Stellantis: Opel-Rüsselsheim reduziert auf Einschichtbetrieb

Im Opel-Werk von Stellantis in Rüsselsheim wird die Produktion ab dem 9. Dezember auf nur noch eine Schicht reduziert. Hunderte Leiharbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Auch bei den Technikern im Entwicklungszentrum sind die Arbeitsplätze in akuter Gefahr.

Bis Ende 2022 wurde in Rüsselsheim der Opel Insignia produziert [Photo by GM Company / CC BY-NC 2.0]

Diese ganze Woche stehen die Bänder still, nachdem bereits in der ersten und dritten Oktoberwoche die Produktion für mehrere Tage angehalten wurde. Das Opel-Stammwerk war ursprünglich für einen Drei-Schicht-Betrieb ausgelegt und beschäftigte zu seinen Hochzeiten über 40.000 Autoarbeiterinnen und -Arbeiter. Heute arbeiten gerade noch 1600 in der Produktion, seit Monaten nur noch im Anderthalbschicht-Betrieb. Und bald gibt es nur noch eine Schicht.

Für mehrere hundert Leiharbeiter bedeutet die Umstellung das Aus, und viele verlieren gleichzeitig ihre Anstellung in den Leihfirmen. Im Oktober mussten schon 130 Leiharbeiter Opel verlassen. Der Betriebsrat und die IG Metall weigern sich, gegen ihren Rausschmiss auch nur ernsthaft zu protestieren.

Wie es in Meldungen ausdrücklich heißt, werden alle Maßnahmen „in Absprache mit der IG Metall und dem Opel-Betriebsrat umgesetzt“ – teilweise gehen sie direkt auf deren Initiative zurück. Der Betriebsrat vertritt nicht die betroffenen Arbeiterinnen und Arbeiter, sondern handelt als verlängerter Arm des Managements, das sich „in ständigem Austausch mit dem Betriebsrat“ befindet, wie er selbst meldet.

Das Management und die gewerkschaftlichen Funktionäre spalten gemeinsam die Belegschaft, um einen effektiven solidarischen Kampf gegen die Angriffe zu verhindern. Während die Leiharbeiter rausgeworfen werden, sollen die fest angestellten Arbeiter in dieser Woche trotz des Stillstands ihren Lohn bekommen – nicht aus Sorge um ihr Einkommen, sondern um eine Solidarisierung mit den Entlassenen zu verhindern.

Die Betriebsräte haben auf die Ankündigungen von Stellantis mit der scheinheiligen Forderung nach „sofortiger Entfristung aller Kolleginnen und Kollegen mit befristeten Arbeitsverträgen“ reagiert und gefordert, dass ein weiteres Fahrzeug in Rüsselsheim gebaut wird. Derzeit werden im Werk der Astra und der DS4 gefertigt, wobei vor allem der DS4 Absatzschwierigkeiten hat. Der Opel-Vorstand hat sich in keiner Form auf diese Forderungen eingelassen. Die Gefahr besteht, dass Opel stattdessen den Großteil der befristeten Beschäftigten, deren Verträge zum Jahresende auslaufen, entlassen wird.

Der Kahlschlag trifft auch das Internationale Technische Entwicklungszentrum ITEC Rüsselsheim, wo offenbar jeder zweite Techniker, der dort noch zu Stellantis gehört, seinen Arbeitsplatz verlieren soll. Ein großer Teil des ITEC wurde schon direkt nach der Stellantis-Gründung ausgegliedert, an den Dienstleister Segula übergeben oder abgebaut.

Opel beschäftigt heute in Rüsselsheim im Ganzen nur noch etwa 9000 Menschen. Weitere rund 1000 werden abgebaut. Einst ging das Sprichwort um: „Wenn Opel hustet, bekommt Rüsselsheim die Grippe.“ Aber mit der Übernahme durch PSA und kurz danach der Fusion mit Fiat-Chrysler zu Stellantis setzte sich der Kahlschlag immer weiter fort. Von 2019 auf 2022 sank die Beschäftigtenzahl von knapp 14.000 unter 12.000, und seither werden systematisch immer mehr Arbeitsstellen vernichtet.

Auch bei Opel in Eisenach sind weit über 500 Beschäftigte oder etwa 40 Prozent nur als Leiharbeiter eingestellt. Von mehr als 2000 sind nur noch etwa 1300 Beschäftigte übrig, die dort noch im Zweischichtbetrieb den SUV Grandland bauen. Die Leiharbeiter könnten jederzeit gekündigt werden. Auch der versprochene Bau eines Batteriewerks für 2000 Mitarbeiter in Kaiserslautern ist wieder gestoppt worden und findet nicht statt. Ein anderes Opel-Werk in Aspern bei Wien wurde im Juli geschlossen.

