Globaler Stellenabbau in der Autoindustrie angekündigt

Unter den Stellantis-Beschäftigten in den USA wächst die Wut über die drohende Entlassung von bis zu 3.700 Arbeitern im Toledo Assembly Complex und im Detroit Assembly Complex-Mack. Der Stellenabbau ist Teil einer weltweiten Entlassungswelle in der Automobilindustrie, betroffen sind auch die deutschen Zulieferer Bosch und Continental sowie der global operierende Automobilkonzern Volkswagen.

Streikende Toledo Jeep-Arbeiter am 15. September 2023 [Foto: WSWS]

Stellantis kündigte den Stellenabbau an, kurz nachdem die US-Automobilarbeitergewerkschaft United Auto Workers (UAW) neue Tarifverträge mit viereinhalbjähriger Laufzeit gezeichnet hatte. Diese sollten nach Angaben von Gewerkschaftsvertretern „historische“ Verbesserungen für 146.000 Beschäftigte von Stellantis, Ford und GM beinhalten. In Wirklichkeit bedeutet die vom UAW-Apparat durchgesetzte Vereinbarung Grünes Licht für die Streichung von Zehntausenden Arbeitsplätzen durch die Automobilhersteller.

In den Werken Toledo und Mack werden Fahrzeuge der Marke Jeep hergestellt. Der Stellenabbau wird sich auch auf die Zulieferer in der Region auswirken: Syncreon in Toledo kündigte am 5. Februar an, 68 Arbeitsplätze zu streichen. Borg Warner, ein Stellantis-Zulieferer, will sein Werk in Kokomo bis Ende des Jahres schließen, was 100 Arbeitsplätze kosten wird.

Der Stellenabbau setzt das verstärkte Tempo bei Entlassungen in der Gesamtwirtschaft im Jahr 2023 fort. Die Zahl der Entlassungen hat sich in den USA gegenüber dem Vorjahr 2022 fast verdoppelt und erreichte 700.000. Dieser Angriff auf die Arbeiterklasse ist das beabsichtigte Ergebnis der Wirtschaftspolitik von Seiten der Regierung Biden und der US-Notenbank, welche die Zinssätze im Namen der „Inflationsbekämpfung“ auf ein 40-Jahres-Hoch gepusht hat. Tatsächlich soll diese Politik die Arbeitslosigkeit absichtlich in die Höhe treiben, um die wachsende Streikwelle in den USA und weltweit zu untergraben.

Die Kürzungen bei Stellantis werden in erster Linie die Zeitarbeiter treffen. Ihnen hat der angeblich „reformierte“ UAW-Apparat unter der Führung des Gewerkschaftsvorsitzenden Shawn Fain falsche Versprechungen gemacht, dass sie mit der Verabschiedung der nationalen Tarifverträge andere, vorteilhaftere Verträge erhalten würden. Stattdessen droht ihnen nun die Entlassung auf unbestimmte Zeit, ohne Garantie, dass sie jemals wiedereinsteigen können.

Stellantis-Vertreter haben erklärt, dass die Kürzungen mit der UAW während der Tarifverhandlungen vereinbart wurden. In einem eklatanten Akt der Täuschung verheimlichte die UAW dies vor der Belegschaft, als sie auf die Ratifizierung der Vereinbarung drängte.

Das Unternehmen rechtfertigt den Stellenabbau mit der absurden Behauptung, dieser Schritt sei auf die Einführung strengerer Emissionsnormen für Kraftfahrzeuge durch den Staat Kalifornien zurückzuführen. Der Staat will den Verkauf von reinen Verbrenner-Fahrzeugen allerdings erst ab 2035 verbieten.

Die Kürzungen entkräften auch die Behauptung, dass die Tarifvereinbarung 2023 ein „historischer Sieg“ für die Automobilarbeiter war. Die World Socialist Web Site hatte wiederholt gewarnt, dass den Automobilarbeitern ein globaler Stellenabbau droht, wenn die Autohersteller auf Elektrofahrzeuge umstellen, deren Produktion weniger Arbeit erfordert. Branchenberichte gehen davon aus, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Hälfte oder mehr aller Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in den Vereinigten Staaten im Zuge der Umstellung auf Elektrofahrzeuge wegfallen werden.

Arbeiter berichteten der World Socialist Web Site, dass es auf der Versammlung eines UAW-Ortsverbandes am Freitag in Toledo zu Wutausbrüchen kam, nachdem die Gewerkschaftsfunktionäre keine Antworten auf den bevorstehenden Stellenabbau im Jeep-Komplex gegeben hatten. Ein befristet beschäftigter Arbeiter sagte der WSWS: „Die TPTs (befristete Teilzeitbeschäftigte) wissen nicht, was vor sich geht. Sie bekommen keine Antworten von der Gewerkschaft, und es herrscht große Verwirrung. Sie sind empört, und sie haben auch allen Grund, wütend zu sein. Die Gewerkschaft hat die örtliche Versammlung der Nachtschicht geschlossen, weil ein Mann den Ausschuss wegen der Entlassungen beschimpft hat.“

Ein Zeitarbeiter bei Jeep, dem persönlich die Entlassung droht, sagte der WSWS: „Ich traue Fain nicht. Sie hatten die Entlassungen schon vor dem Streik geplant. Sie haben gestreikt, nur damit sie sagen konnten, es sei eine „Rekord“-Vereinbarung. Der Tarifabschluss wäre so oder so zustande gekommen. Das wurde deutlich, als sie uns vor der Abstimmung wieder an die Arbeit schickten.“

Ford und General Motors (GM) in den USA haben ebenfalls Kürzungen angekündigt, wobei Ford die Produktionsziele für 2024 in seinem Elektrofahrzeugwerk Ford F-150 in Dearborn um die Hälfte reduziert hat. Die Produktionskürzungen bedeuten, dass etwa die Hälfte der derzeit 2.200 Mitarbeiter des Werks entlassen werden könnte. Ford hat im November letzten Jahres nach der Unterzeichnung des Tarifvertrags in seinem Montagewerk in Louisville vorübergehend 1.600 Mitarbeiter entlassen.

