Europäische Mächte beantworten Trumps Annexionspläne mit Aufrüstung

Die europäischen Mächte haben äußerst aggressiv auf wiederholte Ankündigungen des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump reagiert, Grönland und den Panama-Kanal zu annektieren. Das zeigt, dass sie Trumps Drohungen ernst nehmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem kurzfristig angesetzten Pressestatement zu Trumps Annexionsplänen [Photo by Bundesregierung/Florian Gaertner]

Nachdem Trump am Dienstag auf einer Pressekonferenz auch die Anwendung militärischer Gewalt nicht ausgeschlossen hatte, um seine Ziele zu erreichen, gab der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch ein Pressestatement ab, das live aus dem Kanzleramt gestreamt wurde. Vorher hatte sich Scholz, wie er berichtete, mit einer Reihe europäischer Staats- und Regierungschefs sowie dem Europäischen Ratspräsidenten abgesprochen.

Der deutsche Kanzler beschwor die „Unverletzlichkeit von Grenzen“ als „Grundprinzip des Völkerrechts“ und berief sich dabei auf die 1975 verabschiedete Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. „Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden,“ betonte er und geißelte den „russischen Machthaber“, der „mit seinem brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine gegen dieses Prinzip verstoßen“ habe. Scholz stellte damit Trump indirekt auf eine Stufe mit Putin.

Gleichzeitig vermied er es, Trumps Namen oder Grönland auch nur ein einziges Mal zu erwähnen, obwohl jedermann wusste, wovon er sprach. Offensichtlich war ihm daran gelegen, Trump die Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit zu signalisieren, solange er deutschen Interessen nicht zu nahe tritt.

Stattdessen erklärte Scholz nur höchst allgemein, in den Gesprächen mit den europäischen Partnern sei „ein gewisses Unverständnis deutlich geworden, was aktuelle Äußerungen aus den USA angeht“. Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gelte für jedes Land, „egal ob es im Osten oder im Westen von uns liegt, und daran muss sich jeder Staat halten, egal ob er ein kleines Land oder ein sehr mächtiger Staat ist“.

Auch Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot verurteilte die Anschluss-Drohungen Trumps. „Grönland ist ein Gebiet der Europäischen Union. Es kommt nicht in Frage, dass die EU zulässt, dass andere Nationen ihre souveränen Grenzen angreifen“, sagte er dem Sender France Inter. Er könne sich zwar nicht vorstellen, dass die USA tatsächlich in Grönland einmarschieren, aber wir gingen in eine Zeit, in der das „Recht des Stärkeren“ die internationalen Beziehungen beherrsche. Europa dürfe sich nicht einschüchtern lassen und müsse sich militärisch, wirtschaftlich und diplomatisch stärken.

Mette Frederiksen, die Ministerpräsidentin Dänemarks, zu dem Grönland seit dem 18. Jahrhundert gehört, sagte dem Sender TV2, sie habe nicht die Fantasie, sich vorzustellen, dass Trump seine Pläne für Grönland umsetzen werde. Grönland gehöre den Grönländern. Mute Egede, der Ministerpräsident Grönlands, das seit 1979 über einen Autonomiestatus verfügt, hatte Trump schon im Dezember eine Abfuhr erteilt. „Grönland gehört uns. Wir stehen nicht zum Verkauf und werden auch nie zum Verkauf stehen“, betonte er.

Was die europäischen Mächte gegen Trumps Pläne in Stellung bringt, sind nicht Sorgen um das Völkerrecht und die Unverletzbarkeit von Grenzen, sondern ihre eigenen imperialistischen Ambitionen. Seit drei Jahrzehnten unterstützen sie sämtliche imperialistische Kriege der USA, um an der Beute teilzuhaben. 1999 bombardierte die Nato Jugoslawien, um seine Aufspaltung und die Abtrennung des Kosovo von Serbien zu erzwingen. Deutschland beteiligte sich damals erstmals seit Hitlers Niederlage wieder an einem Angriffskrieg.

