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Socialist Equality Party (Sri Lanka)
Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (Sri Lanka)

Der politische Rückzug der LSSP

14.1. Nach 1953 degenerierte die LSSP schnell, wobei sie das pablistische Internationale Sekretariat stets unterstützte. Innerhalb von nur etwas mehr als zehn Jahren gab die Partei jeden Kampf für den Trotzkismus auf, öffnete sich dem singhalesischen Kommunalismus und verriet die Arbeiterklasse, indem sie 1964 in eine bürgerliche Koalition mit der SLFP eintrat und damit die volle Verantwortung für die Verwaltung des kapitalistischen Staates übernahm. Die Degeneration der LSSP war bei jedem Schritt eng mit ihrer politischen Anpassung an Bandaranaike und die SLFP verbunden – d.h. an die kommunalistische Politik des singhalesischen Populismus, der zumindest anfangs mit antiimperialistischer und sozialistischer Demagogie ausgeschmückt war. Die Unfähigkeit der LSSP, entschlossen und prinzipienfest gegenüber der SLFP aufzutreten, erklärte sich aus ihrem Rückfall in die kleinbürgerlich-radikalen Traditionen des Samasamajismus. Sie war keine politisch homogene Partei mehr. Teile der ehemaligen BLPI hingen immer noch an den Traditionen des proletarischen Internationalismus, der sich 1948 in der riesigen Kundgebung gegen den Betrug der „Unabhängigkeit“ gezeigt hatte. Aber vom rechten Flügel der Partei unter N.M. Perera wurde der Partei eine zunehmend nationalistische Orientierung verpasst, an die sich ehemalige BLPI-Führer wie Colvin R. de Silva und Leslie Goonewardene anpassten. Schritt für Schritt besiegte Perera den inneren Widerstand gegen ein offenes Bekenntnis zur SLFP und ihren singhalesischen Populismus.

14.2. Vor der Wahl von 1956 versuchte Bandaranaike Teile der singhalesischen Bourgeoisie zu mobilisieren – Kleinunternehmer, buddhistische Mönche und ayurvedische Ärzte – die erbost darüber waren, unter der britischen Kolonialregierung an den Rand gedrängt worden zu sein. Bandaranaike knüpfte an die Demagogie früherer Bewegungen, die den Buddhismus wiederbeleben wollten, an und bezeichnete die Singhalesen als „einzigartige Rasse“, die in der Regierung des Landes die vorherrschende Rolle einnehmen müsse. 1955 ließ die SLFP ihre Forderung fallen, Singhalesisch und Tamilisch statt Englisch zu den offiziellen Amtssprachen zu machen. Stattdessen sollte Singhalesisch die einzige Amtssprache werden – d.h. die Sprache, die in Gerichten, im öffentlichen Dienst, dem Bildungssystem und bei allen offiziellen Angelegenheiten gültig ist. Bandaranaike versprach außerdem, dem Buddhismus eine offizielle Sonderstellung einzuräumen. Indem sie die Bevorzugung der Singhalesen zum Leitprinzip ihrer Politik machte, erkärte die SLFP Tamilen und tamilischsprachige Moslems zu Bürgern zweiter Klasse. Um seinen singhalesischen Populismus um sozialistische Phrasen und eine antiimperialistische Fassade zu ergänzen, nahm Bandaranaike für die Wahl 1956 die VLSSP von Philip Gunawardena in seine Mahajana Eksath Peramuna (MEP), oder Vereinte Volksfront, auf.

