Rekordhitzewelle in den USA und Europa zeigt die wachsenden Gefahren des Klimawandels

Eine Hitzewelle und extreme Wetterverhältnisse haben die USA und die ganze Welt erfasst. Der Süden der USA und Europas wurden von Rekordtemperaturen heimgesucht, während im Norden der USA und Nordindien Überschwemmungen und Stürme Schäden in Milliardenhöhe verursacht haben. 

Arbeit unter extremer Hitze: Mitglieder der Elektrikergewerkschaft IBEW Local 11 beim Ausbau alter Kupferleitungen am Viadukt der Cesar Chavez Avenue (Los Angeles), 13. Juli 2023 [AP Photo/Damian Dovarganes]

Im Südwesten der USA erreichten die Temperaturen weit über 40 Grad. Las Vegas (Nevada) verzeichnet bereits seit mehreren Wochen Temperaturen von über 43 Grad, und am Wochenende wurde der bisherige Rekord von 47 Grad erreicht. 

Auch in Phoenix (Arizona) liegen die Temperaturen seit zwei Wochen bei 43 Grad und darüber. Laut Wettervorhersage werden sie auch nächste Woche auf diesem Niveau bleiben. Damit wird die Stadt ihren Rekord von 18 aufeinanderfolgenden Tagen mit über 43 Grad brechen. Da die Temperaturen auch nachts im Bereich von über 30 Grad bleiben, könnte auch der Rekord für die längste Periode von Nächten mit über 30 Grad gebrochen werden. 

In El Paso (Texas) wurde bereits der Rekord für die längste Zeit mit Temperaturen über 30 Grad gebrochen. Sie liegen seit über 28 Tagen in Folge bei mehr als 30 Grad – Tendenz steigend. 

Die extreme Hitze im Südwesten der USA ist die Folge einer Omega-Wetterlage, die konstant über der Region bleibt und im Englischen als „heat dome“ bezeichnet wird. Das Hochdrucksystem presst heiße Luft über die Region und sorgt für Spitzenwerte bei den Temperaturen. 

Das globale Wettergeschehen neigt dazu, sich von Hochdruck- zu Tiefdrucksystemen zu bewegen. Dies verhindert, dass kühlere Luft in das Hochdruckgebiet eindringt und hat den nördlichen Jetstream weiter nach Norden verlagert. Das Ergebnis sind die extremen Wetterbedingungen der letzten Wochen. 

Durch das Omegahoch ist außerdem heiße, feuchte Luft aus dem Golf von Mexiko nördlich in den Südosten der USA und die Great Plains gelangt, wo sie ebenfalls gefährlich hohe Temperaturen verursacht. 

In Florida und einem Großteil des Südens liegen die Temperaturen bei über 35 Grad. In weiten Teilen von Texas, Oklahoma und in Gebieten von Kansas lagen sie am Wochenende bei über 37 Grad. Das Wasser vor der Küste von Florida hat eine Rekordtemperatur von 36 Grad erreicht und bedroht das Leben im Meer.

Mehr als 100 Millionen Menschen im ganzen Land sind von der extremen Hitze betroffen. 

Beide Wettersysteme mit hoher Hitze sind für Menschen gefährlich und tödlich. Im trockenen Südwesten ist die Luft so heiß, dass sie der Haut die Feuchtigkeit entzieht, bevor man schwitzen kann. Dies führt zu der gefährlichen Situation, in der sich der Mensch nicht bewusst ist, wie viel Wasser er verliert, was die Gefahr von Dehydrierung und Hitzeschlag erhöht. 

Im schwülen Südosten der USA ist die Luft so feucht, dass der Hitzeindex weit in den Bereich über 40 Grad reicht. Bei einer so hohen Luftfeuchtigkeit kann der Schweiß kaum verdampfen und den Körper abkühlen, was ein ähnlich gefährliches Potenzial für hitzebedingte Gesundheitsrisiken schafft. 

Extrem heißes Wetter ist in den USA die häufigste Todesursache unter den natürlichen Risiken. Im Durchschnitt gibt es in den USA jährlich 700 Hitzetote, 9.000 Menschen müssen wegen Hitze ins Krankenhaus. Ein Großteil davon sind Obdachlose, die keinen zuverlässigen Schutz vor der drückenden Hitze haben. 

