Zweite IYSSE-Wahlkampfveranstaltung: Wie die Rückkehr des deutschen Militarismus an der HU vorbereitet wurde

Am Donnerstag diskutierten rund 50 Studierende und Arbeiter auf der zweiten Online-Wahlkampfveranstaltung der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) darüber, wie die Rückkehr des deutschen Militarismus an der Berliner Humboldt-Universität (HU) ideologisch vorbereitet wurde.

Die Hochschulgruppe der IYSSE tritt zu den Wahlen des Studierendenparlaments (StuPa) an der HU am 12. Juli an und kämpft für den Aufbau einer internationalen sozialistischen Bewegung gegen Krieg und soziale Ungleichheit.

Auf der ersten Wahlveranstaltung „Stoppt den Krieg! 100 Milliarden Euro für Bildung und Gesundheit, statt für Aufrüstung!“ warnten wir davor, dass der Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland zu einem dritten Weltkrieg eskalieren könnte. Wie real diese Warnung ist, zeigte sich wenige Tage später beim Nato-Gipfel in Madrid, auf dem die Mitgliedsländer ihre nuklearen Kriegspläne gegen Russland und China berieten.

„Deutschland spielt bei der Aufrüstung eine zentrale Rolle“, betonte IYSSE-Wahlkandidat Gregor Kahl in seinem einleitenden Vortrag zur zweiten Veranstaltung. Er legte detailliert dar, dass sich die Humboldt-Uni immer mehr in ein Zentrum der militaristischen Ideologie verwandelt hat.

Bereits im Vorfeld der Veranstaltung hatten IYSSE-Mitglieder am Campus mit Studierenden über die deutsche Kriegs- und Großmachtpolitik diskutiert. Viele von ihnen sprachen sich vehement gegen die Geschichtslügen an der HU aus und verurteilten die rechten Angriffe auf Studierende. 

„Als wir vor acht Jahren angefangen haben aufzuzeigen, wie Professoren dieser Universität die Verbrechen des deutschen Imperialismus verharmlosen und für brutale Kriege trommeln, wurden wir von Vertretern aller Bundestagsparteien, von den meisten Medien und von der Unileitung angegriffen“, erklärte Kahl. „Mittlerweile ist klar warum: die rechte Ideologie und die bodenlose Geschichtsfälschung ist jetzt offizielle Regierungslinie.“

Berüchtigt für ihre Kriegshetze seien vor allem der mittlerweile emeritierte Professor Herfried Münkler, der am Institut für Sozialwissenschaften lehrte, und der rechtsradikale Professor Jörg Baberowski, der bis heute den Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte leitet. Beide haben es sich zur Aufgabe gemacht, „die Geschichte umzuschreiben und den deutschen Imperialismus von seinen Verbrechen im Ersten und Zweiten Weltkrieg reinzuwaschen“, erklärte Kahl. Er zitierte ausführlich aus den Veröffentlichungen von Baberowski, die keinen Zweifel daran lassen, dass er den Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion relativiert und Hitler verharmlost.

Mehrere Zuhörer der Veranstaltung reagierten schockiert, als Kahl ein Video zeigte, auf dem zu sehen ist, wie der Professor jetzt sogar selbst als rechtsradikaler Aktivist über den Campus zieht, studentische Wahlplakate abreißt und den StuPa-Abgeordneten der IYSSE Sven Wurm tätlich angreift. Wurms offener Brief an das Präsidium der HU, in dem er ein Disziplinarverfahren gegen Baberowski forderte, blieb unbeantwortet.

Die Unileitung, sämtliche Bundestagsparteien und die meisten Medien stellen sich hinter Baberowski und bezeichnen Kritik an seiner Geschichtsfälschung als Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit, so Kahl. Ein Teilnehmer fragte entsetzt, wie es sein kann, dass Baberowski volle Rückendeckung von oben bekommt und weiterhin den Lehrstuhl innehat.

Kahl machte in seinem Vortrag deutlich, dass das kein Zufall ist. Im Gegenteil: „Mittlerweile hat die Regierung weite Teile von Baberowskis und Münklers Positionen ganz offen übernommen.“ Der russische Einmarsch in die Ukraine werde immer öfter mit dem Vernichtungskrieg der Nazis und sogar dem Holocaust auf eine Stufe gestellt:

Wir beschönigen nicht die reaktionäre Invasion Putins in der Ukraine, aber der Überfall hat nicht ansatzweise die Dimensionen des Nazi-Vernichtungskriegs oder der Angriffskriege der Nato-Mächte gegen Irak, Syrien, Libyen oder Afghanistan, die Millionen Menschenleben forderten und mit größter Brutalität durchgeführt wurden. Den russischen Einmarsch mit Vernichtungskrieg und Holocaust gleichzusetzen, ist eine unerträgliche Geschichtsfälschung, die dazu dient, den deutschen Imperialismus von seinen Verbrechen reinzuwaschen.

Gleichzeitig würden faschistische Kräfte in der Ukraine gezielt hochgerüstet und hier in Deutschland medial hofiert, wie zuletzt der Fall Andrij Melnyk zeigte. Der ukrainische Botschafter in Berlin wurde von Talkshow zu Talkshow gereicht, obwohl er seit langem den Nazi-Kollaborateur und Antisemiten Stepan Bandera offen verehrt und dessen faschistische Bewegung rehabilitiert.

„Der Grund für diese bodenlose Geschichtsfälschung liegt in der Kriegspolitik“, die von der großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werde, betonte Kahl und empfahl allen Zuhörern das Buch „Warum sind sie wieder das?“ von Christoph Vandreier, das auf diesen Zusammenhang zwischen Geschichte und Politik genauer eingeht. Die herrschende Klasse versuche mit allen Mitteln, die breite Opposition gegen Krieg und Faschismus, die sich nach den Schrecken zweier Weltkriege in das Bewusstsein der Menschen eingebrannt hat, zu durchbrechen.

Doch die International Youth and Students for Social Equality, die in zahlreichen Ländern mit Gruppen vertreten sind, stützen sich auf den wachsenden Widerstand, der sich überall auf der Welt gegen die galoppierende Inflation, Lohnraub und Massenentlassungen entwickelt. Nur zwei Tage nach der Veranstaltung stürmten Hunderttausende in Sri Lanka den Präsidentenpalast und erzwangen den Rücktritt der Regierung. Gregor Kahl zeigte in seinem Beitrag eine Weltkarte, auf der Hunderte Streiks verzeichnet waren, die seit dem Ukrainekrieg ausgebrochen waren. „Diese mächtige internationale Arbeiterklasse ist die soziale Grundlage, auf die sich eine Bewegung gegen den Krieg gründen muss.“

Die Veranstaltung endete mit einem starken Appell an alle Teilnehmer, bei der StuPa-Wahl am 12. Juli für die IYSSE (Liste 4) zu stimmen und sich dem Kampf für Sozialismus anzuschließen. Alle Informationen, einschließlich der Hinweise zu den Wahllokalen, findet ihr hier auf der Website der IYSSE.

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