GM entlässt in seinem Montagewerk in Lake Orion mehr als 945 Beschäftigte auf unbestimmte Zeit, nachdem sich der Produktionsbeginn für die neuen Elektro-Lkw verzögert hat. Weitere 369 Beschäftigte werden im GM-Werk Lansing-Grand River entlassen.

Nach der Unterzeichnung des von der UAW ausgehandelten Tarifvertrags bot Stellantis 6.400 seiner 12.700 Angestellten eine Übernahme an. Das Unternehmen erklärte, dies sei ein Schritt zur Kostensenkung im Zuge der Umstellung auf Elektrofahrzeuge. Die Tarifvereinbarungen bei allen drei Automobilherstellern sehen Buyout-Pakete für die „freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ vor, um die Belegschaft weiter zu reduzieren.

Der Automobilzulieferer Bosch kündigt Pläne an, an zwei Standorten in Deutschland bis zu 1.500 Arbeitsplätze zu streichen. Das Unternehmen bezeichnet die Kürzungen als Anpassung an die „sich verändernden Technologien“ im Automobilsektor, gemeint ist die Produktion von Elektrofahrzeugen. Das Unternehmen erklärte, es sei in Gesprächen mit dem Betriebsrat über „freiwillige“ Entlassungen.

Ein weiterer deutscher Autoteilehersteller, Continental, kündigte an, im Rahmen eines Umstrukturierungsplans, der ab 2025 Einsparungen in Höhe von 428 Millionen Dollar pro Jahr bringen soll, „Tausende“ von Arbeitsplätzen zu streichen. Die Kürzungen werden in der Automobilsparte des Unternehmens stattfinden, die Software, Sicherheitsfunktionen und autonome Fahrtechnologie herstellt. Laut CNN wird sich der Stellenabbau „im mittleren vierstelligen Bereich“ bewegen. Berichten zufolge hat der Betriebsrat das Unternehmen „gedrängt“, Entlassungen durch Teilzeitarbeit, Umschulungen und Versetzungen zu vermeiden.

Unterdessen haben sich der deutsche Automobilhersteller Volkswagen und die IG Metall auf ein drastisches Kostensenkungsprogramm geeinigt, das einen Stellenabbau vorsieht, der zwar noch nicht konkretisiert ist, aber mehr als 10.000 Beschäftigte betreffen könnte. Ein Großteil des Abbaus wird von der verbleibenden Belegschaft durch Produktionsverdichtung und Lohnverzicht getragen.

Die Stellenstreichungen in der Automobilindustrie sind Teil des weltweiten Stellenabbaus auch in anderen Branchen, so auch bei BlackRock, dem weltgrößten Kapitalverwaltungsunternehmen, das etwa 3 Prozent seiner weltweiten Belegschaft, d. h. 600 Stellen, freisetzt. Newell Brands, der Hersteller von Rubbermaid und Sharpie, streicht nach eigenen Angaben etwa sieben Prozent seines Büropersonals. Darüber hinaus entlässt UPS Mitarbeiter in Kentucky und Oregon.

Laut einer Umfrage von ResumeBuilder.com halten 38 Prozent der Unternehmensleitungen Entlassungen im Jahr 2024 für wahrscheinlich, wobei 22 Prozent dieser Manager mit Entlassungen von 30 Prozent oder mehr ihrer Belegschaft rechnen. 69 Prozent der Führungskräfte wollen Kosten einsparen, 51 Prozent rechnen mit einer Rezession, 42 Prozent wollen ihre Gewinne steigern, und 39 Prozent nennen den Ersatz von Arbeitskräften durch KI als Grund für mögliche Entlassungen.

Der eskalierende Angriff auf die Arbeitsplätze unterstreicht die Notwendigkeit für die Arbeiterklasse, neue, demokratische Interessensvertretungen und Kampforganisationen zu entwickeln, die unabhängig sind von den konzernfreundlichen Gewerkschaftsapparaten. Der weltweite Charakter dieses Angriffs macht es erforderlich, dass die Arbeiter ihre Kämpfe gegen die transnationalen Konzerne international vereinigen, indem sie die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees aufbauen.

Wenn technologische Fortschritte wie Elektroautos und künstliche Intelligenz zum Nutzen der Gesellschaft und nicht zur Vernichtung von Arbeitsplätzen und Lebensstandards der Arbeiter eingesetzt werden sollen, müssen die transnationalen Konzerne in öffentlich verantwortete Betriebe umgewandelt werden, die sich in demokratischem Besitz der Arbeiterklasse befinden und von dieser kontrolliert werden, als Teil einer sozialistischen Umgestaltung der Weltwirtschaft.

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