Allein in Maricopa County (Phoenix, Arizona) war letztes Jahr die Hitze für den Tod von 425 Menschen verantwortlich, von denen 56 Prozent obdachlos waren. 

Wenn man einer derartigen Hitze über längere Zeit ausgesetzt ist, steigt das Risiko weiter an, was die aktuelle Hitzewelle noch gefährlicher macht.

Doch nicht nur die USA sind betroffen. In Europa hat eine ähnliche Hitzewelle mit dem Namen Cerberus die Temperaturrekorde in Frankreich, Italien, der Schweiz, Deutschland und Spanien gebrochen. 

In Griechenland und Spanien erreichten die Temperaturen über 40 Grad. In Athen wurde aufgrund der Hitze zeitweise die Akropolis geschlossen. Um die spanische Region Extremadura wurden Landtemperaturen von über 60 Grad gemessen, auf Sardinien und Sizilien bis zu 47 Grad. 

Die Rekordhitze und ihre tödlichen Folgen sind das Ergebnis des vom Kapitalismus verursachten Klimawandels und der völligen Gleichgültigkeit der Regierungen auf der ganzen Welt. 

Der Direktor für Klimawissenschaft, -bewusstsein und -lösungen am Columbia University’s Earth Institute, James Edward Hanse, schrieb auf Twitter zu der Hitzewelle: „Das Klima scheint auf eine neue Grenze zuzusteuern, die es seit mehr als einer Million Jahren nicht mehr gab. Sie können kontinuierliche monatliche Rekorde durch das derzeit extreme weltweite Energieungleichgewicht erwarten.“

Dieses Ungleichgewicht ist das Ergebnis des schon länger andauernden Ausstoßes von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan. Diese Gase halten die Infrarotstrahlung in der Erdatmosphäre, die ansonsten ins Weltall abstrahlen würde. Die überschüssige Energie im Klimasystem der Erde hat zu überdurchschnittlich hohen Temperaturen an Land und auf dem Meer beigetragen. 

Hohe Temperaturen in den Ozeanen sorgen für ein Übermaß an Feuchtigkeit in der Atmosphäre, was zu immer häufigeren Starkregenereignissen wie im Nordosten der USA führt, wo letzte Woche die Innenstadt von Burlington (Vermont) und das Hudson Valley in New York überflutet wurden. Gleichzeitig trocknen noch höhere Temperaturen Teile der Erde über das normale Maß hinaus aus, wodurch sich Dürren und Hitzewellen verschlimmern und verlängern. 

Solche Extreme werden sich nur noch verschlimmern, wenn das Wetterphänomen El Niño nach drei Jahren zurückkommt. El Niño ist der Wärmezyklus im Rahmen der El Niño Southern Oscillation. In den letzten drei Jahren herrschte La Niña, d.h. die Gewässer vor der Westküste von Südamerika waren kühler als normal. El-Niño-Bedingungen entstehen, wenn das kühle Wasser absinkt und von Wasser ersetzt wird, das wärmer als normales Oberflächenwasser ist. Dieses warme Wasser sorgt im Südwesten für höhere Feuchtigkeit als in den La-Niña-Jahren, aber auch für überdurchschnittlich hohe globale Temperaturen. Das diesjährige El-Niño-Wetter hat gerade erst begonnen und wird das Jahr 2023 vermutlich noch katastrophenreicher machen. 

In Kanada haben die heißeren und trockeneren Wetterbedingungen zu massiven Waldbränden geführt. Der Rauch zog bis in die USA und gefährdet dort, hunderte Kilometer entfernt, die Gesundheit der Menschen, die ihn einatmen. Laut der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) gab es in den USA in diesem Jahr bisher zwölf einzelne Katastrophen mit Schäden von mehr als einer Milliarde Dollar. Diese Ereignisse haben 100 Todesopfer und Schäden in Höhe von über 32,7 Milliarden Dollar verursacht. 