14.3. Die LSSP war gegen die Bevorzugung der Singhalesen und verteidigte die demokratischen Rechte der tamilischen Minderheit trotz brutaler Übergriffe singhalesischer Rassisten. Die Argumente der LSSP-Führung waren jedoch ein deutlicher Schritt weg vom proletarischen Internationalismus der BLPI. Die LSSP akzeptierte nicht nur die Rechtmäßigkeit des srilankischen Staates, sondern argumentierte auch, die Bevorzugung der Singhalesen würde die Einheit der Nation unterminieren. Ihr Widerstand basierte auf der Verteidigung der nationalen Einheit, nicht auf dem Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse. In einer Rede im Parlament im Oktober 1955 warnte N.M. Perera: „Es wird zu einer dauerhaften Teilung des Landes kommen, wir werden nie ein vereinigtes Ceylon haben, und es wird viel Blutvergießen geben, das uns nirgendwo hinführt, und am Ende wird dieses Land entweder eine Kolonie oder ein Spielzeug für interessierte Großmächte sein.“[31] Das war kein prinzipieller Standpunkt. Trotz Bandaranaikes Bevorzugung der Singhalesen erklärte sich die LSSP bereit, der SLFP im Wahlkampf keine Konkurrenz zu machen. Damit trug sie dazu bei, diese bürgerliche Partei als progressive Alternative zur UNP glaubwürdig zu machen. Nachdem die SLFP einen deutlichen Wahlsieg errungen hatte, verlegte sich die LSSP auf eine „entgegenkommende Kooperation“ mit der Regierung von Bandaranaike. 1956 und 1957 stimmte sie der Thronrede zu, in der die Regierungspolitik für das kommende Jahr umrissen wurde. Erst als es Ende 1957 zu Streiks kam, begann sie, Bandaranaike zu kritisieren.

14.4. Die neue SLFP-geführte Regierung konzentrierte sich darauf, in allen Bereichen die Vorherrschaft der Singhalesen zu sichern. Damit provozierte sie Proteste der Tamilen und brutale Pogrome von singhalesischen Extremisten, die alle Versuche Bandaranaikes, mit den tamilischen Eliten Kompromisse zu verhandeln, als Verrat ansahen. Die beschränkten Verstaatlichungen, die seine Regierung durchführte, vergrößerten die Rolle des Staates und lieferten der singhalesischen Mehrheit damit Arbeitsplätze. Mit dem Ausbau des Bildungs- und Gesundheitswesens sollte unter der singhalesischen Landbevölkerung die Wählerbasis konsolidiert werden. Die Regierung war jedoch unfähig, die Grundbedürfnisse der Arbeiter und der bäuerlichen Massen zu befriedigen, was zu Streiks und Protesten führte. Der arbeiterfeindliche Charakter der SLFP-Regierung zeigte sich bald, als sie im März 1958 kurz nach der Verhängung eines zehnmonatigen Notstands die Sicherheitsgesetze (Public Security Act) verschärfte. Nachdem Bandaranaike die Politik des singhalesischen Kommunalismus ausgenutzt hatte, um für die SLFP eine Basis in der Landbevölkerung aufzubauen und die Arbeiterklasse zu spalten, wurde er zum Opfer seiner eigenen Schöpfung: Er wurde im September 1959 von einem buddhistischen Extremisten ermordet. Der rechte Flügel seiner eigenen Partei befürchtete, dass die Regierung nicht in der Lage sein werde, eine wachsende Bewegung der Arbeiterklasse zu kontrollieren. Er war ebenfalls in das Attentat verwickelt. Der gleiche rechte Flügel hatte bereits auf der Entlassung von Philip Gunawardena von seinem Ministerposten bestanden. Gunawardena übernahm den Namen der MEP für seine eigene rassistisch-singhalesische Partei.

14.5. Im Jahr 1960 rückte die LSSP noch weiter nach rechts. Bei der ersten Wahl im März verzichtete die LSSP auf jeden Anschein von revolutionärem Marxismus und bekannte sich zum parlamentarischen Weg zum Sozialismus. Sie erklärte, die UNP und die SLFP seien vollständig diskreditiert und trat für „eine samasamajistische Regierung“ auf parlamentarischem Weg ein. Sie schwächte ihre bisherige Position zur Frage der Amtssprache stark ab und ließ die Forderung nach der Gleichstellung von Singhalesisch und Tamilisch fallen; auch bei der Frage der Staatsbürgerschaft gab sie nach und erklärte, die Frage könnte zwischen der indischen und der srilankischen Regierung verhandelt werden, ohne dabei auf die Plantagenarbeiter Bezug zu nehmen. Das pablistische Internationale Sekretariat unterstützte den Kretinismus der LSSP und ihre Anpassung an kommunalistische Politik und nannte ihren Wahlkampf einen „entschlossenen Machtkampf.“