Lediglich dem völkerrechtswidrigen Angriff auf den Irak im Jahr 2003 widersetzen sich Deutschland und Frankreich kurze Zeit, weil er ihre eigenen Interessen berührte. Doch als Washington mit der Spaltung der Europäischen Union drohte, lenkten sie ein. Der Angriff auf Libyen im Jahr 2011, der das Land auf den Status einer Kolonie zurückbombte, ging auf französische Initiative zurück. Den Krieg in der Ukraine gegen Russland sowie den israelischen Völkermord in Gaza, den israelischen Bombenterror im Libanon, in Syrien und die Kriegsvorbereitungen gegen Iran unterstützen und finanzieren die USA und Europa gemeinsam.

Wenn Berlin und Paris nun gegen Trumps Pläne, Grönland zu annektieren, protestieren, dann, weil er ihre ureigensten Interessen berührt. Die Europäische Union ist nicht bereit, auf die mit 2,2 Millionen Quadratkilometern größte Insel der Welt zu verzichten, die reich an wertvollen Rohstoffen und mit ihrer Lage in der Arktis von herausragender strategischer Bedeutung ist.

Wladimir Lenin hatte in seiner hervorragenden, heute wieder hochaktuellen Analyse des Imperialismus nachgewiesen, dass imperialistische Bündnisse „notwendigerweise nur ‚Atempausen‘ zwischen Kriegen“ sind. „Friedliche Bündnisse bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nicht friedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik,“ schrieb er.

Die objektive Bedeutung von Trumps Rückkehr ins Weiße Haus besteht darin, dass sich die Krise des US- und des Weltkapitalismus derart zugespitzt hat, dass sie unter kapitalistischen Bedingungen nur noch durch eine gewaltsame Neuaufteilung der Welt – durch Eroberungen und die Vernichtung von Rivalen – „gelöst“ werden kann. So wie Hitler einst Österreich anschloss, das Sudetenland annektierte, die Tschechoslowakei unterwarf und schließlich Polen, Frankreich und dann die Sowjetunion überfiel, um „Lebensraum“ für die deutschen Konzerne zu schaffen, drängt Trump nach Eroberungen und Annektionen. Seine Regierung ist ein Kabinett der Oligarchen, in der die parasitärsten Elemente, die Vertreter des Finanzkapitals und der Monopole, Multimilliardäre wie Elon Musk und offene Faschisten den Ton angeben.

Die europäischen Mächte reagieren darauf, indem sie ihre eigenen imperialistischen Interessen umso aggressiver verfolgen, massiv aufrüsten und faschistischen Politikern zur Macht verhelfen, um den Widerstand gegen Aufrüstung, Krieg und ihre sozialen Folgen gewaltsam zu unterdrücken.

Scholz brüstete sich in seinem Pressestatement gegen Trump damit, dass er „die Bundeswehr auf Vordermann gebracht“ und den deutschen Wehretat in den letzten sieben Jahren mehr als verdoppelt habe. Sein Vizekanzler, der Grüne Robert Habeck, fordert eine Verdreifachung des derzeitigen Rüstungshaushalts auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Organ der Deutschen Börse, bezeichnet Trump als „Straftäter, finanziert von einem Hektomilliardär [Elon Musk], der weltweit Rechtsradikale fördert“. Die Schlussfolgerung: „Deutschland muss führen“ und Europa zusammenhalten, deutsche Untätigkeit sei gefährlicher als deutsche Macht.

Der amerikanische Druck spitzt auch die historischen Konflikte in Europa wieder zu. Gefördert von den Herrschenden, um gegen Migranten zu hetzen und soziale Opposition zu unterdrücken, gelangen immer mehr faschistische und ultranationalistische Parteien an die Macht. In Italien dominieren sie mit Giorgia Meloni, in den Niederlanden mit Geert Wilders und in Ungarn mit Viktor Orbán bereits die Regierung, in Österreich hat Herbert Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten, in Deutschland ist die AfD zweitstärkste Partei und in Frankreich steht Marine Le Pen an der Schwelle zum Präsidentenamt.

Nur eine internationale Offensive der Arbeiterklasse, die den Kampf gegen Krieg und Faschismus mit einem sozialistischen Programm zum Sturz des Kapitalismus verbindet, kann diese Entwicklung stoppen und eine Katastrophe verhindern. Dafür kämpfen das Internationale Komitee der Vierten Internationale und seine Sektionen, die Sozialistischen Gleichheitsparteien.

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