Auf die Herausforderungen durch die globale Konkurrenz und die Umstellung auf E-Mobilität kennen der Stellantis-Vorstand und der Aufsichtsrat nur eine Antwort: Die Ausbeutung der Arbeitskräfte muss verschärft werden, damit die Profite weiter steigen. Dies hat in der Milliardärsclique an der Spitze des Unternehmens zu scharfen Konflikten geführt.

CEO Carlos Tavares, mit 36 Millionen Euro einer der bestbezahlten Manager der Welt, hat sich mit John Elkann vom italienischen Agnelli-Clan und der wohlhabenden Peugeot-Familie in Frankreich überworfen. Schon im Oktober gab Tavares bekannt, nach 2026 seinen Vorstandsposten zu räumen. Am gestrigen Montag trat er mit sofortiger Wirkung zurück.

Der Stellenabbau in Rüsselsheim ist Teil einer gewaltigen Streichorgie bei Stellantis und anderen Autokonzernen auf der ganzen Welt. Der (gemessen am Umsatz) viertgrößte Autohersteller greift auch in den USA, in Großbritannien, Italien und Frankreich Löhne und Arbeitsplätze an. In all diesen Ländern tragen die nationalen Metallgewerkschaften im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit“ dazu bei, die Angriffe gegen die Beschäftigten durchzusetzen.

In den USA hat der Konzern im Oktober unter Beihilfe der Autogewerkschaft UAW im Stellantis Lastwagenwerk Warren bei Detroit 2400 Beschäftigte entlassen. In Italien werden bis zu 12.000 Stellen bei Fiat gestrichen, das ebenfalls zu Stellantis gehört. Dagegen, und gegen die Gefährdung von weiteren 13.000 Stellen in der italienischen Zulieferindustrie, gehen immer wieder tausende italienische Autoarbeiter auf die Straße, werden jedoch bisher von der Metallgewerkschaft FIOM zurückgehalten.

In Großbritannien wird das Vauxhall-Werk in Luton geschlossen, und 1.100 Stellen werden zerstört. Vauxhall ist die Marke, die am längsten mit Opel verbunden ist, schon seit 1925, als General Motors den Konzern erstmals übernahm.

Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) hat bei Stellantis in den USA und bei Vauxhall in Großbritannien den Kampf aufgenommen, um Aktionskomitees aufzubauen, die von den Gewerkschaften unabhängig sind. Es ist der einzige Weg, um die Arbeitsplätze prinzipiell zu verteidigen und für bessere Löhne und sichere Bedingungen zu kämpfen. Dies ist ein internationaler Kampf, der sich gegen den globalen Konzern und seine milliardenschweren Aktionäre sowie gegen ihre Lakaien in den Regierungen und Gewerkschaften wendet.

Auf diese Weise muss auch der Kampf um die Arbeitsplätze bei Opel aufgenommen werden. Ein Aktionskomitee muss unabhängig von der IG Metall und den Opel-Betriebsräten gegründet werden. Es wird den Kampf um die Arbeitsplätze, Bedingungen und Löhne gemeinsam mit Stellantis-Arbeitern auf der ganzen Welt aufnehmen. Es wird auch eine wichtige Rolle im Kampf gegen die drohende Kriegsgefahr spielen. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees wird es dabei unterstützen.

Das Aktionskomitee wendet sich an alle Arbeiterinnen und Arbeiter, egal ob als Leiharbeiter, befristet oder fest eingestellt, um sie gemeinsam zu mobilisieren. „Autoarbeiter aller Welt, schließt euch zusammen!“, wie es in der Erklärung zu Vauxhall-Luton heißt.

Jedes Opfer, das IGM und Betriebsrate im Namen der „Zukunft des Standorts“ verlangen, muss zurückgewiesen werden! Es gibt keinen Grund, Zugeständnisse an die millionenschweren Vorstände und Aktionäre und ihre hochbezahlten Gewerkschaftslakaien zu machen.

Warum sollen beispielsweise technologische Errungenschaften wie E-Mobilität, digital gelenktes Fahren und künstliche Intelligenz der Steigerung der Börsenkurse oder der Finanzierung verheerender Kriege dienen? Jeder Fortschritt muss stattdessen genutzt werden, um den Arbeitsalltag zu verkürzen, die Löhne endlich zu verbessern und der ganzen Gesellschaft zu dienen. Dazu müssen die Autokonzerne unter die direkte demokratische Kontrolle der Beschäftigten gestellt werden.

Schreibt uns im untenstehenden Formular, um ein Aktionskomitee bei Opel aufzubauen!

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