14.6. Anstatt die Wahl zu gewinnen, erhielt die LSSP weniger Sitze als 1956, was zu einer Krise führte. N.M. Perera ergriff die Gelegenheit, um erstmals vorzuschlagen, dass sich die Partei darauf vorbereiten solle, einer kapitalistischen Regierung mit der SLFP beizutreten. Seine Resolution wurde auf einem Parteikongress im Mai 1960 angenommen, wurde aber durch die Wahl eines Zentralkomitees vereitelt, in dem sein rechter Flügel eine Minderheit darstellte. Als die kurzlebige UNP-Regierung zusammenbrach und im Juli 1960 Neuwahlen stattfanden, schloss die LSSP dennoch ein Abkommen mit der SLFP ab, nicht gegen sie zu konkurrieren. Als eine neue SLFP-Regierung unter Führung von Bandaranaikes Witwe gebildet wurde, unterstützte die LSSP ihre Politik und stimmte für ihre erste Thronrede und ihren ersten Haushaltsplan.

14.7. Erst jetzt begann das pablistische Internationale Sekretariat (IS), verhaltene Kritik zu äußern. Es hatte nicht gegen die früheren derartigen Abkommen der LSSP protestiert, auch nicht gegen ihre „entgegenkommende Kooperation“ mit der SLFP 1956. Die einzige Kritik des IS am Kurs der LSSP im März 1960 war, dass er nicht erfolgreich war, weswegen eine „gründliche Untersuchung“ die Gründe für die Wahlniederlage herausfinden müsse. Aber als N.M. Perera vorschlug, in eine kapitalistische Regierung einzutreten, begann das IS eine politische Vertuschungskampagne für seinen eigenen Opportunismus. Mit Verspätung erklärte es, das Abkommen, sich keine Konkurrenz zu machen, berge die Gefahr „in den Massen Illusionen in das Wesen der SLFP zu schüren.“ Auf dem sechsten Weltkongress wurde die LSSP für ihre Unterstützung der Thronrede und des Haushaltsplans verurteilt. Aber das IS schloss nicht die Möglichkeit aus, „in einem kolonialen oder halbkolonialen Land“ eine Regierung kritisch zu unterstützen, die „nicht von der Arbeiterklasse gestellt wird (sei sie kleinbürgerlich oder kapitalistisch).“ Damit unterstützte das IS die Rechtswende der LSSP und hielt ihr den Rücken für eine Fortsetzung ihres Opportunismus‘ frei.

14.8. Der Pablismus unterstützte auch die Annäherung der LSSP an die stalinistischen Regimes in der Sowjetunion und in China. Unter dem Eindruck des Ungarn-Aufstandes ein Jahr zuvor besuchte 1957 eine Delegation der LSSP, darunter Edmund Samarakkody und Colvin R. de Silva, Moskau als offizielle Gäste und verlor kein Wort darüber, wie die Sowjetarmee die ungarischen Arbeiter unterdrückt hatte. Im gleichen Jahr veröffentlichte die Zeitung der LSSP einen Leitartikel mit dem Titel: „Zu Ehren von Chou En-lai.“ Darin wurden der chinesische Außenminister und seine stalinistischen Mitstreiter für „die immensen Opfer“ gelobt, die sie „gebracht hatten, um die chinesische Revolution zum Sieg zu führen.“ Die amerikanische Socialist Workers Party kritisierte die LSSP in einem Leitartikel, in dem es hieß: „Chou En Lai und die Kommunistische Partei Chinas haben weder ‚die chinesische Revolution zum Sieg geführt‘, noch können sie rechtmäßig mit diesem Sieg identifiziert werden.“ Die LSSP-Delegation, die nach China reisen sollte, wurde aufgefordert, mit Nachdruck die Freilassung der chinesischen Trotzkisten zu verlangen, was die LSSP-Führung rundheraus ablehnte.


[31]

Blows against the Empire, S. 169. (aus dem Engl.)