtig“ gelobt. Meloni wiederum nannte Musk ein „wertvolles Genie“. Musk hat Interesse daran bekundet, seine Geschäfte in Italien auszubauen, u.a. seinen Satelliten-Internetdienst Starlink, und den Bau eines Tesla-Werks als Gegenleistung für Steuersenkungen.
In ganz Europa werden ebenfalls massive Haushaltskürzungen zu Lasten der Arbeiterklasse vorbereitet. Im Oktober hat die britische Labour-Regierung einen Sparhaushalt mit Ausgabenkürzungen in Höhe von 40 Milliarden Pfund verabschiedet. Die französische Regierung steht jetzt wegen ihrer Haushaltspläne am Rande des Zusammenbruchs, weil die herrschende Klasse höhere Militärausgaben und Ausgabenkürzungen fordert als die im Haushalt vorgeschlagenen 60 Milliarden Euro.
Das größte politische Hindernis für eine politische Gegenoffensive der Arbeiterklasse gegen diese Bedrohungen sind die bankrotten pro-kapitalistischen Parteien und Gewerkschaftsbürokratien aus dem Umfeld des Stalinismus, die die Arbeiterklasse an den Kapitalismus binden und dem Sparkurs sowie dem imperialistischem Kriegskurs unterordnen wollen. Diese Rolle spielt in Italien die Partito Democratico (PD), die Nachfolgepartei der stalinistischen Kommunistischen Partei Italiens (PCI), die sich 1991 selbst aufgelöst hatte.
Die PD ist mittlerweile seit Jahrzehnten für ihre Angriffe auf die Arbeiter bekannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die italienische Bourgeoisie gezwungen, Gesetze zu verabschieden und Sozialleistungen einzuführen, die den Arbeitern erheblichen Schutz boten. Die italienische Arbeiterklasse hatte Massenstreiks und bewaffnete Aufstände gegen Mussolinis faschistisches Regime organisiert, und auch wenn die PCI eine sozialistische Revolution verhinderte, musste die Kapitalistenklasse eine Zeit lang soziale Zugeständnisse machen. Doch in den Jahrzehnten seit der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion 1991 haben aufeinanderfolgende PD-Regierungen diese Errungenschaften systematisch wieder rückgängig gemacht.
Im Jahr 2014 setzte der PD-Ministerpräsident Matteo Renzi das verhasste Arbeitsmarktgesetz durch, das Entlassungen und prekäre Arbeitsverträge erleichterte und damit die Arbeitsplatzsicherheit aushöhlte.
Jetzt kritisiert die aktuelle PD-Vorsitzende Elly Schlein Meloni, spricht sich aber gleichzeitig für weitere Sparmaßnahmen aus: „Wir stehen an der Seite der Arbeiter, die Würde und Gerechtigkeit fordern. Allerdings müssen wir die Reformen verantwortungsvoll angehen, um langfristige Stabilität zu gewährleisten.“
Die PD wie die Bürokratie des stalinistischen Gewerkschaftsbunds CGIL und des sozialdemokratischen Gewerkschaftsbunds UIL versuchen, die wachsende Wut der Arbeiterklasse in politisch kontrollierbare Bahnen zu lenken, die mit der kapitalistischen Herrschaft zu vereinbaren sind. Selbst gegenüber Meloni, deren Partei Fratelli d'Italia direkt von Mussolinis faschistischer Partei abstammt, machen die Bürokratien enorme Anstrengungen, um den „sozialen Frieden“ zu wahren und den Kapitalismus zu stabilisieren.
Beim Streik von Freitag rief der Generalsekretär der CGIL, Maurizio Landini, zur Zusammenarbeit und zum Dialog mit der Meloni-Regierung auf: „Diese Regierung muss auf die Straße hören und einen ernsthaften Dialog mit den Gewerkschaften aufnehmen, um eine bessere Zukunft für alle zu schaffen.“
Bezeichnenderweise begrenzten die Gewerkschaften des Verkehrswesens den Streik auf drei bis vier Stunden (abhängig vom Ort), nahmen die Eisenbahner vollkommen vom Streik aus und garantierten einen Betrieb im Einklang mit einer Verfügung des Verkehrsministers.
Für Arbeiter stellt Melonis Regierung eine gefährliche Konvergenz von rechtsextremem Nationalismus, Sparmaßnahmen und Militarismus dar. In ihrer zweijährigen Amtszeit hat sie aggressive immigrantenfeindliche Maßnahmen umgesetzt, demokratische Rechte attackiert und sich an den imperialistischen Nato-Kriegen beteiligt. Dies ist Teil eines umfassenderen globalen Trends, bei dem kapitalistische Regierungen Wirtschaftskrisen ausnutzen, um trotz wachsender Militanz und Opposition unter den Arbeitern autoritäre Maßnahmen durchzusetzen und die Ungleichheit zu verschärfen.
Der Generalstreik in Italien steht in diesem internationalen Kontext. In diesem Monat fand ein Generalstreik griechischer Arbeiter für höhere Löhne und gegen die jahrelange Sparpolitik statt. In den Niederlanden haben sich Zehntausende an Protesten gegen die Kürzungen im Bildungswesen beteiligt. In Argentinien haben Studenten und Arbeiter gegen die Haushaltskürzungen des faschistischen Präsidenten Javier Milei mobilisiert. In den USA signalisieren die Streiks der Autoarbeiter, Lehrkräfte und Beschäftigten im Gesundheitswesen eine wachsende Ablehnung gegenüber der kapitalistischen Ausbeutung.
Die Arbeiter weltweit sind sich zunehmend bewusst, dass ihre Kämpfe miteinander verknüpft sind. In Italien lehnen die Arbeiter Melonis Unterstützung für Krieg und Völkermord entschieden ab. Beim Streik war die Empörung über die bedingungslose Unterstützung der Regierung für Israels Massaker in Gaza, die Verteidigung des Kriegsverbrechers Benjamin Netanjahu und Italiens Beteiligung am Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland deutlich sichtbar. Die Arbeiter, die am Streik teilnahmen, riefen: „Nein zum Krieg, Ja zu Arbeitsplätzen!“ und „Stoppt die Finanzierung von Völkermord!“
Der Krieg gegen Russland und der Völkermord in Gaza können ebenso wie die Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse in den imperialistischen Zentren Nordamerikas und Europas nur durch eine internationale Mobilisierung der Arbeiterklasse erfolgreich bekämpft werden. Um einen solchen Kampf zu führen, müssen Arbeiter sowohl die Beschränkungen überwinden, die ihnen von den Gewerkschaftsbürokratien und bürgerlichen Parteien als auch durch die von ihnen propagierten nationalen Perspektiven auferlegt werden. Kräfte wie die PD und die mit ihr verbündeten Gewerkschaftsbürokratien sind seit langem Werkzeuge des italienischen Kapitalismus und rücken rapide nach rechts.
In vielen Branchen und Ländern werden unabhängige Aktionskomitees aufgebaut. Der Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) bietet den Arbeitern einen Weg zur unabhängigen Organisation auf internationaler Ebene und für einen revolutionären Kampf gegen die kapitalistische Oligarchie und für den Sozialismus.