Wissenschaftler warnen schon seit Jahren vor den Auswirkungen des Klimawandels auf die Intensität und Häufigkeit von großen Wetterereignissen und Naturkatastrophen. Laut einer aktuellen Studie der World Weather Attribution wäre die Rekordhitzewelle im Mittelmeer im Frühjahr dieses Jahres ohne die Erderwärmung wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Die Temperaturen wären mehrere Grade niedriger gewesen, wenn die Welt nicht vom Klimawandel betroffen gewesen wäre.

Die Studie stellt auch fest, dass die beobachteten extremen Wetterereignisse in einigen Teilen der Welt schlimmer sind, als es die Klimamodelle prognostiziert haben, was zeigt, wie schnell sich der Klimawandel vollzieht. 

Der Klimawissenschaftler Zeke Hausfather von Berkeley Earth schätzte im April die Wahrscheinlichkeit, dass 2023 die Extreme des Rekordjahres 2016 bricht, auf nur 22 Prozent. Jetzt liege die Wahrscheinlichkeit bei etwa 77 Prozent.

Er fügte hinzu: „Wir erwarten, dass 2024 noch wärmer sein wird, da dann der Großteil der Auswirkungen von El Niño zu spüren sein werden.“ 

Bereits im 19. Jahrhundert fanden Wissenschaftler erste Hinweise auf die Bedeutung von Kohlendioxid bei der Erwärmung der Erdatmosphäre. Der schwedische Physiker und Chemiker Svante Arrhenius prognostizierte erstmals, dass Veränderungen des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre die Oberflächentemperatur der Erde verändern könnten. 

Gilbert Plass entwickelte 1956 seine Kohlendioxid-Theorie zum Klimawandel, und Wissenschaftler begannen zu warnen, dass die steigende Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre langfristige Konsequenzen für das Klima haben könnten. 

Der Wissenschaftler und Nobelpreisträger Glenn Seaborg warnte1966: „Bei dem Tempo, in dem wir momentan der Atmosphäre Kohlendioxid zuführen (sechs Milliarden Tonnen pro Jahr), könnte sich das Wärmegleichgewicht der Atmosphäre in den nächsten Jahrzehnten so weit verändert haben, dass es zu deutlichen Veränderungen des Klimas kommt – Veränderungen, die wir möglicherweise nicht kontrollieren können, selbst wenn wir bis dahin große Fortschritte bei unseren Programmen zur Wetterveränderung gemacht haben.“

Heute erreichen die Kohlenstoffemissionen fast 37 Milliarden Tonnen pro Jahr, sechsmal mehr als die Menge, die Wissenschaftler in den 1960ern beunruhigt hatte. 

Doch trotz der eindeutigen Warnungen und der überwältigenden Beweise, dass menschliches Verhalten den Klimawandel verursacht und dass er zu immer größeren Naturkatastrophen führt, unternehmen die kapitalistischen Regierungen fast nichts, um den Klimawandel zu bekämpfen. 

Die beschränkten Anstrengungen, die bisher unternommen wurden, sind überwiegend darauf ausgerichtet, Profite für die so genannte „grüne“ Industrie zu schaffen. Auch wenn es bei der Suche nach Alternativen zu fossilen Brennstoffen große Fortschritte gibt, erfordert die schwere Klimakrise viel mehr als die passive und selbstgefällige Haltung der kapitalistischen Regierungen, die sich allesamt den Bedingungen des Profitsystems unterwerfen. 

Die kapitalistische Industrie ist zu stark mit der fossilen Brennstoffindustrie verflochten, um eine wissenschaftliche Herangehensweise zur Bekämpfung des Klimawandels möglich zu machen. Alles Gerede von der Verringerung der Kohlenstoffemissionen und dem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist auf Jahrzehnte ausgelegt, als stünden noch Jahrzehnte zur Bekämpfung der Krise zur Verfügung.

Der Kampf gegen den Klimawandel ist unvereinbar mit einem globalen Wirtschaftssystem, das Profite höher stellt als Menschenleben und die Umwelt. Wie die Corona-Pandemie gezeigt hat, ist die Kapitalistenklasse mehr als bereit, so viele Leben zu opfern wie nötig, um die Profite weiterhin fließen zu lassen.

Nur eine internationale Massenbewegung der Arbeiterklasse, die von wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem sozialistischen Programm angeleitet wird, kann den Klimawandel bekämpfen und das kapitalistische Profitsystem abschaffen.

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